Hitra Office and Commercial Building in Teheran
#architektur

In Ziegelkunst eingehüllt

Das von Hooba Design entworfene Hitra Office and Commercial Building ist ein echter Blickfang. Das Ziel, möglichst viel natürliches Tageslicht in das Gebäude zu locken, wurde auf aufsehenerregende Art und Weise gelöst.

Während der Iran in politischer Hinsicht nicht zur Ruhe kommt, gibt es im Land doch einige Konstanten. Die Architektur ist eine davon. Das Gebiet des heutigen Iran liegt im Zentrum des Alten Orients, eines der ältesten Kulturräume der Welt mit einer Jahrtausende in die Vergangenheit reichenden kontinuierlichen Geschichte.

Architektur als eine der alten Künste im Iran

Der Iran war historisch gesehen eines der ersten Zentren für Städte- und Staudammbau. In archäologischen Büchern über die Geschichte iranischer Baukunst steht geschrieben, dass sie rund sechs Jahrtausende vor Christus begann. Iranische Baumeister hatten dabei sehr oft nicht nur die Originalität des architektonischen Entwurfs sondern auch die reichen Verzierungen im Blick.

Zudem weist die islamische Republik als eines der 20 größten Länder der Erde eine große topografische und klimatische Vielfalt auf. Diese hat die Architektur in den unterschiedlichen Landesteilen beeinflusst. Und so gehört die iranische Architektur heute weiterhin zu den wichtigen architektonischen Schulen weltweit.

Hitra Office: Anknüpfen an alte Traditionen

Ganz im Sinn der alten Traditionen hat das lokale Studio Hooba Design mit Hitra Office ein originelles Büro- und Geschäftshaus in Teheran entworfen. Es galt einerseits, die herrschenden Baunormen einzuhalten und das Maximum an Möglichkeiten auszuschöpfen.

Andererseits wollte der iranische Architekt und Gründer des Architekturbüros, Hooman Balazadeh, der Gesellschaft etwas zurückgeben. Und was liegt dabei näher, als Raum zu schenken?

Das Hitra-Projekt ist ein Beispiel für Architektur, die eine dynamische Beziehung zum Stadtgebiet schafft
Das Hitra-Projekt ist ein Beispiel für Architektur, die eine dynamische Beziehung zum Stadtgebiet schafft.

Die Architekten bedauern den Verlust von Gemeinschaftsräumen in der traditionellen iranischen Architektur und versuchten, eine Win-Win-Situation zwischen allen Beteiligten herzustellen
Die Architekten wollten auch dem Verlust von Gemeinschaftsräumen in der traditionellen iranischen Architektur entgegenwirken.

Hitra Office steht an der Kreuzung zweier Hauptstraßen im Viertel Velenjak. Hier machen sich bereits die Ausläufer der Alborz-Bergkette bemerkbar, weshalb das schmale, lange Grundstück des Neubaus eine Steigung von 15 Prozent aufweist.

Das Elburs-Gebirge, wie es auch heißt, ist ein Hochgebirge im nördlichen Iran mit mehreren parallel zueinander verlaufenden Ketten. Die iranische Hauptstadt grenzt an die Südhänge des Elburs. Jedenfalls mussten die Architekten von Hooba Design auf die abschüssige Topografie Bedacht nehmen.

Bauvorschriften gut ausgenutzt

Ebenfalls zu berücksichtigen waren die strengen Bauvorschriften Teherans: So darf eine bebaute Fläche nicht mehr als sechzig Prozent der Grundstücksfläche plus einige Meter betragen. Viele Planer und Bauträger lösen diese Einschränkung so, dass die kommerziellen Bauten diese Fläche vollständig bedecken und der über bleibende Teil eine private, unbebaute, und umzäunte Fläche ist. Oder aber die unbebaute Fläche wird zum Innenhof.

Neuer öffentlicher Grünraum für die eng bebaute Stadt
Neuer öffentlicher Grünraum für die eng bebaute Stadt.

Hooman Balazadeh war es wichtig, die im Entwurf vorgesehenen Zwischenräume als öffentliche Räume zu nutzen. Anstelle eines Lichtschachts in der Mitte des Gebäudes hat die Hooba Design Group die „Lücke“ an den südlichen Rand des Gebäudes positioniert. Der „Lichtschacht“ öffnet sich damit zum neuen öffentlichen Platz hin. Diese Freifläche ist vor dem Eingangsbereich platziert – und für die breite Öffentlichkeit zugänglich.

Zweischalige, dynamische Fassade

In den unteren beiden Stockwerken des Hitra Gebäudes sind Gewerbeeinheiten untergebracht – hier besteht die Fassade komplett aus Glas. In den darüber liegenden Geschoßen sind die Büros. Sie sind in eine interessante Hülle eingepackt.

Auch bei der Fassade gab es Vorschriften zu beachten: Der erlaubte Anteil von Glas in Relation zu anderen Fassadenmaterialien liegt bei vierzig Prozent. Die Herausforderung bestand darin, auf kleinsten Raum das Maximum an Tageslichteinfall zu ermöglichen.

Hitra Office von Hooba Design entworfen

Hitra Office von Hooba Design entworfen

Als Optimierung haben sich die Experten von Hooba Design für eine zweischalige Fassade entschieden. Die innere Hülle kann somit vollständig aus Glas bestehen. Die äußere Hülle wird aus Ziegelmauerwerk mit rechteckigen Öffnungen gebildet. So wird das Verhältnis gewahrt.

Optisches Spiel mit Perforationen

Die Mauerwerkshülle orientiert sich an den traditionellen persischen Mustern, ein Spiel mit Perforationen. Anstatt jedoch nur Lücken zu lassen, setzten die Künstler von Hooba Design türkisfarbene Metallrahmen ins Mauerwerk ein. So entstehen größere Öffnungen, als es üblicherweise in der persischen Architektur der Fall ist. Die Metallrahmen sind von den roten Mauerziegeln im Stapelverband umrandet. Die freiliegenden Seiten der Ziegel wurden türkis gestrichen.

Die Fassade des Gebäudes besteht aus gestaffelten Ziegelschichten
Die Fassade des Gebäudes besteht aus gestaffelten Ziegelschichten.

Die Fassade des Gebäudes besteht aus gestaffelten Ziegelschichten Die Stürze markieren die Geschoßflächen
Die Stürze markieren die Geschoßfläche.

Um den jeweils optimalen Tageslichteinfall zu erhalten, ist die Fassade sozusagen „dynamisch“: Die äußere Hülle ist je nach Standort und Stockwerk mal näher an die innere Glashülle herangerückt, mal ist der Abstand größer. Die größeren Besprechungsräume sind aus lichttechnischen Gründen in der Nähe der Fassadenöffnungen angeordnet.

Hitra Office
Das Hitra Office wurde mit dem …

Hitra Office
… BLT Built Design Award ausgezeichnet.

Verringerter Energieverbrauch

Aufgrund der Höhenunterschiede des Grundstücks gibt es zwei weitere Einschnitte ins Gebäude: Eine Treppe führt zu den Gewerbeeinheiten hinauf während eine Rampe zum Büroeingang an einer Seite des Gebäudes mündet. Diese Einschnitte führen ebenfalls dazu, dass viel natürliches Licht ins Innere des Baukörpers fallen kann.

An der Ostfassade entsteht in Verbindung mit der Neigung eine faszinierende Optik. Die Mauerwerkschale kragt nach oben immer stärker aus.

Die doppelschalige Fassade wirkt als Temperaturbarriere. Sie senkt den Energieverbrauch des Gebäudes erheblich, beispielsweise für die Beleuchtung. Der bei diesem Projekt verwendete Ziegelstein ist zudem umweltfreundlich, da er recycelbar ist.

Das Hitra Office and Commercial Building mit einer Bruttogeschossfläche von 5.960 Quadratmetern wurde mit dem BLT Built Design Award ausgezeichnet. Dieser Preis würdigt auf globaler Ebene die Expertise aller Fachleute, die an der Realisierung herausragender Projekte beteiligt sind – von Architekturbüros und Innenarchitekten bis hin zu Bauprodukten und Landschaftsarchitektur.

Die Hooba Design Group wurde 2007 von Hooman Balazadeh gegründet und ist ein Architektur- und Innenarchitekturbüro mit Sitz in Teheran.

Text: Linda Benkö
Fotos: Parham Taghioff, Khatereh Eshghi, Deed Studio

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