Baroque-Chic im runderneuerten Hotel Weisses Kreuz
Konventionen brechen. Spaß haben. Hotellerie neu überdenken. Das wollten Thomas Hudovernik und Brigitte Steixner, Betreiber des Hotels Weisses Kreuz in Innsbruck. Und ließen das altehrwürdige Haus vom Architekturbüro noa* ganz schön ummodeln.
Es ist älter als ein halbes Jahrtausend: Das Haus in der Innsbrucker Altstadt, in dem das Hotel Weisses Kreuz nun zu neuem Leben erwacht ist. Eingehaucht haben ihm dieses die Architekten des renommierten Büros noa*.
Es wurde so viel vom Altbestand wie möglich in das neue Design integriert – und doch sind die 48 „Kammern” alles andere als altbacken. Obwohl das Gebäude nachgewiesenermaßen aus dem Jahr 1465 datiert. Brigitte Steixner und ihr Mann Thomas Hudovernik jedenfalls wollten für das Traditionshotel, dessen Betrieb sie vor vier Jahren übernommen haben, eine gründliche Runderneuerung.
Und die haben sie bekommen. Die alten Gemäuer mit aufgepepptem, neuen „Inhalt” versprechen der urbane In-Rückzugsort in Innsbruck zu werden.
„Forschen gegen die architektonische Langeweile”
Das Architekturbüro noa* zeichnet neben der Entwurfsplanung auch für das Interior Design verantwortlich. noa* – network of architecture ist ein internationales Netzwerk aus jungen Kreativen. 2011 von Lukas Rungger und Stefan Rier gegründet, hat das preisgekröntes Architektur- und Designstudio mit Sitz in Bozen (Italien) und Berlin (Deutschland) das „intensive Forschen gegen die architektonische Langeweile” zum Dogma erhoben. Das Weisse Kreuz ist nicht das erste und einzige Revitalisierungs-Projekt von noa* in Tirol, auch das geschichtsträchtige Hotel Mohr Life Resort nahe der Zugspitze wurde spektakulär neu gestaltet.
Doch zurück zum Altstadthotel Weisses Kreuz mitten in der Fußgängerzone Innsbrucks: Vor eineinhalb Jahren ging man ans Werk. Die Eckpunkte des revitalisierten Traditionshotels unweit des Goldenen Dach’ls: Sowohl Rezeption als auch die Bar befinden sich nun im 6. Stock. Die Zimmer sind auf die Stockwerke 1 bis 5 aufgeteilt.
Hotel Weisses Kreuz jetzt mit „Blauer Brigitte”
Die „Blaue Brigitte“, die öffentlich zugängliche Bar-Lounge, ist hoch oben gleich neben dem Frühstücks-Raum angesiedelt. Die Erhaltung der jahrhundertealten Geschichte des Hauses lagen Steixner und Hudovernik, der auch Obmann des Innsbrucker Innenstadtvereins ist, am Herzen. So sind das Stiegenhaus, die Holzdecken und diverse Möbel erhalten und verbinden die Zeugnisse früherer Zeiten mit dem neuen, modernen Grundkonzept.
Denkmalschutz gepaart mit innovativer Transformation
Im Reiz des Umbaus eines derart altehrwürdigen Hauses liegt auch gleichzeitig die Herausforderung: Denkmalschutz und innovative Transformation – eine Zeitreise über die Jahrhunderte bis ins Heute.
Rein äußerlich reiht sich das schmale, nach hinten lang gestreckte Gebäude mit dem vorgelagerten Arkadengang in das historische Gefüge der Herzog-Friedrich-Straße ein. Überliefert ist, dass Wolfgang Amadeus Mozart hier als 13-Jähriger übernachtet hat.
Den ursprünglich sechs Geschossen wurde nun im Zuge der Neugestaltung ein Dachgeschoss hinzugefügt. Es fügt sich nahtlos in Nachbarschaft und Stadtbild ein, indem es zur Straße hin die ursprüngliche Neigung beibehält, nach hinten hin jedoch auf Raumhöhe ansteigt. Die dort anschließenden Glaskuben geben den Blick frei nicht nur auf die Dächer Innsbrucks, sondern weit darüber hinaus.
Der erste Eindruck beim Ankommen im 6. Stock: die 13 Meter lange Tafel aus Messing mit ihren barocken Bein-Verzierungen im lang gezogenen Raum. Sie erfüllt mehrere Funktionen: Empfang, Frühstücksbuffet, Bar, Treffpunkt für den Abend. Sie wird noch zusätzlich durch den Boden aus geräucherter Eiche betont. Das Messing kontrastiert mit dem royalen Blau des Raumes. Von daher rührt auch der Name „Zur blauen Brigitte“ – Wink mit dem Zaunpfahl: nach der Bauherrin gewählt.
Abwechslung für’s Auge
Die diversen Sitzbereiche bieten dem Auge Abwechslung: Außergewöhnliche Sessel und Leuchten, Farbakzente in Hellrosa und Ockergelb passen vorzüglich zum dominanten Messing-Ton. Alles ist farblich aufeinander abgestimmt, auch die technischen Details.
Keines der 48 Zimmer gleicht dem anderen. Gotische Decken, Rundbögen, Holztäfelungen, Freski, … die Geschichte des Hauses ist trotz Erneuerungskur allenortens spürbar.
Gekonnte Licht-Lösung
Eine besondere Herausforderung war der fensterlose Mittelteil des Gebäudes. Die dort gelegenen Zimmer bekommen trotzdem natürliches Licht: Über den internen Lichthof zwischen dem ersten und sechsten Obergeschoss. Sie verfügen sogar über eine kleine private, begrünte Terrasse.
Eine Art Farbcode für die Zimmer
Jedes der Zimmer ist in eine bestimmte Farbwelt getaucht, in der die barocken Elemente gekonnt in Szene gesetzt sind. Die Choreographie folgt sogar einer Art Farbleitsystem: Die roten nehmen sich im Vergleich mit den hellblauen Zimmern großzügiger aus. Die dunkelblauen verfügen über einen Balkon, die grünen wiederum über eine Terrasse, während die grauen als Twin-Zimmer eingerichtet sind.
Die Stil-Elemente sind nicht durchwegs alt, teils sind sie gewollt barockisiert, etwa wenn für ein Bein eines Waschtisches oder einer Kommode Anleihen aus dem Barock genommen wurden.
Verspieltes Haus mit vielen Überraschungen
Jede Etage scheint mit einer Art Highlight aufzuwarten: So ist es im 1. Stock das Zimmer „Superpatio“ – eine grüne Dschungeloase. Im zweiten Obergeschoss kann man in der „Mozart-Suite“ nächtigen, mit einem Billardtisch als Zeitvertreib. In der 3. Etage schließlich findet sich die „strenge” Besenkammer – das kleinste Zimmer des Hotels. Mit unverputzten Wänden, aber mit (signiertem) Tennisschläger an der Wand. Das vierte Obergeschoss bietet das „Golden Roof“-Zimmer, in Gold getaucht. Vom Erker aus kann man dort – erraten – das Goldene Dachl erspähen.
Text: Linda Benkö
Fotos: Alex Filz