Ein Hoch auf den Holzweg!
Der Baustoff Holz erlebt dank Nachhaltigkeits-Debatte einen Höhenflug. Vor allem in Norwegen: Hier wurde kürzlich das höchste hölzerne Hochhaus der Welt eröffnet.
Dass Holz einer der ältesten Baustoffe der Menschheit ist, liegt auf der Hand: Schon in der Steinzeit wurden erste Pfahlbauten aus Holz gezimmert. Allerdings hat die Angst vor Feuer dazu geführt, dass gerade in den vergangenen Jahrhunderten Holz als Werkstoff immer mehr ins Hintertreffen geriet. Doch nun sieht es ganz danach aus, als würde das Pendel erneut in die entgegensetzte Richtung ausschlagen.
Holz als sicherer Baustoff
Im Zuge der Nachhaltigkeits-Debatte erlebt der natürliche Rohstoff nämlich eine plötzliche Renaissance! Schließlich kann Holz ohne großen Aufwand reproduziert werden. Freilich nur, wenn man nicht wahllos Wälder rodet sondern im Rahmen der modernen Forstwirtschaft agiert, was im Rahmen der EU als gesichert gilt. Außerdem öffnen wieder- oder neuentdeckte Methoden effiziente Möglichkeiten, um Holz gegen Wetter, Zeit und vor allem Feuer extrem widerstandsfähig zu machen.
Apropos Feuer: Brandschutztechnisch hält ein massiver Holzbalken oder ein Brettschichtverbundstoff sowie Leimbinder von einem adäquaten Durchmesser einem Brand ebenso Stand, wie vergleichbare Stahlbetongewerke! Eine Besonderheit im Brandverhalten sorgt sogar dafür, dass Holz auch während und nach dem Brand seine Stabilität beibehält: Dieser Baustoff bildet bei der Exposition durch Feuer eine schützende Kohleschicht. So kann das Feuer nur die äußere Schicht des Materials angreifen. Der Luftabschluss durch die außenseitige Kohlebildung, sowie die Dichte des Materials und die stabile Kerntemperatur verhindern das Durchbrennen und damit einhergehend einen Einsturz.
Das Resultat dieser Entwicklung und der neuen Erkenntnisse kann sich inzwischen weltweit sehen lassen: In vielen modernen Ländern schießen hölzerne Hochhäuser aus dem Boden! Ganz vorn dabei ist natürlich ein Land, das in gesellschaftlichen Entwicklungen gern die Nase vorn hat – und auch über besonders viel Holz verfügt: Norwegen. Hier wurde kürzlich das höchste hölzerne Hochhaus der Welt eröffnet – das Mjøstårnet.
Lego für Erwachsene
85,4 Meter und somit 18 Stockwerke hoch, 10.500 Quadratmeter Nutzfläche – so die Eckdaten dieses monumentalen Bauwerks, dessen hölzerner Rohstoff aus der Region kommt. Außerdem kam eine gänzlich neue Montagetechnologie zum Tragen: Es wurden die fertig bearbeiteten Holzbalken ohne jegliche Versuchsanordnung direkt zur Baustelle transportiert, um dort millimetergenau eingesetzt zu werden. Dafür sei auf die Spitze getriebene Genauigkeit notwendig, erklärt Rune Abrahamsen, Direktor der zuständigen Baumfirma Moelven Limtre. Es gebe keinen Spielraum für Fehler in der Baugruppe, die im Grunde Lego für Erwachsene spielen würde.
So war es jedoch möglich, die mehrere hundert Brettschichtholzbalken innerhalb von nur zehn Monaten zu verbauen. Und so wuchs das Mjøstårnet in Brumunddal in Windeseile gen Himmel: “Es ist ein unglaubliches Gefühl zuzusehen, wie fast 20 Meter des Gebäudes in einem Zug hochgezogen werden. Sowohl das Gebäude als auch unser Stolz wachsen im Tandem zusammen“, zeigte sich Montageleiter Lars Ivar Lindberg bei der Erföffnung stolz.
Nun hat auch schon Leben Einzug gehalten: Ein Teil der Nutzflächen wird privat bewohnt, ein anderer bietet Raum für Büros. Außerdem ist ein Hotel untergebracht, Restaurants ebenso und sogar eine 4.700 Quadratmeter große Schwimmhalle.
Doch was uns heute als Großtat erscheint, könnte schon bald gegen ein anderes Projekt verblassen: In Tokio wird gerade an der Planung des sogenannten Plyscraper W350 gearbeitet. Zum 350. Firmenjubiläum will sich hier der Holzbaustoff-Gigant Sumitomo Forestry ein 350 Meter hohes Firmendenkmal aus Holz setzen. Die Fertigstellung ist 2041 geplant …
Text: Johannes Stühlinger
Bilder: 2019 Melven Industrier ASA & Sumitomo Forestry Co., Ltd.
DAS KANN DER BAUSTOFF HOLZ!
1. Holz schützt das Klima
Holzbauten verlängern den Kohlenstoffspeicher aus dem Wald. Jeder Kubikmeter verbautes Holz bindet eine Tonne CO2 langfristig. Jeder gefällte Baum schafft Platz für neue Bäume, die der Luft wiederum aktiv CO2 entziehen. Jedes Haus aus Holz trägt dazu bei, dass CO2-Emissionen aus der Herstellung anderer CO2-intensiver Baustoffe wie Beton oder Stahl vermieden werden.
2. Holz wächst nach
Während andere Rohstoffe, die zum Bauen benötigt werden, immer knapper werden, wächst Holz laufend nach. In Österreichs Wäldern entsteht jede Sekunde ein Kubikmeter Holz. Das seit 300 Jahren gelebte Prinzip der Nachhaltigkeit stellt sicher, dass immer genug Holz vorhanden ist. Ein Drittel des jährlichen Holzzuwachses in Österreich würde bereits genügen, um das gesamte Hochbauvolumen eines Jahres in Holz zu errichten.
3. Holz ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor
Holz stofflich zu nutzen – also z.B. als Baustoff – und nicht gleich zu verheizen, erhöht die Wertschöpfung, die mit dem heimischen Rohstoff erzielt werden kann. 300.000 Menschen leben in Österreich von Wald & Holz. Die Forst- und Holzwirtschaft zählt zu den größten Arbeitgebern des Landes und schafft Arbeitsplätze vor allem in ländlichen Regionen.
4. Holz ist ein hochentwickelter Baustoff
Intensive Forschung und Entwicklung haben in den letzten Jahren neue Holzwerkstoffe hervorgebracht, die neue Bauweisen erlauben. Brettsperrholz – ein flächiges Holzprodukt aus mehreren kreuzweise übereinandergelegten und miteinander verleimten Holzlagen – hat den Holzbau revolutioniert und ist der Schlüssel zum Einsatz von Holz beim vielgeschossigen Bauen. Die massive Holzplatte kann wie eine Stahlbetonplatte eingesetzt werden.
5. Holz bringt Vielfalt in der Gestaltung
Computerbasierte Berechnungs- und Fertigungsmethoden erlauben völlig neue Formen der Gestaltung. Von weit gespannten Tragwerken bis zu Hochhäusern ist alles möglich. Immer mehr renommierte Architekten wie Shigeru Ban oder Norman Foster nutzen das Potential des Holzbaus. Das wahrscheinlich älteste Konstruktionsmaterial der Menschheitsgeschichte wird gerade zum Inbegriff moderner Architektur und Baukunst.
6. Holz eignet sich besonders für die Vorfertigung
Bauen mit Holz findet weniger auf der Baustelle, sondern vielmehr in der Produktionshalle statt. Wände, Decken oder sogar ganze Zimmer aus Holz werden präzise und witterungsunabhängig im Werk vorgefertigt. Die fertigen Gebäudeteile werden zur Baustelle transportiert und zusammengesetzt. Der Bau erfolgt lärm- und störungsarm. Die Gebäude sind in kürzester Zeit errichtet. Austrocknungszeiten wie beim Stahlbeton gibt es nicht.
7. Holz trägt ein Vielfaches seines Gewichts
Holz hat eine hohe Tragfähigkeit bei geringem Eigengewicht. Das bedeutet, dass Bauteile aus Holz leichter sind als gleichwertige aus Beton, Stahl oder Ziegel. Holzbauten brauchen dadurch kleinere Fundamente, was Platz und Kosten spart. Gebäudeaufstockungen sind aus statischen Gründen oft nur mit dem leichten Baustoff Holz möglich. Holz bietet dadurch einen entscheidenden Vorteil, wenn es um die Nachverdichtung in Städten geht.
8. Holz brennt sicher
Holz kann brennen, dennoch sind Holzhäuser mindestens so sicher wie Häuser aus anderen Materialien. Wie alle anderen Bauten müssen Holzbauten die behördlichen Sicherheitsbestimmungen erfüllen. Wenn es zu einem Brand kommt, ist das Brandverhalten von Holz im Gegensatz zu anderen Baustoffen gut berechenbar und kontrollierbar. Holz brennt langsam ab. Unter der verkohlten Schicht bleibt es unbeschädigt, die Tragfähigkeit bleibt lange erhalten.
9. Holz fühlt sich gut an
Holz riecht gut, fühlt sich gut an und sorgt für eine angenehme Atmosphäre. Es ist ein warmer Baustoff, der dem menschlichen Körper keine Wärme entzieht. Holz kann Feuchtigkeit aufnehmen und abgeben und sorgt damit für ein natürlich reguliertes Raumklima.
10. Holz macht keinen Abfall
Holzhäuser können am Ende ihrer Lebensdauer einfach rückgebaut werden. Einzelne Bauteile können wiederverwertet werden. Was nicht mehr gebraucht wird, kann verbrannt werden. Dabei wird der beim Wachstum der Bäume gespeicherte Kohlenstoff wieder frei und der CO2-Kreislauf schließt sich.
Quelle: Holz ist genial