Das ist Holzklasse!
Nach einer ersten Niederlage vor den Behörden gelang es Zaha Hadid Architects nun im Rückspiel, die Baugenehmigung für das erste hölzerne Fußballstadion der Welt zu ergattern.
Nein, die Forest Green Rovers kennt man jetzt nicht unbedingt von großen Galavorstellungen in der Champions League. Dennoch ist dieses Team in einer Sache wahrlich weltklasse: Der in der Stadt Nailsworth im Westen Englands beheimatete Verein ist ganz offiziell der umweltbewussteste Fußballklub der Welt!
Grünster Fußballklub der Welt
Seit einigen Jahren wird der Rasen des Fußballstadions ohne Pestizide gepflegt. Selbst der Rasenmäher läuft mit Sonnenstrom. Außerdem hat der aktuelle Präsident Dale Vince die Arbeitskleidung der Kicker an die grüne Idee angepasst: Trikots und Schienbeinschoner bestehen aus Bambusfasern statt aus Plastik. Fazit: Im Jahr 2018 wurden die Forest Green Rovers als grünster Club der Welt mit dem Momentum for Change Award ausgezeichnet.
Allein, damit waren Dale und seine elf Freunde noch nicht am Ende der klimaneutralen Fahnenstange angelangt. Auch wenn man im aktuellen Fußballstadion bloß veganes Bier und vegane Gerichte anbietet, war eben das Stadion selbst noch ein Bau aus Plastik, Stahl und Beton.
Fußballstadion aus Holz musste her
Auf den Punkt gebracht: Die Spielstätte war für Spieler und Präsidium der letzte Dorn im Auge. Doch das ändert sich jetzt! Der Bau eines neuen, klimafreundlichen Fußballstadions wurde endlich bewilligt. Schon bald werden die Fans also ihre Rasenhelden auf hölzernen Tribünen anfeuern.
Aber alles der Reihe nach. Tatsächlich ist der Plan, das erste hölzerne Fußballstadion der Welt zu errichten, kein ganz neuer. „Wenn man bedenkt, dass etwa drei Viertel der Kohlenstoffauswirkungen eines Stadions über die gesamte Lebensdauer gerechnet von seinen Baumaterialien herrühren, kann man kann verstehen, warum uns dieses Thema so wichtig ist.“ Das postulierte Präsident Dale schon vor einigen Jahren. Und lud damals gleich 50 Architektur-Studios ein, nachhaltige Entwürfe zu präsentieren.
Das ob der vielen Mitspieler echt harte Match um dieses Prestigeprojekt gewannen damals – im Jahr 2016 bereits – Zaha Hadid Architects. Allein, die Freude währte nur kurz.
Behörden als Stolperstein
Bald war klar, dass der vorgelegte Entwurf für das welterste Holzstadion von den zuständigen Behörden nicht genehmigt würde. Wohl hatte so mancher Lokalpolitiker ein Brett vor dem Kopf. Denn die Begründungen für die Ablehnung muten kurios an:
Gemeinderäte hatten Bedenken geäußert, dass das 20 Meter hohe Holzstadion die Aussicht auf einen nahe gelegenen historischen Weiler beeinträchtigen könnte. Außerdem befürchtete man, dass eine Parkgebühr von teuren sieben Pfund die Menschen dazu verleiten würde, stattdessen kostenlos in den nahen Wiesen zu parken …
Plötzlich stolze Politiker
Nach viel Hin und Her und einigen Adaptierungen im Konzept erteilte man nun aber endlich die Baugenehmigung. Und wie es in der Politik eben so ist, feiert man die großartige Entscheidung plötzlich groß ab. Das klingt dann in den Worten von Stadträtin Miranda Clifton so: „Im Moment sind wir für unsere Müllverbrennungsanlage bekannt. Das wird sich nun ändern. Denn: Dieses Gebäude ist ikonisch. Es könnte eine Touristenattraktion werden.“
Aber, Schwamm drüber. Was genau darf man sich nun also erwarten? So ziemlich alle Elemente, die bei anderen Stadien aus Stahl oder Beton sind, sollen hierbei eben aus Holz bestehen. Offiziell wurde das so verkündet: „Es wird das erste Fußballstadion überhaupt, bei dem so gut wie jedes Element aus Holz ist, von der Hauptstruktur bis zu den Sitzen und Zuschauertribünen.“
Membran lässt Rasen gedeihen
Das Dach des Stadions überspannt man zudem mit einer eigenen transparenten Membran. So, dass das Stadion sich optisch filigran in die umgebende Landschaft einfügt. Gleichzeitig jedoch ermöglicht diese Membran ein besseres Wachstum des Fußballrasens. Es verhindert zudem, dass irritierende Schatten auf das Spielfeld geworfen werden können.
Um den Anhängern des Clubs ihre Idole möglichst nahe zu bringen, wurde jede Sitzposition eigens so berechnet, dass eine uneingeschränkte Sicht garantiert wird. Außerdem ist keine Tribüne weiter als fünf Meter vom Spielfeld entfernt!
Das Fußballstadion wächst mit
Auch das erwartete Wachstum des grünen Vereins wurde bedacht: Ursprünglich für 5.000 Zuschauer konzipiert, wächst das Holzstadion ohne großen Aufwand mit der zu erwartenden steigenden Zuschauerzahl mit. Es können weitere Ränge einfach angestückelt werden, um es einfach auszudrücken.
Fußballstadion für Begeisterte
Und so zeigt sich der visionäre und umweltbewusste Fußballpräsident nun euphorisch: „Wir sind begeistert von dem Konzept und dem Umfang der Überlegungen, die Zaha Hadid angestellt hat. Hier ließen viele Architekten ihre Erfahrungen in der Stadiengestaltung und ihre Fähigkeit einfließen, um Umweltfragen in den Mittelpunkt ihres Handelns zu stellen. Hier wird uns ein innovatives und originelles neues Stadion geschenkt.“
Die bejubelten Architekten bedanken sich freilich ganz artig mittels Pressemitteilung: „Wir sind sehr stolz darauf, ausgewählt worden zu sein, die neue Heimat der Forest Green Rovers zu gestalten. Die Kultur des Clubs, seine Ambitionen und Visionen spiegeln unsere eigenen wider, in dem wir die aktuellsten Materialforschungen und Konstruktionstechniken mit neuen Designansätzen verbinden, um eine ökologisch nachhaltige Architektur zu schaffen“, so Jim Heverin, Direktor bei Zaha Hadid Architects.
Die beste Holzklasse der Welt
Eines kann man aber schon heute getrost behaupten: Man sitzt nirgendwo so gern in der Holzklasse wie im zukünftigen Fußballstadion der Forest Green Rovers. Bleibt nur noch zu hoffen, dass auch deren aktueller spielerischer Erfolg genau so nachhaltig ist, wie die neue Spielstätte.
Text: Johannes Stühlinger
Bilder: Zaha Hadid Architects | Studio MIR