Unter dem runden Giebel
Für die Erweiterung des Frammuseums in Oslo setzen Reiulf Ramstad Arkitekter auf ein außergewöhnliches Konzept. Der Neubau Framtid vermittelt zwischen den ausgestellten Schiffsbauten der Vergangenheit und dem klimaneutralen Holzbau von morgen.
Der Name des neuen Traktes ist Programm. Der norwegische Begriff „Framtid“ bedeutet Zukunft, und genau dorthin soll der geplante Neubau das historische Frammuseum auf der Osloer Halbinsel Bygdøy befördern. In eine Zukunft, in der wir uns fürsorglich um unseren Planeten kümmern. Diese Fürsorge für Umwelt und Klima wollten die Architekten von Reiulf Ramstad Arkitekter mit ihrem Entwurf für den konstruktiven Holzbau ausdrücken.
Zwischen Nordpol und Südpol
Das Frammuseum widmet sich der norwegischen Polarforschungsreisen, unter anderem zum Nord- und Südpol. Die Forscher Roald Amundsen, Otto Sverdrup und Fritjof Nansen brachen zwischen 1888 und 1926 zu ihren abenteuerlichen Expeditionen auf. Der erste und älteste Trakt des Museums wurde 1936 eröffnet und beherbergt die Hauptattraktion: das Polarschiff Fram, laut Angaben des Museums „das robusteste Holzschiff der Welt“.
Die Gjøa, mit der Amundsen als Erster die lang gesuchte Nordwestpassage durchfuhr, kann man in einem andern Teil des Museums besichtigen. Das dritte Polarschiff Maud, das 1930 an der arktischen Küste Kanadas gesunken ist, konnte 2018 nach hundert Jahren in ihren norwegischen Heimathafen Vollen zurückkehren, wo sie seither restauriert wird.
Polarforschung und Umweltbildung
Die neue Erweiterung des Frammuseet, wie es auf Norwegisch heißt, soll den Besuchern die Polarforschung näher bringen und zugleich wichtige Umweltaspekte beleuchten. Schließlich sei die Erforschung von Umwelt und Klima immer schon ein wichtiger Teil der Polarexpeditionen gewesen. „So wie die Crews von Fram, Gjøa and Maud werden die Gäste des Museums dazu inspiriert, sich für ihre Umwelt zu interessieren. Sie erhalten aktuelle Informationen über den Klimawandel sowie über nachhaltige Systeme und Technologien“, wie das Architekturbüro erklärt.
So wie die Crews von Fram, Gjøa and Maud werden die Gäste des Museums dazu inspiriert, sich für ihre Umwelt zu interessieren. Sie erhalten aktuelle Informationen über den Klimawandel sowie über nachhaltige Systeme und Technologien.
Reiulf Ramstad Arkitekter, Architekturbüro
Um den ökologischen Fußabdruck des Bauprojektes Framtid möglichst klein zu halten, entschieden sich die Architekten für eine nachhaltige Bauweise in Holz. Ein weitgespannter, stützenfreier Raum, der mit seinem runden Giebel an einen Schiffsrumpf erinnert, soll eine flexible und vielseitige Nutzung ermöglichen. Beton wird laut Entwurf lediglich in den Erschließungsbereichen des Gebäudes zum Einsatz kommen. Das Holz für Konstruktion und Fassadenverkleidung, so wird betont, stamme aus heimischen Wäldern.
Vier Riegel am Wasser
Der Neubau folgt der Topographie des Ortes und passt sich in Position und Grundriss an die bestehenden Museumstrakte an. Das Ensemble besteht fortan aus vier einfachen, langen Kubaturen, die normal zur Wasserkante stehen. Sie sind über unterirdische Passagen oder oberirdische Brücken miteinander verbunden.
Zugang zum Café haben die Besucher auf der nördlichen Fjordseite, wo sich auch die Anlegestelle der Bootsshuttle befindet. Ein Amphitheater, das an die Caféterrasse anschließt, lässt sich flexibel nutzen – entweder als Sitzplatz für Cafébesucher oder als Outdoor-Hörsaal für Schulklassen und große Gruppen.
Als Folge der Erweiterung des Frammuseums wird der Zugang zum Wasser, der sich bislang in privatem Besitz befand, künftig auch für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
Vergangenheit und Zukunft des Holzbaus
Der Ingenieur-Holzbau zeigt an der Nordseite, wo er mit einer Verglasung vom Boden bis zur Decke abschließt, die beeindruckende Fachwerkskonstruktion des geschwungenen Daches. Eine Aussparung in der Zwischendecke schafft ein offenes Raumgefüge und Sichtbezüge zwischen Ausstellungsfläche und Café. Die Öffnung des Gebäudes zum Fjord hin lässt viel Tageslicht ins Innere und schafft weite Ausblicke aufs Meer.
Waren die robusten Polarschiffe der Vergangenheit das Aushängeschild norwegischer Schiffsbaukunst und ein Symbol für den Entdeckergeist des nordischen Volkes, so ist es heute der moderne Holzbau, der eine ähnliche Strahlkraft über die Grenzen des Landes hinaus hat.
Der architektonische Zuwachs des Frammuseums ist ein weiteres Vorzeigeprojekt, das eine klimaneutrale Bauweise mit sehr hohem ästhetischem Anspruch verbindet und den Holzbau der Vergangenheit in die Gegenwart holt. Framtid – die Zukunft – kann kommen.
Text: Gertraud Gerst
Visualisierungen: Reiulf Ramstad Arkitekter