Glamping im Himmelchalet
Ein Fünf-Sterne-Campingplatz am Fuß des Vorarlberger Rätikon wurde um zehn Tiny Houses in Holzbauweise erweitert. Die Himmelchalets sind eine Neuinterpretation der Alpenhütte und wurden mit mehreren Design-Preisen ausgezeichnet.
Wo sich früher einmal ein Bauernhof ins Alpenpanorama schmiegte, befindet sich seit gut 40 Jahren eine Oase für Fünf-Sterne-Camper. Der idyllische Schauplatz für Erholungsuchende liegt auf einer Waldlichtung oberhalb des Vorarlberger Ortes Nenzing, etwa zwei Kilometer vom Ortskern entfernt. Der Familienbetrieb Alpencamping Nenzing wurde nun durch zehn Tiny Houses erweitert. Als Bauplatz für die sogenannten Himmelchalets diente der 40 Meter hohe „Indianerhügel“, wie er hier genannt wird.
Die optimierte Parabelform
Die luxuriösen Hütten haben die Form parabelförmiger Röhren und entfernen sich damit von der klassischen alpinen Holzhütte. Eine Designentscheidung, die auf mehreren Parametern beruht, wie der zuständige Architekt Reinhold Hammerer erklärt: „Die Parabelform des Querschnittes ermöglichte einerseits eine ideale Ableitung der statischen Kräfte und gleichzeitig eine optimale Raumausnutzung im Inneren.“
Die Parabelform des Querschnittes ermöglichte einerseits eine ideale Ableitung der statischen Kräfte und gleichzeitig eine optimale Raumausnutzung im Inneren.“
Reinhold Hammerer, Architekt
Das Gewölbe schliesst nach Süden hin mit einem dreieinhalb Meter hohen rahmenlosen Bogenfenster ab. Die Position der Hütten stellt sicher, dass das Berg-Panorama, das die jeweiligen Chalet-Gäste genießen, nicht gestört wird. „Städtebaulich war die Idee, die Häuser stockwerksmäßig versetzt auf dem Hügel zu platzieren“, erklärt der Gründer des Büros Hammerer Architekten. „Zwischen den Objekten sind entsprechende Abstände, damit ein interessanter Außenraum entsteht.“
Dichte Bebauung, dichte Begrünung
Hüttenhotels haben sich in den letzten Jahren zu einem weltweiten Trend entwickelt. Man findet sie in schwindelerregender Höhe über den Fjorden Norwegens, wie die Bolder Skylodges. Oder sie blitzen als verspiegelte Zacken aus den dichten Wäldern am oberen Jangtsekiang, wie die Mountain and Cloud Cabins.
Oft befinden sich diese Projekte in weitläufigen Naturparks und verfügen über eine möglichst geringe Bebauungsdichte bei kleinstmöglichem Fußabdruck. Im Vergleich dazu folgen die Himmelchalets in Nenzing einer wesentlich dichteren Bebauung. In einer zweiten Phase sollen noch weitere zehn Chalets dem Ensemble folgen.
Um sie architektonisch besser in die Landschaft einzugliedern, setzen die Architekten auf eine üppige Bepflanzung der Zwischenräume. „Mehr als dreißig Bäume und achthundert Büsche wurden gesetzt, um einer unkontrollierten dichten Durchgrünung der Anlage freien Lauf zu lassen“, heißt es in der Projektbeschreibung des Architekten.
Holz und Handwerk aus der Region
Die einzelnen Baukörper sind 4,20 Meter breit, bis zu 13,50 Meter lang und wiegen bis zu 27 Tonnen. Sie wurden in der Halle des regionalen Zimmerers Thomas Heiseler komplett vorgefertigt. „Die größte Herausforderung war der Transport von Sonntag im Großen Walsertal nach Nenzing“, sagt Heiseler. Auf der Baustelle konnten die Handwerker sie schließlich mithilfe eines Mobilkrans montieren.
Vorarlberg ist bekanntermaßen ein Holzbauland, und der Campingplatz ist umgeben von Wäldern. Für die Bauherrschaft sei daher von Anfang an klar gewesen, dass die Chalets aus Holz sein sollen. Das verwendete Baumaterial stammt großteils von der ortsansässigen Agrargemeinschaft.
Vielfach prämiertes Design
Im Inneren verfügen die Lodges über eine vollwertige Apartmentausstattung. Dazu zählen ein maßgefertigtes Bad, eine hochwertige Einbauküche im Kleinformat und ein Schlafbereich. Manche der Chalets verfügen auch über einen eigenen Außenpool. In Ergänzung dazu bietet der Campingplatz einen Wellnessbereich mit Pool und zwei Restaurants.
Die Himmelchalets von Nenzing haben zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den Iconic Award 2021, den German Design Award 2021 und den Muse Design Award 2020. Zusätzlich schafften sie es in der Kategorie „Hospitality Building“ auf die Longlist der Dezeen Awards 2021 und erhielten den Vorarlberger Tourismus Innovationspreis 2020.
Text: Gertraud Gerst
Fotos: Albrecht Immanuel Schnabel, Hammerer Architekten