GS Tennis Court, Victor B. Ortiz, Brasilien, Cuiabá, Holzbau
#architektur

Von der Natur abgeschaut

Mit dem GS Tennis Court entsteht Brasiliens größter privater Tennisplatz. Inspiration für den kuppelförmigen Holzbau nach dem Entwurf des Architekten Victor B. Ortiz lieferte dabei das Skelett eines bestimmten Meeresbewohners.

In Cuiabá, der Hauptstadt des zentralbrasilianischen Bundesstaates Mato Grosso, ist ein privates Sport-Bauprojekt im Entstehen. Für sechseinhalb Millionen Brasilianische Real, umgerechnet rund zehn Millionen Euro, soll ein Tennis-Stadium gebaut werden, das an die 1.500 Personen Platz bietet. Herzstück der Quadra de Tênis GS, wie das Projekt auf Portugiesisch heißt, ist eine komplexe Struktur in Holzbauweise, die kuppelförmig den Tennisplatz überspannt. Sie erreicht dabei eine beachtliche Spannweite von 60 Metern und schafft einen witterungsgeschützten, stützenfreien Raum darunter. Der Entwurf für das Projekt stammt vom brasilianischen Architekten Victor B. Ortiz.

GS Tennis Court, Victor B. Ortiz, Tennishalle, Holzbau, Brasilien
Die Freiform-Konstruktion in Holzbauweise erreicht eine Spannweite von 60 Metern.

Dieser Kuppelbau basiert auf eingehenden Studien zur Tragwerksplanung und besteht ausschließlich aus geraden Holzelementen.

Victor B. Ortiz, Architekt

Auch wenn die Form dieser Struktur rund ist, so kommen keine gekrümmten Holzbauteile zum Einsatz, wie der Architekt erklärt: „Dieser Kuppelbau basiert auf eingehenden Studien zur Tragwerksplanung und besteht ausschließlich aus geraden Holzelementen.“ Die gewölbte Gitterkonstruktion besteht aus rund 900 Einzelteilen, die allein durch die besondere Anordnung eine Krümmung ergeben. Ein ähnliches Prinzip, wie es auch LUO Studio bei der Konstruktion der Rehmannia Root Crafts Exhibition Hall anwandte.

Parametrisches Design

Es handelt sich bei dem Entwurf um parametrisches Design, basierend auf algorithmischen Entwurfsprozessen. Die dynamische Formgebung erfolgt dabei über ein Programm und darin festgelegte Parameter und nicht, wie im analogen Prozess, indem Designer eine Linie von A nach B ziehen.

GS Tennis Court, Victor B. Ortiz, Tennishalle, Holzbau, Brasilien
Für sechseinhalb Millionen Brasilianische Real, umgerechnet rund zehn Millionen Euro, soll ein Tennis-Stadium gebaut werden, das an die 1.500 Personen Platz bietet.

Während beispielsweise Vertreter der Moderne eher auf klare Linien und scharfe Kanten setzten, orientieren sich parametrische Designs an freien Formen aus der Natur. Das Ergebnis dieser Entwurfsmethode sind oft fließende Konturen und futuristisch anmutende Bauten, wie man sie etwa von Zaha Hadid Architects kennt – den Pionieren der Parametrie.

Frei nach dem Seeigel

Für das außergewöhnliche Tragwerk der Tennisplatz-Überdachung stand ein Meerestier Pate, das für sein stacheliges Äußeres bekannt ist, nämlich der Seeigel. Sein Gehäuse aus Kalkspat hat eine besondere, radiale Struktur, das sogenannte Stereom. Dieses stark poröse Gebilde basiert auf einer leichten und zugleich sehr festen Konstruktion. 

GS Tennis Court, Victor B. Ortiz, Tennishalle, Holzbau, Brasilien
Das außergewöhnliche Tragwerk der Tennisplatz-Überdachung ist dem Gehäuse eines Seeigels nachempfunden.

Eigenschaften, die auch auf den GS Tennis Court und sein bauchiges Holzdach zutreffen. Die mehrlagige Gitterschale, die nach oben hin engmaschiger wird, erzeugt ein eindrucksvolles Muster. Das funktionale Tragwerk aus vorgefertigten Brettsperrholz-Elementen ist zugleich Ornament und integraler Bestandteil des Interior-Konzepts.

Dieser einzigartige Entwurf solle ein Showcase dafür sein, welche vielfältigen Einsatzmöglichkeiten das Brettsperrholz bereit hält.

Victor B. Ortiz, Architekt

„Innovation und Nachhaltigkeit waren die wichtigsten Triebfedern für dieses Projekt. In Zusammenarbeit mit Structure Craft und Timbau estruturas solle dieser einzigartige Entwurf ein Showcase dafür sein, welche vielfältigen Einsatzmöglichkeiten das Brettsperrholz bereit hält“, erklärt Architekt Victor B. Ortiz.

Innen und Außen im Fluss

Ein großes, rundes Oberlicht schafft ein Guckloch zum Himmel und versorgt den Tennisplatz mit ausreichend Tageslicht. An den Rändern hebt sich die offene Struktur bisweilen, um den Blick auf die begrünten Außenflächen freizugeben. Die Bepflanzungen reichen bis unter das Dach hinein und schaffen so einen fließenden Übergang zwischen dem Innen- und dem Außenraum.

GS Tennis Court, Victor B. Ortiz, Tennishalle, Holzbau, Brasilien

Bis zum finalen Design sei es ein langer Weg gewesen, wie Ortiz anmerkt. Die unterschiedlichen Visualisierungen, die der Architekt mit seiner Followerschaft auf Instagram teilte, zeugen davon. „Bei der Architektur geht es vor allem darum, Räume zu schaffen, die den gesamten Kontext berücksichtigen und so einen lebenswerten Raum schaffen. Allerdings geht es auch darum, mit Einschränkungen umzugehen. Daher ist es nur natürlich, dass ein Projekt mehrmals überarbeitet und überdacht wird, bis alle Voraussetzungen erfüllt sind“, sagt Ortiz. „Und es schadet nicht, wenn es gut aussieht!“

Die gesamte Anlage erstreckt sich über 2.500 Quadratmeter und soll neben Umkleiden und einer Küche auch über einen eigenen Spa-Bereich verfügen. Die Fertigstellung ist für 2025 geplant.

Text: Gertraud Gerst
Visualisierungen: @victorbortiz_architecture

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