Ich bin dann mal weg!
Das Architekturbüro cepezed hat im niederländischen Delft das „Building D(emountable)“ errichtet. Der besondere Clou an diesem Gebäude: es ist rückstandsfrei abbaubar!
Ein hochmodernes Gebäude in einen historischen Stadtteil hineinzubauen, birgt immer ein gewisses Risiko. Wie lassen sich Alt und Modern miteinander versöhnen? Nicht ohne Grund spiegelt sich etwa der Wiener Stephansdom in der Glasfassade des vom Architekten Hans Hollein entworfenen Haas-Hauses. Der 1990 fertiggestellte Neubau war einer der umstrittensten der Zweiten Republik und ist schließlich dennoch eines der populärsten Projekte geworden.
Rückbaubares Büro
Offenbar wollten die Architekten des niederländischen Büros cepezed auf Nummer sicher gehen. So haben sie in der niederländischen Stadt Delft das Building D(emountable) regelrecht hingestellt. Der besondere Clou an dem inmitten eines historischen Gebäudekomplexes situierte Büros: es ist rückstandsfrei rückbaubar!
Kreislauf-Wirtschaft
cepezed ist bekannt für modulares Design und rückbaufähige Bauweise. Ihnen liegt die „zirkuläre Immobilien-Wirtschaft” (Kreislauf-Immobilien-Wirtschaft) besonders am Herzen. Sie verstehen darunter, dass bei der Errichtung und Nutzung von Gebäuden:
- die Verschwendung von Ressourcen verhindert
- der Ressourcenverbrauch vermindert
- für ein altes Gebäude neue Verwendung gefunden
- ein Immobilien-Produkt kontinuierlich verbessert wird
- und Gebäude ordentlich gewartet, saniert und repariert werden.
Immer mehr Bürogebäude weltweit werden nach Nachhaltigkeitskriterien errichtet. Aber die Niederlande sind hier eindeutig führend.
Kreativ-Cluster
Ursprünglich befanden sich am Standort Nieuwelaan 72 in Delft die ehemaligen Labors der Technischen Universität. cepezed hat den Komplex 2012 erworben. Und verwandelte das Areal in einen Kreativ-Cluster, ein Co-Working Space für verschiedenste Unternehmen aus der Kreativbranche. Auch ihr eigenes Büro ist jetzt dort untergebracht. Das einzige nicht historische Gebäude auf dem Gelände befand sich in einem miserablen Zustand. Dort steht nun das rückbaubare Gebäude Building D(emountable).
Das Building D(emountable) ist eine Eigenkreation von depezed. Es ist für wissensbasierte Kreativunternehmen gedacht und bietet nun Arbeitsraum für den App- und Website-Entwickler 9to5-Software sowie den Spieleentwickler Triumph Studios.
Die Niederlande haben sich zum Ziel gesetzt, alle Bautätigkeiten bis 2050 vollständig nachhaltig zu gestalten. cepezed-Chef Menno Rubbens ist Teil des nationalen Experten-Komitees zur Erreichung dieser Ziele. Insofern ist Building D(emountable) sozusagen ein Selbstversuch und Prototyp für spätere, weitere Projekte in ähnlicher Bauweise.
Leicht, flexibel, ressourcenschonend
Building D(emountable) misst 11 mal 21,5 Meter, die vermietbare Grundfläche beträgt auf jedem der vier Stockwerke circa 200 Quadratmeter. „Die Struktur ist nicht nur zerlegbar und wieder montierbar, sondern auch superleicht”, heißt es bei cepezed. Der Materialeinsatz sei auf ein absolutes Minimum beschränkt. Das Gebäudeinnere kann komplett flexibel gestaltet werden. Das Erdgeschoss besteht aus Gussbeton, alle übrigen Bauteile sind modular und in Trockenbauweise montiert.
Standort: Nieuwelaan 72, Delft, NL
Auftraggeber: Jan Pesman
Projektentwicklung: cepezedprojects
Architekt: Architectenbureau cepezed
Innenarchitektur: cepezedinterieur
Tragwerksplanung: IMd Consultative Engineers
Baukoordination: cepezedbouwteam
Fläche: 968 m²
Optimierter Baukasten
Building D(emountable) wurde nach einem nach rein rationalen Gesichtspunkten optimierten Baukastensystem mit einer vorgefertigten und schlanken Trägerstruktur aus Stahl errichtet. Die Böden und das Dach bestehen aus leichten LVL-Elementen (Laminated Veneer Lumber), die Installationen sind in sie integriert. Die Rippen der LVL-Elemente bleiben sichtbar und sind Teil der Ästhetik des Gebäudes.
Der Bio-Estrich besteht aus kiesartigem Granulat in einer Wabenstruktur aus Pappe mit darüber gelegten Gipsfaserplatten. Der gesamte Estrich ist trocken und leicht wieder abnehmbar. Der PVC-Veredelungsboden besteht aus teilweise recyceltem PVC.
Weiters hat das Gebäude keine Fensterrahmen: Das zweischichtige Isolierglas wird direkt auf der Stahlkonstruktion, die mit geschweißten Schraubenprofilen versehen ist, montiert. Die Fassade ist weitgehend transparent, was zu Durchlässigkeit zwischen Innen- und Außenwelt führt. Frischluft kommt durch vertikale Lamellen hinein.
Das gesamte Gebäude ist weitgehend brandbeständig, für feuerfeste Maßnahmen wurde wenig Material benötigt, lediglich das Treppenhaus verfügt über eine feuerfeste Trennwand. Die Klimaanlagen sind in die Decke integriert, über sie funktioniert auch die Heizung mittels Wärmetauscher. Rollläden bieten Sonnen- und Lichtschutz.
Der Bau brauchte nur etwas mehr als ein halbes Jahr. Die internen kurzen Wege hätten die Koordination erleichtert und für einen hohen qualitativen Standard gesorgt, heißt es weiter, zumal cepezed unter einem Unternehmensdach Developement, Interior und Bauleitung vereine.
Ähnliche Projekte hat cepezed bereits realisiert, etwa das „Temporäre Gerichtsgebäude in Amsterdam” und das Restaurant „The Green House” in Utrecht. Damit wurde das Architekturbüro mit dem Amsterdamer Architekturpreis und dem nationalen Preis für Sustainable Buildings bedacht.
Text: Linda Benkö
Fotos, Plan: Lucas van der Wee, Architekturbüro cepezed