Eine Wohnyacht steht auf (Bild: Waterstudio / Arkup)
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Eine Wohnyacht steht auf

Im Eigenheim autark über die Wasser schippern, es aber jederzeit stabil „abstellen“ können? Mit der Wohnyacht „Arkup“ ist das machbar. Ein umweltfreundliches Projekt des niederländischen Büros Waterstudio, das die Folgen des Klimawandels im Auge hat. 

Architekt Koen Olthuis ist ein höchst kreativer Kopf. Auf schwimmende Bauten spezialisiert, überrascht der Gründer des Büros Waterstudio immer wieder mit faszinierenden Projekten. Als Mitglied der Flood Resilience Group UNESCO-IHE sucht er Lösungen für Probleme, die der Klimawandel mit sich bringt. Steigende Meeresspiegel, Wetter-Extreme, Überflutungen: Olthuis‘ Konzepte zielen darauf ab, Gefahren zu bannen. Ohne weiteren Umweltschaden, aber mit optimaler Lebensqualität. Seine Wohnyacht „Arkup“ zählt zwar nicht zu jenen Projekten, mit denen der Architekt Slum-Bedingungen großer Küstenstädte verbessern will. Doch die Idee komfortabler „Hausboote“, die im Wasser „aufstehen“ können, ist fraglos famos.

Vor Flut und Sturm gefeit

Häuser auf Stelzen kennt man ja aus ufernahen Zonen in aller Welt. Eine Wohnyacht, die Stelzen ausfahren kann, gab es bisher allerdings nicht. Waterstudios „Arkup 75“ kann’s. Und wird damit flugs zum stabilen Haus, das hohem Wellengang und Stürmen trotzt. Die Konstruktion gilt immerhin als „Hurrikan Kategorie vier“ resistent. Dies entspricht Windstärken von 155 Meilen pro Stunde (249,448 km/h). 

Eine Wohnyacht steht auf (Bild: Waterstudio / Arkup)

Seinen Namen hat das geniale Wasser-Domizil vom Unternehmen „Arkup – Avantgarde Life on Water“, mit dem Olthuis beim Entwurf kooperierte. Mit rund 1.375,000 US-Dollar für Viertel-Miteigentümerschaft ist die Wohnyacht nicht eben günstig. Wer sie für sich alleine haben will, muss stolze fünf Millionen hinblättern. Fürs fertig ausgestattete Wasser-Eigenheim, versteht sich.

Der Betrieb des „Hausboots“ hingegen spare sogar Geld, betonen die Konstrukteure: „Dank Regenwassernutzung und Solarstromerzeugung fallen keine Stromrechnungen mehr an“.

Mit Regenwasser und Sonnenkraft

Auf dem Dach der Wohnyacht sammeln 223 Quadratmeter Solarpaneele Sonnenkraft. Die erzeugte Energie reicht aus, um netzunabhängig zu leben. Regen wird auf dem Dach gesammelt, im Rumpf gespeichert und gereinigt. Dadurch sollen „Arkup“-Bewohner auch in Sachen Frischwasser volle Autonomie genießen.

Die ausfahrbare Extra-Terrasse der Wohnyacht sorgt für mehr Outdoor-Genuss. (Bild: Waterstudio / Arkup)
Eine ausfahrbare Extra-Terrasse sorgt für mehr Outdoor-Genuss …

Solarpaneele auf dem Dach der Wohnyacht liefern saubere Energie. (Bild: Waterstudio / Arkup)
… und Solarpaneele auf dem Dach liefern saubere Energie.

Darauf, dass das schwimmende Zuhause nachhaltig und zukunftssicher ist, legt Olthuis größten Wert. So gehören auch LED-Beleuchtung und energie-rückgewinnende Belüftung zur Ausstattung. Ebenso, wie smarte Haustechnik. Die Wohnyacht soll autarkes Leben auf dem Wasser möglich machen. Emissionsfrei und ohne zusätzlichen Treibstoffbedarf.

Halb Boot, halb Haus

Natürlich sind Wellengang und Wetterextreme ein wichtiges Thema. Dabei kommt die erwähnte Stelzen-Technologie zum Tragen. „Arkup“ kann sich nicht nur nach Belieben in urbanen Häfen oder fernen Buchten niederlassen. Die Wohnyacht kann auch fast überall „aufstehen“, wenn der Seegang zu heftig wird. Denn das 23 Meter lange „Bootshaus“ verfügt über vier zwölf Meter lange Stahlkolben. Voll ausgefahren reichen diese bis zu siebeneinhalb Meter in die Tiefe. Und sie sorgen für eine solide Basis. Dann logieren die Bewohner fest und trocken bis zu drei Meter überm Wasserspiegel.

Luxus und freie „Platzwahl“ auf dem Wasser: Die autarke Wohnyacht „Arkup“ macht's möglich. (Bild: Waterstudio / Arkup)
Luxus und freie „Platzwahl“ auf dem Wasser: Die autarke Wohnyacht „Arkup“ macht’s möglich.

Durch die hydraulische Hebefunktion sind Sturmfluten und Überschwemmungen kein Thema mehr. Das eigens für die Wohnyacht entwickelte Hybrid-System erlaubt schwimmende Bewegung, halbe Tragung am Dock sowie festen Stand überm Wasser. 

Mobil und sicher

Für sicheres Wohnen auf „Arkup“ ist ebenso gesorgt. Unter anderem mit Wasserleck-Detektoren, Rauchmeldern und Sprinkleranlagen. Auch Notfall-Wechselrichter und Bilgepumpen sind an Bord. Video-Überwachung gibt es obendrein.

Die Wohnyacht entspricht den Sicherheits- und Baunormen der US-Küstenwache. Mit ihren 272 PS erreicht sie fünf Knoten Höchstgeschwindigkeit. Ihre tägliche Reichweite wird mit acht bis 20 Seemeilen (37 Kilometer) angegeben.

Bleiben oder weiterziehen: „Arkup“-Bewohner haben die Wahl.  (Bild: Waterstudio / Arkup)
Bleiben oder weiterziehen: „Arkup“-Bewohner haben die Wahl.

Die Wohnyacht kann in Häfen, aber auch fernab von Städten ankern. (Bild: Waterstudio / Arkup)
Die Wohnyacht kann in Häfen, aber auch fernab von Städten ankern.

Was Wohnkomfort betrifft, wartet „Arkup“ mit gediegenem Luxus auf. Geräumiges Foyer, 72 Quadratmeter großes Wohnzimmer und offene Miele-Küche bieten Behaglichkeit. Für Outdoor-Genuss garantiert eine 67 Quadratmeter große feste Terrasse mit Außenküche. Und eine ausfahrbare Extra-Plattform gibt’s auch.

Wohnyacht mit Penthouse-Feeling

Auf dem Oberdeck finden sich Hauptschlafzimmer und Gästewohnbereich. Natürlich jeweils mit Bad und Terrasse. Gesamtwohnfläche: 404 Quadratmeter. Riesige Fenster und über zweieinhalb Meter Raumhöhe lassen die Wohnyacht wie ein nobles City-Apartment wirken.

Eine Wohnyacht steht auf. (Bild: Waterstudio / Arkup)

Eine Wohnyacht steht auf. (Bild: Waterstudio / Arkup)

Der Rumpf beherbergt separate technische Räume für die hydraulischen, elektrischen und wasserbezogenen Anlagen sowie einen Lagerraum. Und so lang genug Sonnenenergie zur Verfügung steht, könnte „Arkup“ unbegrenzt übers Wasser reisen. Wobei: Es ließe sich auch bestens auf der Wohnyacht leben, wenn sie dauerhaft vor Anker liegt. Schließlich ist ihr Erfinder Olthuis ein Verfechter zukunftsorientierter Stadterweiterung auf Wasser. 

Eine Wohnyacht steht auf. (Bild: Waterstudio / Arkup)

Eine Wohnyacht steht auf. (Bild: Waterstudio / Arkup)

Der Architekt ist überzeugt, dass Urbanisierung, Wohnungsnot und steigende Meeresspiegel schwimmende „Apps“ notwendig machen werden. Vom Wasser bedrohte Küstenmetropolen sollten, so der Waterstudio-Chef, vorausdenken und wasserbasierte Entwicklungen nützen. Damit könne für Lebensqualität gesorgt und zugleich Umweltschutz betrieben werden.

Eine Wohnyacht steht auf. (Bild: Waterstudio / Arkup)

Eine Wohnyacht steht auf. (Bild: Waterstudio / Arkup)

Olthuis‘ Entwürfe demonstrieren, wie dies machbar wäre. Von der bereits erhältlichen Wohnyacht bis zur Vision einer Naturpark-Insel, die der Erhaltung der Artenvielfalt dient. Und von schwimmenden „Apps“, die Sanitär- und Wohnprobleme von Elendsvierteln lösen könnten, bis zu Bürobauten auf Wasser.

Eine Wohnyacht steht auf. (Bild: Waterstudio / Arkup)

Eine Wohnyacht steht auf. (Bild: Waterstudio / Arkup)

Auch andere visionäre Architekten wie Luca Curci, Gianluca Santosuosso, Bjarke Ingels oder Vincent Callebaut setzen bei neuen Projekten aufs nasse Element. Manche sogar auf dessen Tiefen, wie etwa mit der Meeresforschungsstation Proteus: Wissenschafter sollen dort nicht nur arbeiten, sondern unter Wasser wohnen und sich selbst versorgen können. 

Zukunft auf dem Wasser

Der niederländische Aqua-Architekt Olthuis bringt die Gründe dieses Trends klar auf den Punkt: „Prognosen gehen davon aus, dass bis 2050 etwa 70 Prozent der Weltbevölkerung in urbanisierten Gebieten leben werden“. Etwa 90 Prozent der größten Städte der Welt liegen an Ufern. Deshalb müsse „die Art, wie wir mit Wasser in der bebauten Umwelt leben, neu überdacht werden“. 

Die Wohnyacht ist nur ein Beispiel für schwimmende Architektur, die Zukunftsprobleme lösen soll. (Bild: Waterstudio / Arkup)

Die Unvorhersehbarkeit künftiger Entwicklungen und Bedürfnisse verlange flexible Strategien. Olthuis nennt dies „Planung für den Wandel“: „Meine Vision ist, dass schwimmende Großprojekte in städtischer Umgebung eine greifbare, flexible und nachhaltige Lösung für diese Probleme bieten“. Die Wohnyacht „Arkup“ ist ein kleiner, glitzernder Baustein im Mosaik der vielen Ideen, die dazu beitragen sollen.

Text: Elisabeth Schneyder
Bilder: Waterstudio / Arkup

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