Eine ansprechende Optik allein ist Nachwuchsdesignern nicht genug. Ihre Entwürfe fokussieren auf Trendthemen wie Urbanisierung, Überkonsum und Ressourcenverschwendung.
Der 2003 ins Leben gerufene Pure Talents Contest der Internationalen Möbelmesse in Köln zählt zu den weltweit renommiertesten Bewerben für junge Produktgestalter. Insgesamt 926 Arbeiten wurden für den diesjährigen Award eingereicht, 26 von der international besetzten Expertenjury ausgewählt und im Rahmen der Messe Anfang des Jahres vorgestellt.
„Ich denke, das Resultat ist eine gute Kombination aus sehr schönen, für den Verkauf verwertbaren Objekten und Entwürfen, die zum Nachdenken anregen“, kommentiert Suvi Saloniemi, Chefkuratorin des Design Museums Helsinkidie, die Auswahl.
And the winner is …
Den ersten Preis erhielt Ilja Huber für die Leuchte Baschnja, die 2018 im Rahmen seiner Master-Abschlussarbeit an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg entstanden ist. Baschnja besteht aus drei LED-Leuchtkörpern, die durch drehbare Schirme sowohl direktes als auch indirektes Licht spenden und getrennt voneinander frei im Raum positioniert werden können, um unterschiedlichste Lichtstimmungen zu erzeugen.
Platz 2 ging an Christian Cowper, Mitbegründer von Phat Design, für das Bank-Trio „Bench Gang“, das mit klaren, kantigen Formen, naturbelassenem Kiefernholz und kleinen farbigen Akzenten ein wenig an robuste Kindermöbel erinnert. „Die Möbelstücke haben eine freundlichen Ausstrahlung und sollen zu sozialer Interaktion anregen“, erklärt der Designer.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch Julian Marticke, Student der Köln International School of Desig und dritter Preisträger, mit dem „Zoo für Zuhause“. Die geometrischen Bausteine mit integrierten Magneten, die sich zu verschiedenen Tieren und Fabelwesen zusammenbauen lassen, eignen sich als Spielzeug für die ganze Familie, zur Ablenkung im Büro oder als Dekorationsobjekte.
Sieger in der Kategorie Küche, die heuer erstmals ein eigenständiges Wettbewerbssegment war, ist Maxime Augay. Sein tragbarer Dunstabzug The Portable Kitchen Hood Kochdämpfe direkt über Pfanne oder Topf auf und reinigt sie durch zwei herausnehmbare und abwaschbare Filter. Der Jury gefiel neben der intuitiven Funktionalität vor allem die geringe Größe im Hinblick auf den knapper werdenden Wohnraum in urbanen Ballungsgebieten.
Drei weitere Jungdesigner wurden mit Special Mentions ausgezeichnet. Darunter Michael Varga, dessen Projekt „The Conscious Unconsciousness“ sich kritisch mit Überkonsum und Ressourcenverschwendung auseinandersetzt und den Nutzer zu einem bewussteren Verhalten animieren soll. So wirft der Kleiderbügel als Hinweis auf den nachtsamen Umgang mit Fast Fashion nach einer gewissen Zeit die Kleidung auf den Boden, der Lichtschalter „High Five“ fordert dazu auf, das Licht abzudrehen, wenn man den Raum verlässt und als Statement gegen Wasserverschwendung ist die Waschtischarmatur mit einer kleinen Pumpe versehen, über die der Nutzer die Flüssigkeitsmenge vor dem Aufdrehen portioniert.
Neue und alte Materialien
Generell zeigen die Einreichungen, dass sich die junge Designer-Generation intensiv mit Nachhaltigkeit und Ökologie beschäftigt. So etwa Alice Guidi, die für ihre schalldämmenden Fliesen „Paper Tiles“ ein neuartiges Material aus Keramik und Altpapier entwickelt hat. Riku Toivonen verwendete für seinen Esstisch „Leppänen“ verwittertes Birkenholz. „Normalerweise wird dieses Material für die Möbelherstellung nicht in Betracht gezogen, was mir aber wie eine enorme Verschwendung vorkam, zumal mich seine einzigartige Optik faszinierte“, erklärt der Designer.
Bastian Thürnich hat mit „Salt“ eine formschöne Leuchte entworfen, die ihren Strom aus einer umweltfreundlichen Salzwasserbatterie generiert. Die Technik ersetzt auch den herkömmlichen Schalter. Steht die Lampe auf dem Kopf, ist sie ausgeschaltet, wird sie umgedreht, fließt das Wasser, schließt den Stromkreis und schaltet das Licht an.
Schicker Luftreiniger
Dass Luftreiniger keine schmucklosen Boxen sein müssen, beweist Joca van der Horst mit „Onda“. Die neuartige Nanobeschichtung aus Titandioxid und Kupfer, die auf dem textilen Gewebe aufgebracht ist, nutzt Tageslicht, um Staub- und Geruchspartikel aus der Luft zu filtern.
„Junges Design hat heute eine Wertigkeit, der man anmerkt, dass es eben nicht darum geht, etwas zu entwerfen, das super neu und besonders ist, sondern einfach nur gut gemacht und gut im Gebrauch. Damit es lange hält. Der Trend geht weg vom Verbrauch zum Gebrauch. Und das, was verbraucht wird, sollte aus ökologischen oder wiederverwertbaren Materialien hergestellt sein“, unterstreicht Wilfried Lembert, Jury-Mitglied und Geschäftsführer der Minimum Einrichten GmbH in Berlin.
Text: Britta Biron