Architektur der Befreiung
Das Freedom Museum im niederländischen Groesbeek hat die Form eines riesigen Fallschirms – als Symbol der Befreiung am Ende des zweiten Weltkrieges. Das Projekt wurde nun mit dem renommierten Architecture MasterPrize 2022 ausgezeichnet.
Das Freedom Museum in Groesbeek, Niederlande, ist mit dem renommierten Architecture MasterPrize 2022 ausgezeichnet worden. Und das völlig verdienterweise.
Denn das Museum erfüllt nicht nur einen wichtigen gesellschaftskritischen Zweck. Es ist auch in dem sogenannten Shaded Dome untergebracht. Dies ist eine Innovation von Shaded Dome Technologies.
Freedom Museum: Ikonische Stätte im Grünen
Obwohl der Westen der Niederlande einen grausamen Hungerwinter zu überstehen hatte, war die Schlacht von Arnheim im September 1944 der erste große Schritt zur Befreiung des Landes im Mai 1945. Die Operation Market Garden und die Rheinland-Offensive, die dies bewirkten und Teil des letzten Kapitels des Sieges über Nazi-Deutschland waren, fanden in und um Groesbeek statt.
Daher wurde Groesbeek schon sehr früh, 1987, als Standort für ein „Freedom Museum” auserkoren. Ausstellungen, pädagogische Programme und Veranstaltungen sollten an diese wichtige Episode der niederländischen Geschichte erinnern.
Verteidigung von Werten
Die früheren Gebäude auf der künstlichen Insel Neeltje Jans an der Nordseeküste und die charakteristische, von Antoon Croonen entworfene Noppenkuppel mussten ersetzt werden. In einem Aufwaschen wollte man dann nicht nur die Fläche vergrößern, sondern auch gleich ein neues Museums-Programm einführen – zumal immer mehr Schulklassen und Familien das Museum besuchen, aber auch zusehends ausländische Gäste.
Der Kern der Geschichtsdarstellung wurde nun in einen internationalen, europäischen Kontext eingebettet. Die Befreiung der Niederlande steht als Beispiel für den Einsatz um Werte, die es heute ebenso zu verteidigen gilt.
Shaded Dome als markanter Blickfang
Binnen kürzester Zeit sollte etwas Neues entstehen – was auch gelang. Ganz anders als beispielsweise das von Napur Architects in einem wahrlich außergewöhnlichen Design entworfene Museum für Ethnografie in Budapest, das sage und schreibe 150 Jahre nach der langfristigen, neuen Bleibe suchte.
Das Freedom Museum sollte unkompliziert und zu vertretbaren Kosten auf 3.000 Quadratmeter erweitert werden. Noch dazu bestand der Wunsch, dem geschichtsträchtigen Ort mit einem starken Key Visual, einem Schlüsselbild, einem echten Wahrzeichen zu huldigen. Dies verlangte geradezu nach einem außergewöhnlichen Gebäudetyp.
Energieeffiziente und äußerst flexible Lösung
Den Auftrag erhielt Shaded Dome Technologies, ein Joint Venture zwischen Royal HaskoningDHV, Polyned und dem Architekturbüro ZJA. Der Shaded Dome ist ein innovatives Gebäudekonzept: ein Netzwerk aus Stahlseilen, eine luftdruckgestützte Kuppel und eine Hülle aus Hightech-Textilien.
Dieser Mix macht aus dem Shaded Dome in Bezug auf Kosten und Nachhaltigkeit ein sehr effizientes Bauwerk, sowohl während der Bauzeit als auch während des Lebenszyklus.
Form eines riesigen Fallschirms
Das Freedom Museum hat die Form eines riesigen Fallschirms – als erkennbares Symbol der Befreiung am Ende des zweiten Weltkrieges. Mit einem „Shaded Dome” als Dach hat das Museum eine unverwechselbare und unverkennbare Form. Wie eine Art organische Haut fügt es sich mit seiner fließenden Form in die grüne, hügelige Landschaft von Groesbeek ein.
Das Museum gewann den Preis in der Kategorie „Kulturelle Architektur”. Der Architecture MasterPrize, ein internationaler amerikanischer Preis für Architektur, gilt als eine der führenden Auszeichnungen in diesem Bereich.
Das Freedom Museum zeichnet sich durch seine markante Form und seine Nachhaltigkeit aus, die auch bei extremen Wetterbedingungen ein optimales Raumklima bietet. Wir haben beim Shaded Dome sowohl Materialien als auch Technologie effizient eingesetzt.
Rob Torsing, Architekt und Partner bei ZJA
Die Form der langgestreckten Kuppel aus hellem, leichtem Stoff ist eine Anspielung auf die Fallschirme, die während der Operation „Market Garden” den Himmel füllten. Sie erinnert freilich auch an die Kuppel, die einst von Croonen entworfen wurde.
Das auf einem Hochplateau gelegene Gebäude ist leicht zum Tal hin geneigt und auf der dem Tal zugewandten Seite gekappt. So ist der Eingangsbereich gut ersichtlich. Büros und Lagerräume sind unterirdisch angelegt, so dass das Restaurant einen freien Blick auf das Tal bietet, aus dem die alliierten Divisionen einst nach Deutschland vorrückten.
Teil der Landschaft
Von der Straße aus gesehen wird der leicht geneigte Dom, in der flachen Hügelkuppe integriert, zum Teil der Landschaft. Die fließende Form, die verwendeten Materialien, die Haut als Alliteration für die Fallschirme der Truppen sorgen dafür, dass sich das Freedom Museum in die hügelige Landschaft mit ihren gewundenen Straßen, in das Grün nahtlos einfügt. Im hinteren Teil des Plateaus befinden sich die Parkplätze.
Der Dome kann für Veranstaltungen im Freien genutzt werden, das Gelände weist Grünflächen zwischen dem Museum und dem kanadischen Soldatenfriedhof auf. Ein gewisser Abstand zum Feld der Erinnerung bleibt so gewahrt.
Inhalt des Museums wie die Architektur des Gebäudes sind innovativ und beeindruckend. Für Jung und Alt erzählen wir eine multiperspektivische Geschichte von Krieg und Frieden ohne Grenzen, die sowohl an die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts als auch an aktuelle Ereignisse anknüpft.
Wiel Lenders, Direktor des Freiheitsmuseums
Ausgeklügelte zweischichtige Struktur
Der Shaded Dome steht auf einem Betonsockel und verfügt über Türen und Fenster. Das Dach mit seiner großen Spannweite besteht aus Hightech-Textilien, die Tragekonstruktion ist ein Netz aus Stahlseilen. Die Kuppel setzt sich aus einem isolierten Innen- und Außengewebe zusammen, die durch Abstandshalter voneinander getrennt sind. Sie wird durch Luftdruck gestützt.
Wenn das Dach aufgeblasen wird, richten sich die Abstandshalter von selbst auf und schaffen einen Hohlraum. Der so entstehende natürliche Luftstrom führt die Sonnenwärme schnell und automatisch ab. Aufgrund seiner zweischichtigen Struktur mit einem inneren und einem äußeren Gewebe und dem 50 Zentimeter großen Hohlraum dazwischen benötigt der Shaded Dome deutlich weniger Energie als andere zeltähnliche Strukturen, um ein angenehmes und gesundes Raumklima zu schaffen.
Mühelose Umgestaltung
Da die aufblasbare Kuppel vollständig durch Luftdruck gestützt wird, hat der Innenraum keine Säulen. Seine gesamten 2.400 Quadratmeter können daher nach Belieben unterteilt werden. An seiner höchsten Stelle ist das Freedom Museum zwölf Meter hoch und hat eine freie Spannweite von 60 Metern. So kann man die Räume des Museums mit Empfang, Museumscafé, Restaurant, Kino, Gedenkraum und Ausstellungsflächen ohne großen Aufwand umgestalten.
Die Experten bei ZJA verfolgen das Ziel, die Qualität der Umwelt sowohl aus ökologischer als auch aus menschlicher Sicht zu verbessern. Immer bestrebt, die Dinge zu sehen und zu entdecken, die dies möglich machen, erforschen sie laufend neue Methoden und Materialien oder gehen relevante Kooperationen ein. Frei nach dem Motto: Bessere Designs bereichern die Gesellschaft. Je raffinierter und sorgfältiger die Lösungen, desto stärker gehen neue Funktionen eine Verbindung mit der Umwelt ein.
Text: Linda Benkö
Fotos: ZJA/Catch Your Moment