Große Oper in Düsseldorf
Geht es nach Entwickler CENTRUM, bekommt Düsseldorf einen spektakulären neuen Kultur-Hotspot. Designt vom Top-Büro Snøhetta soll der Neubau das bestehende, denkmalgeschützte Opernhaus ersetzen – durch eine „Oper für alle“ und ein Gebäude, das mit mehr als großer Kunst aufwartet.
Zwei schimmernde Türme, die wie ein gläsernes „V“ überm üppig begrünten Dach ihres Gebäudesockels „tanzen“: Was das mehrfach preisgekrönte Büro Snøhetta für Düsseldorf entworfen hat, könnte kaum beeindruckender sein. Dass sich die norwegischen Architekten auch aufs Design grandioser Kulturbauten verstehen, ist etwa durchs schöne Osloer Opernhaus längst bewiesen. Grund genug für Entwickler CENTRUM, das renommierte Team mit einem außergewöhnlichen Projekt zu beauftragen. Das jüngst präsentierte Ergebnis trägt den Namen „Duett“. Es soll Düsseldorf eine große Oper „für alle“ bescheren. Und nicht nur das.
Sanierung versus Neubau
Die Debatte, ob Düsseldorf eine neue Oper bekommen soll, beschäftigt die Stadt schon seit geraumer Zeit. Denn das bestehende, denkmalgeschützte Opernhaus müsste saniert werden. Oder eben durch einen Neubau ersetzt. Eine Machbarkeitsstudie kam zum Schluss, dass ein Neubau zwar die teuerste, aber auch weniger riskante Lösung wäre. An Vorschlägen für neue Gebäude fehlt es nicht. Wohl aber an einer Entscheidung. Auch über den möglichen Standort, der im Dezember 2021 festgelegt werden soll.
Mit Snøhettas Entwurf hat nun auch die CENTRUM Gruppe die Bühne der großen „Diskussions-Oper“ ums wichtige Kulturprojekt betreten. Das Projekt „Duett“ ist für den Platz konzipiert, an dem sich die alte Oper befindet. 1875 errichtet, im Zweiten Weltkrieg zerstört und provisorisch wiederhergestellt, wurde sie 1956 umgebaut. Damals nach Plänen von Paul Bonatz, Julius Schulte-Frohlinde und Ernst Huhn. 2006/2007 wurde das „charmante Juwel“ für kolporierte 31 Millionen Euro umfangreich erneuert. Eine bewegte Geschichte, die gern als Argument für den Erhalt des Baus herangezogen wird.
Große Oper mit Mixed-Use
Snøhettas Plan für Düsseldorfs „Oper für alle“ umfasst indes mehr als den Kulturbau. Neben dem hochmodernen Opernhaus beherbergt „Duett“ ein Hotel, Restaurants, Cafés, Büros und Wohnungen. Die Architekten wollen „ein gemeinsames kulturelles Zentrum für die Düsseldorfer“ schaffen. Im Herzen der Stadt. Mit klaren Verbindungen zum Hofgarten, dem Rhein und der beliebten Königsallee. Mit viel Grün und barrierefreiem öffentlichem Raum, der Menschen anzieht und zusammenführt.
„Gehobenes“ Grün
Weil der Grundriss des Bestandsgebäudes sich nicht für ein modernes Opernhaus internationalen Rangs eignet, sieht der Plan Erweiterungen vor: 1.350 Quadratmeter im Norden, sowie 1.455 im Osten. Mit einem begrünten Dachgarten wird diese Grünfläche in die Höhe versetzt. An der Ostseite wird dabei ein offenes, einladendes Opernfoyer entstehen.
Ausgehend vom üppigen, historischen Hofgarten fokussiert die Landschaftsgestaltung rund ums Opernhaus auf den Fluss der Menschen durch einen Stadtwald, der zum Foyer der Oper führt. Die geschwungene Landschaft ordnet die Straßensysteme neu. Und sie stärkt die Verbindung zur Königsallee durch eine neue Brücke im Süden und eine Verbindung in den Westen.
Verbindendes Entrée
Auf dem Weg vom Park zum Haupteingang verschwimmen die Grenzen zwischen Innen und Außen. Besucher spazieren durch eine 16 Meter hohe Glasfassade zu einer skulpturalen Holzwand im Foyer. Großzügige Treppen und Rampen führen zu einem Café im vierten Stock – der ersten von drei Etagen in einem horizontalen, auskragenden Volumen, das Foyer und Hauptbühne überragt. Vom nordwestlichen Teil dieser Ebene eröffnet sich Aussicht auf die Umgebung. Und vom Café aus kann man in die Proberäume der Oper blicken.
Auch Verwaltung und Kantine der Oper liegen im vierten und fünften Stock. Das horizontale Volumen ist ein wichtiges Element des Entwurfs. Seine rund 25.000 Quadratmeter beherbergen gemischt genutzte Opern- und Hotelfunktionen sowie öffentliche Bereiche. Es soll Beziehungen und Synergien zwischen Bewohnern, Besuchern, Mitarbeitern und Künstlern schaffen. Von seiner 6.000 Quadratmeter großen, öffentlich zugänglichen Dachlandschaft bietet sich atemberaubende Fernsicht. Zudem ist dieser Bereich für Veranstaltungen konzipiert. Kommerzielle Funktionen wie Restaurants und Cafés sind mit den drei horizontalen Ebenen verbunden, um einen attraktiven Treffpunkt zu schaffen.
Ikonisches Duett
Aus den horizontalen Ebenen ragt eine markante, V-förmige Silhouette gen Himmel. Das Ensemble der Türme verändert seine Silhouette aus jeder neuen Perspektive. Dadurch erinnert es ans namensgebende „tanzende Duett“. Ein Turm soll 140 Meter, der zweite 115 hoch werden. Sie sind so konzipiert, dass sie die Verschattung umliegender Bereiche reduzieren und zugleich dem Innenhof mehr Tageslicht gewähren.
Die Türme sind in erster Linie für Hotel, Wohnbereiche und Büroflächen vorgesehen. Snøhetta hat beim Entwurf viel Wert auf klare Trennung der Funktionen gelegt. Ebenso, wie auf Schutz vor wechselnder Witterung. Zugleich werden visuelle Verbindung und einheitliches Erscheinungsbild des Gebäudes gewährleistet. Dafür sorgt eine geschichtete Glasfassade mit unterschiedlicher Skalierung und Transparenz. Im Gegensatz zur opaken, äußeren Turmfassade, sind die nach innen gerichteten zum größten Teil selbstbeschattet. Dadurch wird ein Höchstmaß an Transparenz und Interaktion mit der öffentlichen Dachlandschaft ermöglicht.
Ziel: Publikums-Magnet
Bei Snøhetta ist man überzeugt, dass mit dem vielschichtigen „Duett“ ein Publikumsmagnet geschaffen werden würde. Einer, der Düsseldorfs Rang als Kunst- und Kulturmetropole ausbaut. „Der ungewöhnliche, demokratische Nutzungsmix bildet die Basis unseres architektonischen Entwurfs“, sagt Jette Hopp, Snøhettas Direktorin für Akquisition und Geschäftsentwicklung Europa. Und die Architektin fügt hinzu: „Ziel war es, für die verschiedenen Nutzungsarten eigene Sphären zu schaffen, die jedoch ästhetisch miteinander kommunizieren und zu einer architektonischen Identität mit Landmark-Charakter verschmelzen.“
Für CENTRUM wäre die „Oper für alle“ ein weiteres Prestigeprojekt in Düsseldorf. Die Gruppe ist auf Entwicklung moderner Einzelhandelsflächen in 1A-Lagen in großen deutschen Städten spezialisiert. Und ihr spektakuläres Geschäftshaus „Kö-Bogen 2“ im Herzen Düsseldorfs hat immerhin Europas bislang größte Grünfassade geschaffen. Das innovative Gebäude wurde inzwischen mehrfach ausgezeichnet.
„Oper für alle“ mit Zusatznutzen
In einer Aussendung des Unternehmens zum aktuellen Projekt heißt es: „Es ist von uns beabsichtigt, der Stadt Düsseldorf die neue „Oper für Alle“ zu einem Zeitpunkt, an dem das Baurecht und das genaue Bauprogramm des Opernbauteils feststeht, zu einem Festpreis zu errichten. Die kommerziellen Nutzungen als Hotel, Büro und Wohnraum, die den Opernbetrieb nicht beeinträchtigen, haben einen weiteren Vorteil: Sie senken erheblich Kosten und Risiken für die Stadt“.
Die Kosten für den Neubau der Oper bezifferte CENTRUM-Gründer und geschäftsführender Gesellschafter Uwe Reppegather mit „430 Millionen Euro, netto“. Laut „Internetzeitung Düsseldorf“ kämen etwa 70 Millionen für die Operntechnik hinzu. Demnach müsste die Stadt also eine halbe Milliarde für die „Duett“-Variante ihrer Oper in die Hand nehmen.
Im Rahmen der laufenden Diskussion um Sanierung oder Neubau und mögliche Standorte nennt das Online-Medium auch vorläufige Kostenrichtwerte. Diese liegen zwischen mindestens 457 Millionen für eine Basissanierung des bestehenden Opernhauses und bis zu mindestens 716 Millionen Euro für einen Neubau im Hofgarten.
Eine Website, die seit der ersten Phase der Bürgerbeteiligung zur Mitwirkung bei der Entscheidungsfindung lud, ist nach wie vor mit aktueller Information online. Bleibt abzuwarten, was die Stadt beschließt – und ob Snøhettas spektakuläre, in der Tat große Oper „für alle“ in Düsseldorf gen Himmel wachsen wird.
Text: Elisabeth Schneyder
Bilder: CENTRUM, Snøhetta, Boomtown, MIR, Plomp, Jens Passoth