Eine Feuerwache aus Holz
Holzgebäude sind im Brandfall nicht so sicher? In einer kleinen Stadt in der Nähe von Hamburg findet man den Gegenbeweis: die Feuerwache Reinbek, die – trotz Widerstände – aus Holz gebaut wurde.
Wer denkt, moderne Holzgebäude würden leichter brennen als herkömmliche Bauten, der ist auf dem Holzweg. Zum einen, weil die Brandschutzbestimmungen im mehrgeschossigen Holzbau dieselben sind wie bei herkömmlichen Bauweisen. Zum anderen, weil Holz im Brandfall eine Verkohlungsschicht bildet, die den Kern eines Bauelements lange Zeit vor dem Durchbrennen schützt. Und trotzdem ist es eines der Vorurteile über den Holzbau, das sich mit großer Hartnäckigkeit hält. In Reinbek bei Hamburg steht seit kurzem das beste Argument, um es ein für alle mal zu entkräften: eine neu erbaute Feuerwache aus Holz.
Fragt man nämlich Feuerwehrleute, ob sie lieber in ein brennendes Haus aus Beton und Stahl oder in ein brennendes Holzhaus gehen, dann ist die Entscheidung klar. Durch die erwähnte Selbstschutzfunktion des Holzes lässt sich sein Abbrennen nämlich besser abschätzen als das von herkömmlichen Baustoffen. Daher gelten Holzhäuser unter Feuerwehrleuten auch als besonders sicher.
Dass es dennoch eine besondere Herausforderung war, ausgerechnet eine Feuerwehrstation aus Holz zu bauen, das kann Bauherrin und Architektin Kathrin Zur-Lage bestätigen. In der Wettbewerbsphase hieß es: „Seid ihr verrückt, ihr könnt doch eine Feuerwehr nicht aus Holz bauen!“ Yes, we can!, bewies das Team um die Städtebaubeauftragte des Bezirksamts Hamburg Eimsbüttel, als man den Neubau 2023 feierlich eröffnete.
Mittlerweile sind natürlich alle Seiten sehr stolz auf das Projekt. Nicht zuletzt auch wegen des Holzbaupreises Schleswig-Holstein/Hamburg, mit dem das Projekt 2024 ausgezeichnet wurde.
Holztragwerk auf massivem Sockel
Auch wenn es von außen nicht den Anschein hat, basiert das neue Gebäude der Freiwilligen Feuerwehr von Reinbek auf einem Holztragwerk, das auf einem Stahlbetonsockel ruht. Bei den Dachüberständen und im Inneren des Neubaus ist das Holz allerdings nicht zu übersehen. „Sichtbar belassene Stützen und Träger aus Brettschichtholz sowie Wandelemente und Decken aus Brettsperrholz prägen den Innenraum und machen das Gebäude als Holzbau erlebbar“, erklären die Architekten des Berliner Büros Rimpau Bauer Derveaux ihren Entwurf.
Sichtbar belassene Stützen und Träger aus Brettschichtholz sowie Wandelemente und Decken aus Brettsperrholz prägen den Innenraum und machen das Gebäude als Holzbau erlebbar.
Rimpau Bauer Derveaux, Architekturbüro
Das rechteckige Grundstück ist in zwei versetzt angeordnete L-förmige Baukörper gegliedert. Den Außenflächen, die sich dabei ergeben, hat man unterschiedlich zoniert – in Vorplatz, Alarmplatz, Anlieferhof und Parkplatz. Damit die großen Eichen entlang der Erschließungsstraße allesamt stehen bleiben konnten, wurde die Ein- und Ausfahrt entsprechend angelegt.
Der beiden Volumina mit einer Bruttogrundfläche von 3.600 Quadratmetern sind von ihrer Funktion her klar getrennt. Im westlichen Bauteil befindet sich die Fahrzeughalle, die zwölf Stellplätze, Werkstatt, Waschhalle und Lager umfasst. Der östliche Bereich ist zweigeschossig und beherbergt den Verwaltungstrakt sowie die Aufenthalts- und Schulungsbereiche.
Holz verkürzt die Bauzeit
Da die Lasten der beiden Bauteile unterschiedlich hoch sind, hat man auch die Bauweise entsprechend angepasst. Während die Wände im westlichen Bauteil aus massivem Brettsperrholz bestehen, setzte man im östlichen auf die Holzrahmenbauweise. Die Dachkonstruktion zieht sich über das gesamte Gebäude, durchbrochen lediglich von den Oberlichtern.
„Die massiven Träger aus Brettschichtholz rhythmisieren den weitläufigen Raum und tragen das markante auskragende Vordach“, heißt es vonseiten des Architekturbüros.
Die massiven Träger aus Brettschichtholz rhythmisieren den weitläufigen Raum und tragen das markante auskragende Vordach.
Rimpau Bauer Derveaux, Architekturbüro
Ein weiteres Vorurteil, das man in Zusammenhang mit dem Holzbau manchmal hört, ist, dass das Bauen aufwändiger und zeitintensiver sei. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall.
Die kurze Bauzeit zählt zu den großen Vorteilen des modernen Holzbaus. Die einzelnen Bauteile werden entsprechend dem digitalen Zwilling millimetergenau vorgefertigt, sodass sie auf der Baustelle rasch montiert werden können. So auch im Fall der Reinbeker Feuerwehrzentrale.
Freiwillig und klimafreundlich
Wenn sich die gläsernen Falttore öffnen und die Fahrzeuge zum Einsatz ausrücken, dann geschieht dies künftig nicht nur zum Wohl von Mensch und Tier, sondern auch mit Rücksicht auf die Umwelt.
Denn das Bauen mit Holz ist ein klares Bekenntnis zu den Klimazielen, die in der Baubranche und im Gebäudesektor von zentraler Bedeutung sind. Immerhin verursachen sie laut einem Bericht der Vereinten Nationen 38 Prozent der globalen CO2-Emissionen.
Mit der neuen Feuerwache geht man mit gutem Beispiel voran. Von den Architekten heißt es dazu: „Durch den Einsatz von überwiegend natürlichen und recyclebaren Materialien, ein extensives Gründach, Regenwasserrückhaltung sowie eine ressourcensparende Gebäudetechnik möchte das Gebäude eine Vorreiterrolle für Nachhaltigkeit in Reinbek einnehmen.“
Text: Gertraud Gerst
Fotos: David Hiepler