Das Hotelzimmer der Zukunft
Wie werden wir im Jahr 2034 nächtigen? Was wird ein Hotelzimmer in 15 Jahren alles zu bieten haben? Diesen Fragen gingen Experten auf Anregung des Hotellerie-Dienstleisters Guestline nach. Fix ist jedenfalls schon jetzt: Künstliche Intelligenz und Sprachsteuerung werden eine zentrale Rolle spielen.
Wie wird das Hotelzimmer der Zukunft aussehen? Wie werden sich Aufenthalt und Nächtigung darin für uns anfühlen? Was werden wir darin erleben? Damit beschäftigen sich Hoteldeveloper, Tourismus-Fachleute, Interior-Designer, Hotelausstatter und -berater gleichermaßen – um die Kundenbedürfnisse von morgen gut abdecken zu können.
Einen Vorgeschmack zeigt der Dienstleister Guestline. Das Unternehmen bietet Lösungen rund um die Cloud, mit der Hoteliers ihre Buchungen tätigen, Abläufe optimieren und somit Zeit sparen können. Guestline hat hochqualifizierte Experten aus den Bereichen Technologie & Künstliche Intelligenz (KI) sowie Hotel- und Gastronomie-Innenarchitektur um ihre Meinung gebeten.
Die Vorhersagen der Experten zeigen, was sich der Gast in 15 Jahren von einem Hotel erwarten kann: Fernseher, die die Lieblingsfilme kennen, Duschen, die sich der Körpertemperatur anpassen, Glastrennwände, die von transparent zu opak wechseln, sind nur einige der Features des Hotelzimmers der Zukunft. Basierend auf den Prognosen hat Guestline ein interaktives, virtuelles Hotelzimmer errichtet.
Immer weniger menschliche Interaktion
Bezeichnend: Nach einer aktuellen Studie des amerikanischen Marktforschungsunternehmens Gartner Inc. dürften bereits nächstes Jahr 85 Prozent der Kundenbeziehungen von Unternehmen ohne menschliche Interaktion ablaufen. Hotels suchen daher nach Wegen, um für ihre Gäste ein individuelleres und bequemes Angebot zu schnüren.
Im Rahmen des von Guestline beauftragten Projekts erzählen die Experten, dass besonders Künstliche Intelligenz (KI) und Sprachsteuerung das Erlebnis des Gastes im Hotelzimmer der Zukunft beeinflussen werden. Die von Guestline befragten sechs Experten sind: Olivia Byrne, Direktorin des Ecclestone Square Hotels, Duncan Anderson von Humanise.AI, Ralph Fernando von Pragma, Gavin Bailey von CitySuites, Jo Littlefair von Goddard Littlefair und Sara Canatário von Guestline selbst.
Alles wird synchronisiert
Olivia Byrne, Direktorin des Ecclestone Square Hotels: „Ab Betreten eines Hotelzimmers wird unseren Präferenzen Rechnung getragen – oder vielleicht sogar schon vorher beim Online-Check-in. Dinge wie die Zimmertemperatur des Hotels, Wasserthermostate und Beleuchtung können mit unseren Vorlieben synchronisiert werden”. Auch unsere Telefone würden sofort mit der Technologie im Hotelzimmer der Zukunft synchronisiert, um unterbrechungsfreie und komfortable Videoanrufe, Fernsehen und Streaming zu ermöglichen.
Gäste können mithilfe von „Speise-Apps”, die das Hotel zur Verfügung stellt, einfach genau das bestellen, was sie möchten und wann sie es möchten, so Byrne. Ecclestone Square ist ein Boutique-Hotel mit Blick auf Londons Belgravia, nahe beim Hyde Park. Dank des luxuriösen Ambientes und der technologischen Ausstattung werde das Hotel gern als Veranstaltungsort genutzt und erhalte regelmäßig Auszeichnungen.
Entscheidung anhand von VR
Im Vorfeld, beim Entscheidungsprozess für eine Unterkunft, werde VR-Filmmaterial (Anm.: Virtual Reality) verfügbar sein, so Byrne. Der Gast könne sich alles in Ruhe – inklusive Gästebeurteilungen – ansehen. Ein Detailprofil derjenigen, die Bewertungen abgeben, helfe dabei, irreführende oder Fake-Bewertungen zu verhindern. Potenzielle Gäste können anhand des „sozialen Fußabdrucks“ des Rezensenten erkennen, wie aussagekräftig das Feedback für sie ist.
Duncan Anderson, Mitbegründer und CEO von Humanise.AI: „KI-basiert werden sich künftig die ,intelligenten Jalousien‘ öffnen und schließen; die KI wird wissen, wann man normalerweise aufwacht und schlafen geht. Sprachgesteuert kann man Essen bestellen oder den Spa-Besuch buchen”. Alles werde kabellos, dafür aber Wi-Fi-fähig und angeschlossen sein. Innerhalb von 15 Jahren sollte alles papierlos und auf einem iPad bestellbar sein. Telefonate mit dem Concierge an der Rezeption erübrigen sich. „Digitale Assistenten mit ,eigener Identität‘ verhelfen dem Gast während seines gesamten Aufenthalts zu einem ansprechenden Erlebnis.“
Detaillierte Gästeprofile
Und Ralph Fernando, Senior Managing Director bei Pragma, einer Beratungsgesellschaft für das Hotel- und Gastgewerbe, meint: „Die Analyse von Social-Media-Profilen ermöglicht es Hotels, vor dem Aufenthalt ein umfassenderes Kundenprofil zu erstellen und während des gesamten Aufenthalts ein maßgeschneidertes Erlebnis zu bieten.” Fernando geht davon aus, dass der Check-in künftig automatisch über Gesichtserkennung läuft, Touristeninformationsbildschirme erstellen maßgeschneiderte Reiserouten, basierend auf den Kundendaten.
Weitere Features: Schlummerlicht aktiviert sich mittels Bewegungssensoren sobald man nachts aufstehen muss, Beleuchtungsstärke bis hin zu Sonnenaufgangslicht; Raumtemperatur und Musiklautstärke können über in die Wand eingebaute digitale Pads gesteuert werden, beruhigende Aromen und Geräusche sollen für erholsameren Schlaf sorgen. Über integrierte Bezahloptionen bleiben die Ausgaben überschaubar, unliebsame Überraschungen beim Check-out gehörten so der Vergangenheit an.
Glaswände werden zur individuellen Raumdeko
„Glaswände sind das nächste große Ding”, so Fernando. Sichtschutzglas wird per App und Befehl auf dem Tablet transparent oder opak gemacht beziehungsweise über Sprachsteuerung aktiviert werden.” Die wandlangen Glaswände können zudem zu individuellen Raumdekoration in Farbe und Stil angepasst, Videos von Strandwellen oder vom Sonnenaufgang auf Bali darauf abgespielt werden.
„Die Sprachtechnologie ist eine der Schlüsseltechnologien, mit der sich die Kundenbindung verbessern lässt”, meint Gavin Bailey, Operations Director bei CitySuites. Sprachgesteuerte Drehkreuze können die Hotelzimmer der Zukunft in interaktive Räume gliedern. CitySuites ist das einzige Apart-Hotel in Manchester und biete neben luxuriösen, hochmodernen Zimmern einen 18 m langen In-Door-Pool, einen Whirlpool sowie ein hochmodernes Fitnessstudio.
Eine Art von Maximalismus hat den Minimalismus verdrängt. Der Geist des Minimalismus ist nur noch in dem Sinne vertreten, dass jedes Objekt einzigartig sein und etwa eine handgefertigte Kante aufweisen soll.
Jo Littlefair, Goddard Littlefair
Farben regeln sich je nach Tageszeit selbst
Jo Littlefair, Chef und Mitbegründer des Interior Design-Studios Goddard Littlefair, glaubt, dass „zappen und ein sperriger Flachbildfernseher mit Fernbedienung der Vergangenheit angehören werden – sei es, weil die Leute Programme auf ihre eigenen Tablets streamen oder weil Fernseher als andere Dinge ,verkleidet‘ werden, etwa als Gemälde”.
Schlanke, platzsparende Glasfernseher fügen sich übergangslos in den Raum. Panasonic experimentiere bereits mit Glasfernsehern, Stecker und Buchsen werden wohl komplett veraltet sein. Die Technologie werde nicht nur immer versteckter, sondern auch intuitiver. Dinge wie das Beleuchtungsniveau und sogar die Farbe regeln sich je nach Tageszeit von selbst.
Die intelligente Dusche
Sara Canatário, Produktmarketing-Expertin bei Guestline: „Da KI in Zukunft eine große Rolle spielen wird, müssen die Hotelzimmer selbst nicht mehr so viele Annehmlichkeiten bieten”. Per Sprachbefehl werden (fast alle) Wünsche erfüllt. Chinas Alibaba-Hotelgruppe habe gezeigt, wie KI-Roboter bald eingesetzt werden können, um Gäste zu begrüßen und den Zimmerservice bereitzustellen. Dies sei zwar noch nicht die „Norm”, „aber es ebnet den Weg für andere technologische Annehmlichkeiten”.
Ob man eine erfrischende kalte Dusche zum Aufwachen benötigt, oder es eher zur Entspannung dampfend heiß mag … die smarte Duschtechnologie wird bald die Norm sein. Die für den Körper optimale Duschtemperatur lässt sich mit nur einer Fingerbewegung ermitteln. „Mit Berührung oder Touch ID können wir Dinge steuern, mithilfe von Biometrie Zahlungen tätigen, Räume öffnen, das Auto starten etc.“
Personalisierter Kaffee
Wie wäre eine Kaffeemaschine, die einen in- und auswendig kennt und in der Lage ist, die perfekte Tasse zuzubereiten? Die tägliche Koffeinzufuhr wird so zu einem viel persönlicheren Erlebnis. „Kaffeemaschinen sind die Norm in gehobenen Hotels, künftig werden sie durch Handabdruckerkennung und Profilerfassung personalisiert sein”, so die Experten.
Text: Linda Benkö
Fotos: zhudifeng, iStock/Getty Images Plus; Enes Evren, iStock/Getty Images Plus; Dony, iStock/Getty Images Plus; KatarzynaBialasiewicz, iStock/Getty Images Plus; Halfpoint, iStock/Getty Images Plus