Olympia Paris 2024, Aquatics Center
#architektur

Abkühlung in hölzerner Architektur

Holz ist beständig, belastbar, ein natürlicher Baustoff. Dennoch gab es in der Vergangenheit regelmäßig Bedenken, Holz beim Schwimmbadbau einzusetzen. Dass dies jeglicher Grundlage entbehrt, zeigen beeindruckende Projekte auf der ganzen Welt: Abkühlung in hölzerner Architektur liegt voll im Trend!

Rund 70 Prozent der Erde sind mit Wasser bedeckt. Kein Wunder also, dass der Mensch zu diesem Element eine ganz besondere Beziehung hat. Schließlich waren unsere Ururopas vor ein paar Hundert Millionen Jahren noch Wasserbewohner – und ebendort zieht es uns nach wie vor hin. Ans Meer, an Seen, an Flüsse. Und in öffentliche Bäder.

In den immer heißer werdenden Hitzesommern sind Freibäder überall auf der Welt gefragt, doch auch in kühleren Jahreszeiten freuen sich nicht nur junge Menschen über die Möglichkeit, in Hallenbädern zu schwimmen, zu entspannen und so etwas wie Urlaubsfeeling an trüben Tagen aufkommen zu lassen. Mitverantwortlich für den Wohlfühlfaktor: Das Ambiente des jeweiligen Bades. Zahlreiche architektonische Beispiele auf der ganzen Welt beweisen, dass öffentliche Bäder keine verstaubten, vergilbten Relikte aus vergangenen Zeiten darstellen müssen. Im Gegenteil.

Ein immer beliebteres Material dabei: Holz. Hatte man früher noch Bedenken bei seiner Verwendung in Schwimmbädern und -hallen, so sind mittlerweile in der modernen Architektur alle Zweifel ausgeräumt. Holz ist als widerstandsfähiger, robuster und natürlicher Werkstoff die ideale Wahl. Und dass auch die Optik mit Holz beim Schwimmbadbau stimmt, beweisen die nachfolgenden Projekte.

Aquatics Centre Paris 2024

Es ist wohl eines der spektakulärsten öffentlichen Bäder der Welt. Allerdings muss die Bevölkerung noch ein wenig warten: Erst ab Juli 2025 wird sie das Aquatics Centre in Saint-Denis, nördlich von Paris, nutzen können. Denn dort entwarf VenhoevenCS mit dem Wassersportzentrum das einzige Wettkampf-Gebäude, das für die olympischen Spiele in der französischen Hauptstadt neu errichtet wurde.

Die Struktur des Aquactics Centre besteht hauptsächlich aus Holz, Herzstück des Designs ist das Holzdach – mit minimaler Bauhöhe, die dafür sorgt, dass das zu klimatisierende Volumen im Inneren möglichst gering bleibt. „Durch die Verwendung von Holz verdoppelt unser Entwurf den erforderlichen Mindestanteil an natürlichen Baumaterialien“, erklärt dazu das Architekturbüro aus Amsterdam. „Die Natur war generell die Hauptinspiration für das Designkonzept. Der sehr kompakte Entwurf schafft Platz für hundert Bäume, die gepflanzt werden sollen, um die Lebensqualität zu verbessern“.

Die Arena beherbergt ein modulares, multifunktionales Schwimmbecken; Tribünen an drei Seiten des Beckens bieten Platz für 5.000 Zuschauer.

In Darmstadt entstand ein Hallenneubau, in dem Holz eine tragende Rolle spielt.

Der Stahlbetonkern unterstützt die Aussteifung der Holzarchitektur.

Nordbad Darmstadt

Etwas weniger pompös, aber nicht minder beeindruckend geht es mit Holz beim Schwimmbadbau in Darmstadt zu. Sacker Architekten aus Freiburg erhielten nach einem Wettbewerb den Auftrag, das alte Nordbad neu zu gestalten. Neben dem bestehenden Freibad entstand ein Hallenneubau, in dem Holz im wahrsten Sinne eine tragende Rolle zukommt. „Wenn wir Hallenbäder planen, gehört Holz inzwischen immer dazu“, so das Büro. Mit individuell konfigurierbaren Brettsperrholz-Dachbauteilen konnte man mit schlanken Querschnitten die großen Spannweiten über Schwimmbecken überbrücken. Der Gebäudekern aus Stahlbeton unterstützt dabei die Aussteifung der Holzarchitektur für die Dachlandschaft.

Maximilian Matscheko von Sacker Architekten: „Alle Bauteile auf Badeebene sind massiv mit Sichtbetonoberflächen gestaltet. Darüber – und somit geschützt vom Spritzwasser – kommt konsequent Holz zum Einsatz.“ Die raumseitigen Oberflächen der statisch tragenden Massivholzbauteile wurden mit einer Echtholz-Untersicht in Weißtanne ausgestattet. Die Kombination aus Holz und dunkel-eloxiertem Metall füge den Baukörper harmonisch in den Landschaftsraum Bürgerpark ein, so das Büro.

West Vancouver Aquatic Center
Gebogene Balken und Pfetten aus Brettschichtholz werden von gewaltigen, V-förmigen Säulen getragen.

West Vancouver Aquatic and Community Centre

Entworfen von hcma mit Sitz im kanadischen Vancouver vereint der Komplex auf insgesamt 8.000 Quadratmetern neben dem Schwimmbad und anderen Freizeit- und Kultureinrichtungen auch ein kommunales Gesundheitszentrum. Auch im Aquatic Center entschied sich das Architekturstudio für Holz, um sein Design umzusetzen: Gebogene Balken und Pfetten aus Brettschichtholz werden von gewaltigen, V-förmigen Säulen getragen. Die gläserne Vorhangassade wird von einem, ebenfalls aus Brettschichtholz errichteten, Rahmen gestützt. „Die Oberfläche der verschiedenen Holzelemente ist pflegeleicht“, so hcma. „Sie eignet sich perfekt für feuchte Umgebung.“

Fremen's School Swimming Pool
Freemen’s School Swimming Pool in der englischen Ashtead, Grafschaft Surrey.

Freemen’s School Swimming Pool

2014 wurde das Schwimmbad der Freemen’s School in Ashtead südlich von London von einem Brand zerstört. Zehn Jahre später ist das neue Pool-Gebäude als nachhaltiger Holzbau wieder schwimmbereit. Die Vollholzkonstruktion wurde von Hawkins\Brown Architects mit Hauptsitz in London entworfen und mittels Offsite-Bauweise. „Sie bringt zahlreiche Vorteile mit sich“, so das Studio. „Sie ist belastbar, wärmeisolierend und korrosionsbeständig.“ Durch die ausdrucksstarke Dachgeometrie und die asymmetrischen Brettschichtholzrahmen entstehe ein optisch dynamischer Raum, ergänzt Hawkins\Brown. Auch das weiß gebeizte Holz trage dazu bei, eine ganz besondere Umgebung für das Schwimmen zu schaffen. Vor Ort dauerte der Aufbau der Rahmen sowie der Wände und des Dachs aus Brettsperrholz etwas mehr als drei Wochen – in nur einem Jahr wurde das Projekt umgesetzt.

Noorderparkbad

Das Noorderparkbad in Amsterdam wurde von De Architekten Cie. als freistehendes Gebäude auf einer Grundfläche von 5.500 Quadratmetern entworfen. Als Inspiration diente die Idee eines traditionellen Badehauses als Treffpunkt der Menschen aus der Umgebung. Es ist daher für alle etwas dabei: Offene, hohe Räume mit Oberlichtern findet man im Norrderparkbad genauso wie intime Räume, in denen die Deckenkonstruktion aus rautenförmigen Schichtholzträgern bewusst niedrig gehalten ist, um die entsprechende Atmosphäre zu schaffen. Die geringe Deckenhöhe trägt zudem zur Energieeffizienz bei – auch wurden die Schwimmbecken zentral im Gebäude platziert, um mit dem rundherum gelegenen Einrichtungen des Bades einen Wärmepuffer zu schaffen. Wenig verwunderlich also, dass das Amsterdamer Architekturbüro sein Projekt als das „nachhaltigste Schwimmbad der Niederlande“ bezeichnet.

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