Das Olympische Dorf von morgen
Auch wenn die Winterspiele 2026 noch fern sind, gibt es dazu schon Spannendes zu sehen. Denn das Büro SOM wird das Olympische Dorf für Mailand-Cortina designen. Und erste Entwürfe versprechen ein umweltfreundliches Projekt, das auch „danach“ viel Freude macht.
Dass die XXV. Olympischen Winterspiele im Februar 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo über die Bühne gehen werden, steht seit 2019 fest. Wer das Olympische Dorf fürs große Sportevent designen wird, wurde allerdings erst jüngst bekannt. Und den Wettbewerb, der zur Entscheidung führte, kann man getrost als „spannendes Rennen“ bezeichnen: 71 Studios aus neun Ländern hatten sich um den prestigeträchtigen Auftrag bemüht. Jetzt steht der Sieger fest: Das Büro Skidmore, Owings & Merrill (SOM) wird das Großvorhaben leiten. Das Ziel des renommierten Teams: Eine Anlage mit minimalen Auswirkungen auf die Umwelt, die dem Bahnhofsgelände Porta Romana ein neues, lebendiges Zentrum verschafft.
Nachhaltiges Plus für Mailand
Entworfen wird das Projekt von SOM als Teil des aktualisierten Masterplans für Mailands Stadtteil Porta Romana. Entwickelt wird es von COIMA SGR, Covivio und Prada Holding. Kooperationspartner sind die Milano-Cortina-Stiftung, die Stadt Mailand und die Region Lombardei. Und das Olympische Dorf wird weit mehr, als eine temporäre Sportler-Unterkunft. Es soll die Stadt nachhaltig bereichern. Auch nach den Spielen, die das globale Interesse auf den Standort lenken. Stichworte: Postolympische soziale Ziele. Und Umweltschutz durch Erfüllung der „Nearly Zero Energy Building“-Vorgaben.
Das neue Olympische Dorf soll ein integraler Bestandteil des Mailänder Stadtgefüges werden. Öffentliche Grünflächen sind ebenso vorgesehen, wie die Umgestaltung zweier historischer Gebäude. Dazu kommen sechs neue Wohnbauten. Diese werden den Olympioniken während der Spiele zur Verfügung stehen. Danach werden sie in Studentenwohnungen verwandelt.
Zukunft fürs Olympische Dorf
Der Park und die Gebäude an der Bahnstrecke werden für preisgünstige Wohnungen genutzt. Und die „Olympic Village Plaza“ wird zum neuen Quartiers-Hotspot: Geschäfte, Bars, Restaurants und Cafés auf Straßenniveau sollen nach dem sportlichen Großereignis zum beliebten Treffpunkt werden. Zu einem, dessen Outdoor-Zonen Raum für Bauernmärkte und andere Veranstaltungen bieten.
„Das Olympische Dorf 2026 wird ein neues urbanes Labor für Mailand“, schildert COIMA-Gründer und CEO Manfredi Catella. Dieses „Olympic Village“ sei das erste, das bewusst mit Blick auf die spätere, nachhaltige Umwandlung entworfen wurde.
Für „danach“ konzipiert
Catella: „Der integrierte Stadtteil wird über eine digitale Plattform verwaltet werden. Ähnlich jener, die in der Biblioteca degli Alberi Milano (BAM) in Porta Nuova getestet wird. Das Projekt steht für unser Engagement durch COIMA ESG City Impact“. Damit meint Catella Italiens ersten geschlossenen Investmentfonds mit messbaren Zielen zur nachhaltigen Erneuerung des Landes. Selbiger wird das Olympiaviertel auch nach dem Umbau in ein Studentenwohnheim in seinem Portfolio behalten.
Das Olympische Dorf Porta Romana ist als sich selbst erhaltendes Viertel geplant. Laut SOM Design-Partner Colin Koop basiert der Plan „auf den Prinzipien sozialer Gerechtigkeit, des Umweltengagements, des Wohlbefindens und der Inklusion“. Das architektonische Konzept beschreibt er so: „Das Dorf nimmt den Rhythmus des Straßenbildes der Gegend auf. Und es schafft einen durchlässigen urbanen Block mit vielen öffentlichen Räumen, die Mailand bereichern werden“.
Lebensqualität & Klimaschutz
Inspiration holten sich die Architekten von Mailands historischen Gebäuden. Doch auch moderne Materialien und Gemeinschaftsterrassen werden den Look prägen. Von vertikaler Bepflanzung beschattete Terrassen dienen als Brücken zwischen den Gebäuden. Sie sollen den Studenten einladende Outdoor-Treffpunkte bieten und den Komplex auf allen Ebenen beleben. Und damit nicht genug: Die grünen Außenbereiche schaffen Platz für urbane Farmen und werden die Klimaresilienz des gesamten Viertels verbessern.
Das Olympische Dorf folgt den Prinzipien einer intelligenten, nachhaltigen Stadt. Ziel ist ein vernetzter, zugleich autarker Komplex. Die mechanischen Systeme werden mit den Kreisläufen des Stadtteils verbunden. Passive Kühlungsstrategien, Sonnenkollektoren, Dachgärten und mehr sorgen dafür, dass über 30 Prozent der verbrauchten Energie vor Ort produziert werden.
Schonende Effizienz
Regenwasser-Recycling soll den Trinkwasserverbrauch um über 50 Prozent und den CO2-Ausstoß für Heizung und Kühlung um 40 Prozent senken. Auch beim Material der Neubauten setzt das SOM-Team auf Nachhaltigkeit – von Massivholzstrukturen bis zu kohlenstoffarmen Fassadenmaterialien.
Gute Aussichten
Dass sich das Büro SOM darauf versteht, Städten Neues hinzuzufügen, das die Lebensqualität verbessert, beweist etwa auch sein aktueller Plan eines Mixed-Use-Turms in New York. Während man dort bis 2030 auf die Eröffnung wird warten müssen, soll es in Mailand nur noch ein paar Jahre dauern: Bis Juli 2025 soll der Bau des Olympischen Dorfes für die Winterspiele 2026 abgeschlossen sein. Und sicher ist, dass die Anwohner diesmal nicht nur den Spielen gespannt entgegensehen – sondern vor allem auch dem, was davon „danach“ für sie erhalten bleibt.
Text: Elisabeth Schneyder
Bilder: SOM / Pixelflakes