Der amerikanischen Lebensidee „The Bigger The Better“ hält eine junge Berliner Firma nun ein ausgeklügeltes „Weniger ist mehr“-Wohnkonzept namens „coodo“ entgegen. Und wird mit diesem immer größer und größer …
Es ist schon acht Jahre her. Da zog es einen Berlin-Mitte-Bewohner raus aus der Betonwüste. Hinein in die Natur. Und plötzlich gingen dem Mann die Augen vor Staunen über: Er entdeckte vor den Toren seiner Stadt den Zugang zu Europas größtem Binnenwasserstraßennetz. Er erkannte die gigantischen Waldflächen vor seiner Nase. Die saftigen Wiesen ebenso.
Oase vor der Nase?
Und auf einmal erwuchs vor dem inneren Auge der einstigen Stadtpflanze Mark Dare Schmiedel eine Zukunftsvision, die ihn einfach nicht mehr loslassen wollte. In eben jenem Moment entstand seine heute weltweit erfolgreiche Wohnidee namens „coodo“.
Konkret wurzelt das Konzept jedoch auf der Beantwortung einer Reihe von Fragen, die sich Mark Dare Schmiedel in diesen Tagen selbst stellte:
- Warum können wir keine mobilen Häuser haben, die auf festem Boden oder sogar auf dem Wasser stehen können?
- Warum keine Häuser, die sich nahtlos in ihre Umgebung einfügen?
- Warum keine Objekte, die sowohl als Wochenendhaus als auch als ständiger Wohnsitz genutzt werden können?
- Wäre das nicht großartig?
Heute erinnert sich der Freigeist: „Ich war überzeugt, dass die Anbindung des Wohnens an die Natur auch anderen Menschen mehr Lebensenergie bringen würde. Genau, wie es bei mir passiert war.“ Die Idee eines neuen Wohnkonzeptes war geboren – und nein, wir reden nicht von Camping, Glamping oder dergleichen!
Lofts to go
Vielmehr geht es bei den so genannten „coodos“ darum, mobile Wohneinheiten zu schaffen, die einerseits alle Stückerl spielen und gleichzeitig aber vor allem die Natur als Wohnraum integrieren. Vollwertige Häuser mit anderen Wichtigkeiten, also.
Diese Überlegung spiegelt sich übrigens bereits im dazugehörigen Namen des Unternehmens: „Lofts to go“ nennt es sich und spielt darauf an, dass die Module mobil sind. Gleichzeitig nimmt es aber eben auch darauf Bezug, dass das Loft in diesem Fall eben die Umgebung ist, in der es steht. Schmiedel: „Im Grunde ist eben die Natur das Loft.“
Besonders wichtig war Schmiedel, trotz minimaler Form ein offenes und großzügiges Wohnerlebnis anzubieten. Deshalb suchte er nach konkreten Optionen, um den geschützten Lebensraum mit seiner umgebenden Landschaft fließend verschmelzen zu lassen.
Kein Haus. Ein coodo
Die Lösung: Eine vom Boden bis zur Decke hochwertig verglaste Front, die sich anhand des integrierten Falt-und-Schiebesystems zum Außenbereich hin weit öffnen lässt und die Bewohner so die Nähe zur Natur spüren lässt. „Man ist drin und trotzdem draußen“, freut sich Schmiedel, „der erlebte Raum ist wirklich grenzenlos!“ Ein coodo ist eben kein Haus, sondern ein coodo.
Dennoch sehen sie alle keineswegs gleich aus! Denn bei der Ausstattung kann man sich entscheiden, ob man sein Coodo ohne Innenleben, nur mit Badezimmer oder mit Standard-Einrichtung oder aber gar allem Drum und Dran haben möchte. Doch egal, was man wählt, man kann alles in Sachen Farbe und Materialien selbst individuell variieren.
Wenig Platz. Viel Raum
Verantwortlich für das Interior Design ist die Interior-Expertin Catharina Schierbeck. „Ihr Ziel war es, so viel Stauraum wie möglich zu gewährleisten, dabei aber eine minimalistisch ansprechende Umgebung zu schaffen“, sagt Schmiedel. Dabei ist eine hochwertige technische Ausstattung genauso unabdingbar wie ein nachhaltiges Gesamtkonzept.
Mit den hübschen Minihäusern wurde also eine flexible, mobile und intelligente Wohneinheit geschaffen, die man individualisiert so ziemlich überall aufstellen und genießen kann. „Mit ihren retro-futuristischen Qualitäten kann diese transportable Architektur in einer städtischen Umgebung, auf einem Dach, in Wäldern oder sogar in den Bergen aufgestellt werden“, schreibt ein Fachmagazin.
Und genau das geschieht auch bereits: Die kleinen Wohneinheiten sind längst über den gesamten Globus verteilt und werden nicht nur als Wohn-, sondern auch als Business-Einheiten errichtet.
Das coodo für alle
Das liegt unter anderem daran, dass insbesondere Grundstücke mit schwer zu bekommenden Baugenehmigungen dank coodos belebt werden können. Deshalb bietet man spezielle Räder als Design-Zusatz an, was rechtliche Vorteile generiert und gleichzeitig die Bindung an ein Grundstück endgültig auflöst.
Doch auch wenn bei der Konzeption der schicken Wohnkokons derartige praktische und verkaufsrelevante Eigenschaften bedacht werden, ist das oberste Ziel stets die „maximale Schönheit aus dem coodo herauszuholen“, verspricht das Unternehmen auf seiner Website.
Und das bedeutet im Klartext: An den abgerundeten Ecken, den stabilen Wänden und den großen Glasflächen darf nicht gerüttelt werden. Deshalb sind auch alle Heiz-, Kühl- sowie Stromversorgungssysteme im Boden, in der Decke und in den Innenwänden intelligent versteckt.
Smart Living
Selbst die kürzlich integrierten Smart-Living-Komponenten von Sensorberg sind für das Auge unsichtbar installiert und spielen laut Sensoberg-CEO Michael von Roeder freilich alle Stückerl: „Unsere Technologie macht jedes einzelne coodo zu einem komplett vernetzten Raum, der ortsunabhängig funktioniert und völlig unkompliziert über das Smartphone steuerbar ist. So können Nutzer beispielsweise schon von unterwegs aus die Heizung einschalten, bevor sie nach Hause kommen.“ Egal wo dieses zuhause eben gerade ist.
Wir wollen mit den coodos die Welt ein kleines bisschen besser machen.
Mark Dare Schmiedel, „Lofts to Go“-Gründer
Eines ist also offensichtlich: Das Team von „Lofts to go“ versucht mit allen aktuellen Entwicklungen in Sachen Living Schritt zu halten. Somit ist auch klar, dass das Thema Nachhaltigkeit hier nicht zu kurz kommen darf. „Das ist natürlich auch ein Riesenthema, wir sind total recycelbar, streben das ,Cradle to Cradle‘-Prinzip an, also nach einem umweltintelligenten Zyklus zu arbeiten“, erklärt der Chef persönlich, dessen erklärtes Lebensmotto zudem nicht etwa „Mehr! Mehr! Mehr“ lautet, sondern stattdessen „Gut! Gut! Gut!“, wie er betont.
Nachhaltigkeit wird groß geschrieben
Also ist ein Hybrid-System zur optionalen Integration regenerativer Energien selbstverständlich, effiziente Wärmedämmung und die bevorzugte Verwendung produktionsortnaher Materialien ebenso.
Romantischer Schlusssatz, der an die heute acht Jahre alten Ursprungsüberlegungen von Mark Dare Schmiedel anknüpft: „Wir wollen Menschen vermitteln, sich vom Alltag nicht so stressen zu lassen und ihre Freizeit mehr zu nutzen – vor allem draußen in der Natur. Wir wollen mit den coodos die Welt ein kleines bisschen besser machen.“
Text: Johannes Stühlinger
Bilder: coodo; Arndt Haug