Henning Larsen macht US-Uni „hyggelig“: Das neue Gebäude der Lindner Business School in Cincinnati (Foto: Alex Fradkin)
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Henning Larsen macht US-Uni „hyggelig“

Mit seinem ersten Projekt in den USA beschert das Büro Henning Larsen Studenten skandinavisches „Hygge“-Feeling: Das neue, von den dänischen Architekten designte Universitätsgebäude in Cincinnati bringt Gemütlichkeit in den stressigen Hochschulalltag. 

Das Uni-Leben in den USA ist offenbar kein Zuckerschlecken. Wie eine Umfrage ergab, fühlen sich mehr als die Hälfte der Studenten im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ überfordert, einsam und erschöpft. Ein Umstand, dem das dänische Architekturbüro Henning Larsen jetzt etwas entgegensetzt: Der jüngst eröffnete Neubau des Lindner College of Business der University of Cincinnati vereint skandinavische Gemütlichkeit mit Funktionalität. 

Wirtschafts-Uni mit besonderem Touch

Die Fertigstellung dieses ersten Henning Larsen Projektes auf nordamerikanischem Boden kam zur rechten Zeit. Nach nur zwei Jahren Bauzeit konnte der Uni-Neubau im vergangenen September seine Pforten öffnen – just im Jahr 2019, in dem die Universität ihr 200-jähriges Bestehen feiert. Und das Konzept, auf dem das Gebäude basiert, verspricht den gestressten Hochschülern eine angenehmere Zukunft.

Das Ziel der Henning Larsen Architekten: Ein moderner Bildungsbau, der Gemeinschaftsgefühl und Wohlbefinden fördert. Anders gesagt: Eine Wirtschafts-Uni mit Raum für „Hygge“-Feeling.

Lindner Business School: Viel Platz zum Lernen und Unterhalten. Foto: Alex Fradkin
Lindner Business School: Viel Platz zum Lernen und Unterhalten.

Henning Larsens Design sorgt für viel Tageslicht auf allen Ebenen. Foto: Alex Fradkin
Henning Larsens Design sorgt für viel Tageslicht auf allen Ebenen.

„Wir wollten, dass das College kein Objekt auf dem Campus ist, sondern eine Erweiterung“, erklärt Michael Sørensen, Partner in der US-Niederlassung von Henning Larsen. Und er betont: „Besonders in der Wirtschaft, wo der Aufbau persönlicher Netzwerke so wichtig ist, können Menschen nicht gut lernen oder arbeiten, wenn sie sich eingeengt und unsichtbar fühlen“. 

Offenheit schafft Möglichkeiten

Die Fähigkeit zur Kommunikation und Kontaktnahme habe also eine Art „zweite Natur“ des Gebäudes sein müssen. Das College wollte – und sollte – das offenste Gebäude des gesamten Campus werden. Gelungen ist die Umsetzung dieses speziellen Designs in Zusammenarbeit mit den in Cincinnati ansässigen Projektpartnern Studio KZF und BuroHappold Engineering.

Gemeinsam lernen in angenehmer Atmosphäre: Das neue Universitätsgebäude soll's möglich machen. Foto: Alex Fradkin
Gemeinsam lernen in angenehmer Atmosphäre: Das neue Universitätsgebäude soll’s möglich machen.

Der Uni-Campus selbst darf sich beeindruckender architektonischer Vielfalt rühmen: 1991 aus einem Masterplan von Hargreaves Associates entstanden, finden sich hier immerhin Werke von Berühmtheiten wie Frank Gehry, Morphosis, Pei Cobb Freed und Bernard Tschumi

Ein Uni-Neubau, der verbindet

Die neue Business School von Henning Larsen erweitert diese ehrwürdige „Sammlung“ nun um ein neues Highlight: Das rund 21.000 Quadratmeter große Gebäude liegt direkt im Herzen der Anlage. Wie ein Angelpunkt verbindet es die Stadtbuslinie mit der autofreien Hauptstraße des Campus, die als gesellschaftlicher Nerv der Universität fungiert.

Der Bau lädt dazu ein, auf dem Weg durch die Universitätsanlage direkt durch ihn hindurchzugehen. Seine Fassade changiert je nach Blickwinkel und Lichteinfall: Mal scheint sie gläsern und transparent, dann wieder matt und steinern. 

„Hygge“ in den Hörsälen... (Foto: Alex Fradkin)
„Hygge“ in den Hörsälen…

... sowie in frei genutzten Zonen. (Foto: Alex Fradkin)
… sowie in frei genutzten Zonen.

Dass das Konzept der dänischen Architekten aufgeht, wird nicht nur dann bemerkbar, wenn zwischen Lehrveranstaltungen reges Treiben in den Gängen herrscht. Denn das Henning Larsen Team hat auch dem Lernen außerhalb des Hörsaals viel Aufmerksamkeit gewidmet – vor allem dem gemeinsamen.

Ein hohes Atrium durchbricht die Mitte des Gebäudes. Dachfenster sorgen für Tageslicht. Tische und Sitzmöbel für Studenten und Lerngruppen stehen bereit – auch auf den höheren Etagen.

Wie Henning Larsen „Hygge“ schafft

Man sei bei Planungsgesprächen immer wieder auf die dänische Idee des „Hygge“ zurückgekommen, schildert Michael Sørensen: „Diese Idee wird inzwischen rund um die Welt mit Kerzenlicht und Gemütlichkeit assoziiert. Die Essenz von hygge liegt aber eigentlich im behaglichen, glücklichen Zusammensein. Mit den Räumen fürs Zusammensein haben wir die Rahmenbedingungen für diese Atmosphäre geschaffen“.

Freundlich heller Freiraum im ganzen Gebäude der neuen Lindner Business School. (Foto: Alex Fradkin)
Freundlich heller Freiraum im ganzen Gebäude der neuen Lindner Business School.

Bildungsbau von Henning Larsen: Transparenz und Kommunikation im Vordergrund. (Foto: Alex Fradkin)
Bildungsbau von Henning Larsen: Transparenz und Kommunikation im Vordergrund.

Die neue Business School bietet 70 Prozent mehr Platz als ihr Vorgänger. Ihr Konzept verzichtet auf das traditionelle Modell geteilter Klassenzimmer und Büros, um modernes Lernen zu fördern.

Modernes Nutzungskonzept

Der Weg dazu führt über informelle Räume. Und über die Einbeziehung sonst bisher kaum für Studium und Unterricht genutzter Flächen und Einheiten. Das Gebäude beinhaltet eine Galerie im Erdgeschoss und zwei Innenhöfe in den oberen Ebenen, die auch als Lichtschächte dienen.

Der Uni-Neubau lädt zum Durchgehen und Verweilen ein. (Foto: Alex Fradkin)
Der Uni-Neubau lädt zum Durchgehen und Verweilen ein.

Auch die Freiluft-Zonen wurden „hyggelig“ konzipiert.  (Foto: Alex Fradkin)
Auch die Freiluft-Zonen wurden „hyggelig“ konzipiert.

In der skandinavischen Kultur spiele Gemeinschaft eine gewichtige Rolle. Ebenso, wie das, was man in gemeinsam genutzten Räumen teilt. So beschreibt Sørensen die Strategie des Henning Larsen Architektenteams: „Es war uns wichtig, dies ins Lindner Business School Gebäude einzubringen. Universitäten haben große Verantwortung bei der Ausbildung junger Erwachsener“.  

Das Ziel der dänischen Architekten: Weniger Stress und mehr Lebensqualität für die Studenten der US-Universität. (Foto: Alex Fradkin)
Das Ziel der dänischen Architekten: Weniger Stress und mehr Lebensqualität für die Studenten der US-Universität.

Auch das, was außerhalb der Lehrräume geschieht, sei extrem wichtig. Vielleicht sogar noch essenzieller als das, was in den Hörsälen vorgeht, analysiert Sørensen.

Im Fokus: Der soziale Aspekt des Lernens

Diese Tatsache habe das Büro Henning Larsen bei der Planung des Bildungsbaus besonders berücksichtigt: „Indem wir vielfältige räumliche Arbeits- und Kommunikationsmöglichkeiten für Studenten und Fakultät geschaffen haben, haben wir die Bedeutung des sozialen Aspekts des Lernens hervorgehoben“.

Wie ein neuer Angelpunkt im Herzen des Campus der University of Cincinnati: Der jüngst eröffnete Neubau des Lindner College of Business soll Bildung und Networking fördern. (Foto: Alex Fradkin)
Wie ein neuer Angelpunkt im Herzen des Campus der University of Cincinnati: Der jüngst eröffnete Neubau des Lindner College of Business soll Bildung und Networking fördern.

Die erst 2017 eröffnete US-Niederlassung von Henning Larsen hat mit dem Lindner College of Business ihr erstes Werk in Nordamerika fertiggestellt. Weitere stehen längst auf der Agenda des international erfolgreichen dänischen Architekturbüros. Darunter etwa ein Bürokomplex in Minneapolis (Minnesota) und ein Gemeindezentrum auf kanadischem Boden. 

Text: Elisabeth Schneyder
Fotos: Alex Fradkin, Henning Larsen

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