BookingComCampus
#architektur

Die neue Kuschelburg der Hotelgurus

Die Reiseplattform Booking.com bezieht in Amsterdam ihr neues Headquarter. Der Campus ist Teil eines der größten innerstädtischen Entwicklungs-Projekte Europas.

Insgesamt 11.000 Pflanzen – inklusive sieben Bäumen – sorgen für den grünen Anstrich, vor allem aber auch für ein frisches Raumklima. Das zentrale Atrium zieht sich über acht Stockwerke. Und in der riesigen Tiefgarage mit 27.000 Quadratmetern Fläche stehen unter anderem 2.500 Radabstellplätze für die Mitarbeiter:innen zur Verfügung. Die neue Konzernzentrale der Hotelbuchungs-Plattform Booking.com beeindruckt mit atemberaubenden Zahlen und imposanter Architektur.

Das Dorf auf der Insel

Im Herzen von Amsterdam gelegen, sehen die Konzern-Lenker das neue, internationale Headquarter als „Dorf für 6.500 Menschen“. Der Campus an der Spitze der Halbinsel Oosterdokseiland und unmittelbar in der Nähe des Hauptbahnhofes gelegen, soll ein lebendiger Ort sein, „an dem sich Menschen treffen, gemeinsam leben und arbeiten, sich gegenseitig inspirieren und ihre Freizeit genießen können“.

BookingCom Campus
Querschnitt durch das Amsterdamer Headquarter von Booking.com mit der riesigen Halle und der Tiefgarage.

Der Booking.com-Campus mit seinen 65.000 Quadratmetern ist Teil eines der aktuell größten innerstädtischen Bauprojekte Westeuropas, das sich insgesamt über nicht weniger als 225.000 Quadratmeter erstreckt. Der Entwurf des Amsterdamer Architekturbüros UNStudio unter Federführung von Ben van Berkel sieht eine gemeinschaftliche Nutzung einzelner Teilbereiche durch unterschiedliche Gruppen von Menschen vor.

Finale eines Stadtentwicklungsprojekts

Oosterdokseiland, auch Bahnhofsinsel genannt, sollte durch den Campus ein noch lebendigerer Stadtteil werden und für alle Menschen frei zugänglich bleiben. Die Halbinsel hatte sich in den vergangenen Jahren zu einem dynamischen Ort und einem der belebtesten Viertel Amsterdams entwickelt. Die Übergabe des City Campus an Booking.com stellt nach 22 Jahren auch den Schlusspunkt bei der Entwicklung dieses innerstädtischen Quartiers dar.

Bestimmendes Thema bei der Planung war nach Angaben der Bauherrenschaft BPD Bouwfonds Gebiedsontwikkeling Amsterdam das Wohlbefinden und die Gesundheit der Menschen. Campus und Gebäude sollen sowohl den Einwohner:innen Amsterdams, den Bewohner der auf dem Campus angesiedelten Appartements und natürlich auch den Mitarbeiter:innen von Booking.com ein positives Umfeld bieten, anderseits aber auch den völlig unterschiedlichen Bedürfnisse der einzelnen Gruppen gerecht werden. Das Spektrum reicht dabei vom Arbeiten über den Kontakt zu und dem Austausch mit anderen Menschen bis hin zu Erholung und Freizeitaktivitäten.

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Der Campus und die Halbinsel als Freizeitareal.

Neben den Büros befinden sich auf dem Booking.com-Campus auch insgesamt 28 Gemeinschaftsräume und öffentlich zugängige Ruhezonen sowie Tagungsräume für Workshops und ein Veranstaltungsraum für ein vorwiegend allgemein zugängiges Programm.

Das Gesamtdesign des Campus ist auf die funktionale, transparente und vernetzte Arbeitsweise bei Booking.com ausgelegt. Wie wir in Zukunft arbeiten und leben, stellt nicht nur für den Tech-Konzern ein zentrales Thema dar, sondern soll auch auf dem Campus stets präsent sein. Dessen Design und Layout werden daher auch künftig ständig optimiert, um flexibles, hybrides Arbeiten zu fördern. Dabei liegt der Fokus auf den Wegen, die Menschen zwischen ihrem Zuhause und dem Büro sowie für diverse Erledigungen wie Einkäufe nutzen, und der Zeit, die sie dort verbringen.

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Schematische Darstellung wie sich die Aktivitäten in und um den Campus entwickeln sollen. © UNStudio

„Wir wollten ein Gebäude schaffen, das als ,Rekrutierungsmaschine‘ fungieren kann. Der Schwerpunkt unserer Planung lag darauf, den Bedürfnissen und Verhaltensweisen der Mitarbeiter von Booking.com gerecht zu werden, von jenem Moment an, an dem sie am Morgen das Gebäude betreten, bis zum Ende ihres Arbeitstages und allen Aktivitäten dazwischen“, erklärt Ben van Berkel, Gründer von UNStudio und leitender Architekt bei der Planung des Campus.

Das multidisziplinäre Amsterdamer Planungs- und Architekturbüro HofmanDujardin zeichnet für den Masterplan der Innenarchitektur verantwortlich. An dessen Realisierung waren zudem CBRE Design Collective, i29 interior architects, Linehouse und Studio Modijefsky sowie natürlich auch UNStudio beteiligt.

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Der City Campus in Amsterdam soll auch ein Statement zur Arbeitswelt der Zukunft sein.

Das Ambiente soll sich positiv auf die physische und geistige Fitness der Mitarbeiter:innen auswirken, den zwischenmenschlichen Austausch und das soziale Arbeitsklima fördern. Außerdem soll die Gestaltung des gesamten Gebäudes und der Innenarchitektur die Mitarbeiter:innen anregen, sich zu bewegen.

„Wir sind wirklich begeistert, dieses atemberaubende, nachhaltige und integrative neue Gebäude im Herzen Amsterdams beziehen zu dürfen. Mitten in der Stadt, die wir seit mehr als 25 Jahren unser Zuhause nennen“, meint Arjan Dijk, Senior Vice President und CMO von Booking.com.

BookingCom Campus

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Wir sind wirklich begeistert, dieses atemberaubende, nachhaltige und integrative neue Gebäude im Herzen Amsterdams beziehen zu dürfen.

Arjan Dijk, Senior Vice President und CMO von Booking.com

Aber auch soziales Engagement ist Booking.com am neuen Standort wichtig. Für den Betrieb eines Restaurants in offener Bauweise und die Betreuung der rund 1.500 Quadratmeter großen Freifläche im Erdgeschoss wurden die NGO Refugee Company und TechGrounds als Partner an Bord geholt.

Die Refugee Company beschäftigt Menschen, denen der Zugang zum regulären Arbeitsmarkt verwehrt bleibt und hat unter dem Titel A Beautiful Mess ein eigenes Gastronomiekonzept entwickelt. Ein 900 Quadratmeter großes Restaurant unter dieser Marke ist in Planung und soll das gastronomische Aushängeschild des Campus werden.

TechGrounds bietet unter anderem Technik-Schulungen für Frauen an, die am freien Arbeitsmarkt keinen Zugang zu einem technischen Beruf erhalten. Auch Berufsberatung, Workshops, IT-Schulungen und andere Kurse, beispielsweise für arbeitslose Menschen, gehören zum Angebot. Mit beiden Organisationen arbeitet Booking.com bereits seit mehreren Jahren zusammen.

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Bars, Restaurants und allgemeine zugängige Zonen gehören zum Konzept des Campus auf Oosterdokseiland. Immer wieder tauchen im gesamten Gebäude die charakteristischen Y-Stützen auf.

Teil des neuen Booking.com-Campus ist auch ein eigenes Wohngebäude, dessen Entwurf sich an den alten Hafengebäuden in Amsterdam orientiert. Auch die Positionierung auf dem Gelände ist optimiert, um beste Ausblicke über den Fluss und auf die Stadt zu ermöglichen. Dieses Gefühl des frei schweifenden Blicks wird durch den Einsatz einer nahezu raumhohen Solarverglasung mit bis zu sechs Meter breiten Schiebetüren noch verstärkt.

Dieser Komplex beherbergt 41 Wohnungen mit sechs verschiedenen Grundtypen, vom Studio bis zum zweistöckigen Appartement und Wohnflächen zwischen 67 und 300 Quadratmetern.

Enormer technischer Aufwand

Beachtlich sind auch die technischen Eckdaten und der gewaltige technische Aufwand, um den Campus mit seinem überdimensionalen Atrium realisieren zu können. Als Generalunternehmer für den gesamten Campus (Planungsphase 2017 – 2020, Bauzeit 2020 – 2023) fungierte die Ed. Züblin AG aus Stuttgart.

Eine aufwändige Tragwerkskonstruktion, die Stahl- und Stahlbetonbau in einer Vielzahl an unterschiedlichsten Details kombiniert, bildet die Basis zur Realisierung der oben skizzierten Vision. Innovative Lösungen, wie beispielsweise Stützen mit bis zu 100 Tonnen Eigengewicht, sorgen dafür, dass die Vorstellungen der Planer und Auftraggeber in die Wirklichkeit umgesetzt werden konnten. Zu diesen Innovationen zählen auch „stählernen Baumstützen“, dank derer die großzügigen Hallen und frei zugängigen Areale erst in dieser Form möglich waren.

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Auf dieser aufwändigen Tragekonstruktion – schematische Darstellung – ruht der Campus. © spannverbund

Zur optimalen Nutzung der Grundstücksgeometrie wurde ein sich über sechs Geschosse ziehender und 25 Meter frei auskragender Gebäudeteil geplant. Der eigenständige Appartementkomplex wiederum thront auf Y-förmigen, betonummantelten Stahlstützen. So wurden letztendlich auch die Flächen für Gastronomie und ähnliches unterhalb der Appartements geschaffen.

Das Gesamtauftragsvolumen an Stahl, von den Sonder- und Verbundstützen über die Deckenträger bis hin zu den statisch tragenden Fassadenstützen und vieles andere mehr, beläuft sich auf 6.650 Tonnen. Die deutsche spannverbund GmbH, ein in Europa führendes Spezialunternehmen für Stahl- und Stahlverbundbau, zeichnet für die modellbasierte Detailplanung, Fertigung und Montage aller Stahlbauteile verantwortlich.

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Insgesamt wurden für den Booking.com-Campus 6.650 Tonnen Stahl verbaut. ©spannverbund

Die gesamt verbaute Kubatur auf dem Campus-Gelände summiert sich auf 404.000 Kubikmeter. Alle Bauten zusammen kommen auf eine Fläche von 72.500 Quadratmetern.

High-Tech für Smart-Objekt

Das hochmoderne Hightech-Gebäude ist selbstredend als Smart-Objekt konzipiert. Der gesamte Komplex wurde mit unzähligen Sensoren bestückt, um wie ein Ökosystem zu funktionieren. Beispielsweise werden die Beleuchtung und die Temperatur jedes einzelnen Raumes automatisch auf Basis seiner tatsächlichen Belegung und dessen Nutzung reguliert.

BookingCom Campus
Arbeitsplatz mit Aussicht: Blick auf die Hafenlandschaft von Amsterdam.

Gebaut wurde auch nach den Vorgaben des BREEAM Excellent-Standard, dem weltweit wichtigsten Zertifizierungssystem für umweltgerechte, nachhaltige Gebäude. Diese Zertifizierung bekam der neue Booking.com-Campus nach seiner Fertigstellung auch zugesprochen.

Dazu wurden im gesamten Gebäude nachhaltige Materialien verbaut, aber auch ein Großteil jener Möbel übernommen, die bereits in den früheren, über ganz Amsterdam verteilten Büros des Unternehmens im Einsatz waren. Außerdem sind auf dem Dach der neuen Firmen-Zentrale 832 Solarpaneele installiert. Die gesamte Steuerung von Heizung und Kühlung läuft über modernste Technologie zur Wärme-Kälte-Speicherung. Im Sommer wird dazu warme Luft tief unter der Erde gespeichert und im Winter zurückzugewonnen, wie umgekehrt im Winter kalte Luft gebunkert und im Sommer zur Kühlung eingesetzt wird. Auf den Einsatz von Heizöl oder Gas wird komplett verzichtet.

Ein Luftverteilungssystem unter den Böden sorgt für Frischluft in unmittelbarer Nähe der arbeitenden Menschen, während Strahlungsdecken ein angenehmes Heizen und Kühlen ermöglichen. Ein spezielles Augenmerk wurde auch auf die Akustik sowohl in den Büros als auch den öffentlich zugängigen Arealen gelegt. Großzügige Fensterflächen und eine beinahe das gesamte Atrium überspannende Glasdecke sorgen für viel Tageslicht.

BookingCom Campus
Der Booking.com Campus wirkt wie ein eigener Stadtteil Amsterdams. Im Hintergrund der Hauptbahnhof der niederländischen Metropole.

Nach Jahren der Vorfreude ist die Eröffnung unseres neuen Campus ein großartiger Moment für unser Unternehmen und unsere Mitarbeiter.

Glenn Fogel, Präsident und CEO von Booking.com

Am 28. Juni 2023 zelebrierte Booking.com mit einem großen Fest sowie zahlreichen Geschäftspartnern und anderen Festgästen das offizielle Grand Opening des neuen Unternehmens-Campus. „Nach Jahren der Vorfreude ist dies ein großartiger Moment für unser Unternehmen und unsere Mitarbeiter“, sagte Glenn Fogel, Präsident und CEO von Booking.com. „Das wir alle wieder in einem einzigen Komplex in Amsterdam zusammen sind, und zwar in einem so inspirierenden Gebäude, ist wirklich etwas, wofür man dankbar sein darf.“

Für die Stadt Amsterdam war die Um- und Neugestaltung der Bahnhofsinsel mit ihrer extremen Bebauungsdichte und dem hohen Grad an Mischfunktionen eines der wichtigsten Entwicklungsprojekte der vergangenen Jahre. Denn durch diverse Bau- und Schutzmaßnahmen am IJ waren unter anderem in den 1970er-Jahren einige Randgebiete und Hafenzonen von der Innenstadt abgetrennt worden. Das IJ (niederländisch Het IJ) war ursprünglich ein Meeresarm, der sich von der Nordsee tief in den Westen der Provinz Nordholland zog.

Nun ist der Brückenschlag zwischen der Amsterdamer Innenstadt und dem Oosterdokseiland gelungen.

Text: Albert Sachs
Fotos: UNStudio, HofmanDujardin und spannverbund.

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