Einer flog über das Kuckucksnest
Aus der Vogelperspektive wird das Objekt wohl an ein Nest erinnern. Allein, unter dem gewobenen Holzdach verbirgt sich der nächste große Wurf von Foster + Partners: der Flughafen CPK in Polen.
Es war im Jahr 1991. Damals titelte die Zeitschrift Architectural Review über den gerade fertiggestellten Flughafen London Stansted: „Flughäfen werden volljährig“. Hintergrund dieser hochtrabenden Formulierung war die Tatsache, dass erstmals ein solcher Bau nicht bloß als Lande- und Startplatz gedacht wurde. Sondern als Schnittstelle, an der sich Menschen finden und verteilen.
Flugplatz als Sammelplatz
Also als Hub, der nicht nur einer Sache dient, sondern den darin befindlichen Personen auch ein gewisses Maß an Lebensgefühl vermittelt. Viel Licht, kurze Wege und die Möglichkeit, Flugzeuge zu beobachten sind heute normal – waren damals aber neu.
Der Mann hinter dieser heute 30 Jahre alten Vision war ein gewisser Norman Foster. Seither hat er nicht nur sein Architektur-Studio Foster + Partners an die Weltspitze geführt, sondern jede Menge anderer Flughäfen auf dem Globus verteilt. Kurz gesagt: Der Mann ist ein wahrer Experte, wenn es ums Landen, Starten und Verreisen geht.
Die fliegen auf Holzbau
Gleichzeitig hat sich sein renommiertes Studio aber längst auch einen Namen beim Thema Nachhaltigkeit und Holzbau gemacht (siehe „Das grünste Büro der Welt?“ und „Auf kleinen grünen Füßen unterwegs“). Kein Wunder also, dass diese beiden großen Themen irgendwann unter einen Hut gebracht werden.
Konkret wird dies nun beim neuen Flughafen CPK passieren, der zwischen Warschau und Łódź in Polen errichtet wird. Soeben wurde verlautet, dass Foster + Partners gemeinsam mit Buro Happold den Architektur-Wettbewerb für sich entscheiden konnten. Ein Mitgrund für den Sieg im Bewerb war gewiss die allumfassende Lösung, die mit diesem Konzept nun vorliegt.
Flughafen CPK als Knotenpunkt
Das Projekt ist als Verkehrsknotenpunkt des 21. Jahrhunderts geplant, der Luft, Schiene und Straße miteinander verbindet. Gleichzeitig strebt der Entwurf allerdings auch ein zeitgemäßes und teilweise gar visionäres Gleichgewicht zwischen betrieblicher Effizienz, ökologischer Verantwortung und einem symbolischen Ausdruck an. Dieser soll die nationale Identität des Landes widerspiegeln.
Aber was heißt das nun konkret? Im Mittelpunkt des Entwurfs für den Flughafen CPK steht ein großer Umsteigeplatz. Dieser ist wie eine Art Parkanlage angelegt. Er besticht durch einladende Grünflächen und wird dank viel natürlichem Licht quasi zum Leben erweckt.
Nachhaltige Reisen sollen locken
Er ist aber nicht nur eine architektonische Begegnungszone, sondern auch die logistisch relevante: Hier finden Luft, Schiene und Straße zusammen. „Als zentraler Punkt im Organisationsschema schafft dieser Platz effiziente und leicht zu navigierende Verbindungen und ermutigt so die Passagiere, sich für nachhaltige Reisemittel zu entscheiden“, sagen die Architekten.
Dach als Zentralgestirn
An diesem lebendigen Ort würden sich die Menschen versammeln, bevor sie weiterreisen. Oder sie nehmen hier Gäste in Empfang, um sie in die Stadt zu geleiten. Spannend: Das auf den ersten Blick schon spektakulär anmutende Dach wird an dieser Stelle wahrlich zum Zentralgestirn des Flughafens. Durchgehend gewölbt und wie aus Holz gewoben, soll es die Passagiere mit seinen organischen Windungen intuitiv von der Plaza zu den Flugzeugen lenken.
Ein Nest aus Holz
Wie ein hölzernes Nest, von dem sich die Menschen in alle Windrichtung verteilen. Ein sichtbarer, aber nicht merklicher Wegweiser soll es sein, so lautet das Ziel. Das dürfte vor allem deshalb funktionieren, weil das gesamte Objekt nur minimale Höhenunterschiede aufweist und die Passagiere somit bloß auf zwei statt drei Achsen gelenkt werden müssen. Sie also kaum Stockwerke wechseln müssen, sondern stets auf einer Ebene von A nach B gelangen.
Wir glauben, dass dieses Projekt das Reisen im ganzen Land und darüber hinaus völlig revolutionieren wird. Die Vision der gewebten architektonischen Form ist bewusst und stark ausgeprägt.
Grant Brooker, Leiter des Studios Foster + Partners
Zudem gelingt es den Architekten von fast jeder Stelle des Flughafens CPK eine visuelle Verbindung zur umgebenden Landschaft herzustellen. Das hilft zusätzlich bei der intuitiven Orientierung. Grant Brooker, Leiter des Studios Foster + Partners ist jedenfalls von dem Konzept selbst überzeugt.
Er sagt: „Wir glauben, dass dieses Projekt das Reisen im ganzen Land und darüber hinaus völlig revolutionieren wird. Die Vision der gewebten architektonischen Form ist bewusst und stark ausgeprägt. Sie könnte das Gebäude formen und die Passagiere durch die Räume leiten, während sie gleichzeitig als kraftvoller symbolischer Verweis auf das reiche kulturelle Erbe Polens und die vereinte Stärke seines Volkes dient.“
Der Baustart soll demnächst erfolgen – bis 2028 soll der Flughafen eröffnet werden. Das sei, so die lokalen Betreiber, auch dringend nötig. Schließlich würde der bestehende Warschauer Chopin Airport kein Wachstum mehr verkraften.
Flughafen CPK mit großer Zukunft
Ein Problem, das mit dem neuen Flughafen CPK längerfristig gelöst sein sollte: Zunächst startet dieser mit einer Kapazität von 40 Millionen Reisenden. Bis 2060 soll sie auf 65 Millionen ansteigen. Zum Vergleich: Frankfurt hat aktuell eine Kapazität von 70 Millionen …
Text: Johannes Stühlinger
Bilder: Foster + Partners