Design-Juwel im alten Turm
Was die Architekten von Gruppo Building aus dem kleinen „La Torretta di Villa Mogna“ nahe Turin gemacht haben, ist höchst sehenswert: Der im 19. Jahrhundert errichtete, innen beengte Bau geriet zum eleganten Design-Juwel. Im alten Turm lässt sich’s nun himmlisch wohnen.
Schon der Standort des Türmchens „La Torretta di Villa Mogna“ fasziniert durch Schönheit und Geschichte. Das Anwesen auf einem Hügel südöstlich von Turin liegt in Pecetto, das auch „Dorf der Kirschen“ heißt. Mit gutem Grund. Schließlich war die historische Villa Residenz jenes Bürgermeisters, der Anfang des 20. Jahrhunderts den Kirschbaum-Anbau einführte. Sein Name: Mario Mogna. Und seine Initiative erwies sich als essenziell für die lokale Wirtschaft. Doch jetzt zum eigentlichen Thema, dem alten Turm, der im Park der Villa steht: Wie Gruppo Building / BP+P Boffa Petrone & Partners das enge Gemäuer in ein wohnliches Design-Juwel verwandelt haben, ist in der Tat spektakulär.
Die Villa Mogna selbst stammt aus dem 18. Jahrhundert und thront in einem herrlichen, 3000 Quadratmeter großen Park. Die Struktur des im 19. Jahrhundert hinzugefügten Turms ist indes deutlich weniger großzügig angelegt: Keines der drei Stockwerke des „Torretta di Villa Mogna“ bietet mehr als sechs Quadratmeter Platz. Sehr wenig also, obwohl das Treppenhaus hier noch nicht einberechnet ist.
Zauberhaftes Gästehaus
Das italienische Büro Gruppo Building wurde von den Eigentümern beauftragt, dem alten Turm neues Leben einzuhauchen. Ziel des Projekts war es, „La Torretta di Villa Mogna“ in einen modernen, bewohnbaren Raum zu verwandeln. In ein Domizil, das sich durch innovative Lösungen auszeichnet und mit modernster Technik aufwartet. Das hübsche Bauwerk sollte zum idealen Gästehaus werden.
Ein komplexes Unterfangen, das die Architekten mit viel Fingerspitzengefühl gemeistert haben. Das Konzept dazu lieferte das vor einiger Zeit innerhalb der Gruppo Building gegründete Büro BP+P Boffa Petrone & Partners. Und dessen Spezialisierung auf architektonische Entwürfe, Machbarkeitsstudien, Innenarchitektur, Renovierung und Restaurierung kam zupass: Nach der 2022 fertiggestellten Erneuerung präsentiert sich der alte Turm in grandiosem Glanz. Als modernes Design-Juwel, das beweist, dass scheinbar Unmögliches oft doch überraschend gut gelingen kann.
Alte Ziegel, Eisen & Glas fürs Design-Juwel
In rund acht Monaten händischer Arbeit wurden die Außenmauern des „Torretta di Villa Mogna“ restauriert. Dabei wurden alter Mörtel und alte Ziegelsteine verwendet. Die ursprünglichen Ziegel wurden sichtbar gehalten, damit sie zu den Türen und Fenstern passen. Für die Umstrukturierung griffen die Architekten hauptsächlich zu Eisen und Glas.
Dach, Türen und Fenster sowie Heizung wurden erneuert, um Energie zu sparen und den thermischen Komfort zu verbessern. Die elektrische Anlage wurde durch ein automatisches System und mobile Steuerung zusätzlich aufgewertet.
Geschickt „vergrößert“
Die von Gruppo Building / BP+P Boffa Petrone & Partners durchgeführte Verwandlung des „Torretta di Villa Mogna“ hat den alten Turm zum modernen und funktionellen Zuhause gemacht. Besonders beeindruckend ist, dass das wohnliche Design-Juwel nun längst nicht so beengt wirkt, wie zuvor: Das Konzept der findigen Architekten hat ein außergewöhnliches Zusammenspiel von Transparenz und Helligkeit auf den drei Ebenen ermöglicht. Dadurch scheinen Raum und Perspektiven deutlich größer. Vor allem auch, weil man im Inneren des Bauwerks jetzt über die einzelnen Räume hinausblicken kann.
Das auch „Pecetto Tower“ genannte „Torretta di Villa Mogna“ Türmchen ist von einem 300 Quadratmeter großen, exklusiv genutzten Garten umgeben. Es verfügt über einen Eingangsbereich mit Spiegeltür und ein Bad im Erdgeschoss. Im ersten Stock haben Gruppo Building / BP+P Boffa Petrone & Partners einen Entspannungsbereich mit Sesseln und Kaffee-Ecke eingerichtet. Und ganz oben, im zweiten Stock, befindet sich das Schlafzimmer mit TV-Anlage und Blick auf den hübschen Garten.
Cooler Stil-Mix im alten Turm
Während andere Top-Designer – wie etwa Patricia Urquiola in Venedigs „Ca‘ di Dio“ Hotel – beim Interieur gern den Stil der Entstehungszeit des jeweiligen Gebäudes würdigen, haben BP+P Boffa Petrone & Partners einen anderen Weg gewählt. Eine Entscheidung, die sehr zum Wohlgefühl beiträgt, das sich nun beim Betreten des Design-Juwels im alten Turm breitmacht.
Die Innenräume zeichnen sich durch ihr schlichtes und minimalistisches Design aus. Handverlesene Details machen sichtbar, wovon sich die Gestalter inspirieren ließen. Da wäre etwa die Zanotta Chaiselongue im ersten Stock, die an die 1960er Jahre erinnert. Aber auch modernere Elemente, wie ein von Lapo Elkann entworfener Couchtisch in Form einer mechanischen Aufhängung.
Top-Komfort im „La Torretta di Villa Mogna“
Geschickt kombiniert und angeordnet sorgen Stücke wie diese für gemütlich-stylisches Ambiente. Ebenso, wie das von Lucifero entworfene Beleuchtungssystem und das Baddesign von Agape.
Ein weiteres Highlight des nun erneuerten, alten Turms stammt vom italienischen Künstler Fabio Calvetti. Sein Werk „Eine Treppe zum Himmel“ führt wie ein kunstvoller Leitfaden vertikal den Turm hinauf. Die Installation verleiht der modernen und technologischen Seele des „Torretta di Villa Mogna“ einen Hauch von Poesie. Sie ist in fünf Gemälde unterteilt, die den Rhythmus einer idealen Reise zu Licht und Schönheit vom Erdgeschoss bis zum obersten Stockwerk markieren.
Die Kunst der Gruppo Building
Was die Eigentümer des „Torretta di Villa Mogna“ dazu bewog, das Büro Gruppo Building zu beauftragen, liegt auf der Hand: Dass dessen Team und BP+P Boffa Petrone & Partners sich perfekt darauf verstehen, historischen Gebäuden neues Leben einzuhauchen, ist bekannt. Ein gutes Beispiel ist etwa das, oft gar als „schönstes Haus der Welt“ bezeichnete Projekt „The Number 6“: Dabei haben die Architekten ein Barock-Wunderwerk nahe der Piazza San Carlo in eine moderne Eigentumswohnung verwandelt. Und ihre Arbeit wurde mit dem ArchDaily Award „Building of the Year 2015“ in der Kategorie Restaurierung ausgezeichnet.
Nicht minder beeindruckend: „Lagrange 12“, ein von Gruppo Building restauriertes Gebäude aus dem 17. Jahrhundert. Oder „Quadrato“, die Restaurierung des Klosters Sant’Agostino, eines kirchlichen Bauwerks aus dem 16. Jahrhundert im historischen Zentrum des römischen Turin.
Mit dem „Torretta di Villa Mogna“ ist die beeindruckende Projekt-Liste der italienischen Architekten um ein weiteres Design-Juwel reicher geworden. Und die privaten Auftraggeber, die das mit maximal 100.000 Euro angegebene Budget für die Verwandlung des alten Turms aufbrachten, dürften ihre helle Freude daran haben.
Text: Elisabeth Schneyder
Bilder: Piero Ottaviano / Gruppo Building, BP+P Boffa Petrone & Partners