Danone forscht im Holzbau
Das neue In’Cube Danone Forschungs- und Innovationszentrum südwestlich von Paris ist ein Holz-Hybrid-Bau der Superlative. Statt Forschung hinter verschlossene Türen zu verbannen, wird sie hier auf die offene Bühne gehoben.
Der große Geschmack für den kleinen Appetit“, hieß es 1977. „Gutes kann so gesund sein“, las man 2003 auf Plakaten. Und seit 2017 wirbt Danone mit dem Slogan „One planet. One health.“ Diese Entwicklung im Marketing des internationalen Lebensmittelkonzerns spiegelt sich seit kurzem auch in seiner Architektur wider. Auf dem Plateau de Saclay, das auch „das europäische Silicon Valley“ genannt wird, entstand ein neues Forschungszentrum, das In’Cube Danone Research & Innovation Center. Passend zum neuen Claim besteht es zu einem großen Teil aus dem klimafreundlichen Baustoff Holz.
Ein Dorf im Haus
Das Zentrum des fünfstöckigen Ersatzneubaus, der 20 Kilometer südlich von Paris entstanden ist, bildet ein 900 Quadratmeter großes Atrium mit einer Höhe von 10,5 Meter. Das ist viel Raum, der reichlich Platz zum Denken bieten soll, eine Art kreativen Hub für die Entwicklung der Molkereiprodukte von morgen. Ein Sägezahndach mit senkrechten Fensterbändern sorgt für einen hohen Tageslichteintrag in dieser internen Plaza. Die wissenschaftlichen Labore, Werkstätten und Coworking-Spaces, die sich um diesen Innenhof gruppieren, werden so von zwei Seiten mit Tageslicht versorgt.
Das Atrium nutzt die Codes eines Dorfplatzes und belebt das gemeinschaftliche Geschehen rund um verschiedene Events.
Arte Charpentier, Architekturbüro
Hier durchkreuzen wissenschaftliche Forscher in ihren typischen weißen Mänteln und Schutzhauben den Raum, und Mitarbeiter treffen sich zum informellen Austausch oder hören sich Präsentationen an. Dafür stehen ein Auditorium mit zahlreichen Sitzstufen, Lounge-Ecken in korbähnlichen Pavillons und ein Café bereit. „Das Atrium nutzt die Codes eines Dorfplatzes und belebt das gemeinschaftliche Geschehen rund um verschiedene Events“, beschreibt es das Architekturbüro Arte Charpentier, das mit der Planung und Bauaufsicht von In’Cube betraut war.
Eine Vitrine der Forschung
In den großen Raum ragen die Treppen hinein, die die einzelnen Geschosse fußläufig und auf kommunikative Weise miteinander verbinden. Die Holzbauweise, die an einen zweigeschossigen Sockel in Stahlbeton anschließt, ist im Atrium an den sichtbar belassenen Stützen und dem Dachtragwerk ablesbar. Die natürlichen Holzoberflächen verleihen dem Atrium trotz seiner Größe ein Gefühl von Behaglichkeit.
Die Architektur des Gebäudes schafft Transparenz und legt den gesamten industriellen Prozess samt den Abläufen in der Mikro-Fabrik offen.
Arte Charpentier, Architekturbüro
Die Wände zu den Büroetagen hin, die das Atrium in einer U-Form umschließen, sind großteils verglast. Sie geben Einblick in das Arbeitsgeschehen auf den unterschiedlichen Ebenen und schaffen Transparenz, die sich als Leitmotiv durch das gesamte Gebäude zieht. Anstatt die Forschung hinter geschlossene Türen zu verbannen, wie es früher üblich war, wird sie hier in einer Art überdimensionalen Vitrine zur Schau gestellt. „Die Architektur des Gebäudes schafft Transparenz und legt den gesamten industriellen Prozess samt den Abläufen in der Mikro-Fabrik offen“, erklären die Architekten das Konzept des modernen Forschungsbaus.
Klimafreundlich forschen
Die Holz-Bauweise ab dem zweiten Stockwerk sorgte durch die Kohlenstoffsenke für eine große CO2-Einsparung beim Bau des neuen Forschungszentrums. Um dies auch im Betrieb zu gewährleisten, nutzt man erneuerbare Energien. Geothermie zum Heizen und Kühlen des Gebäudes, Photovoltaik zur Stromerzeugung, und die effiziente Regenwassernutzung durch Aufhaltebecken.
Ziel war es, ein harmonisches Ganzes zu schaffen, das das Wohlergehen der Mitarbeiter ebenso im Blick hat wie die Dekarbonisierung des Planeten.
Abbès Tahir, Partner bei Arte Charpentier
Dem Regenwassermanagement und der Bepflanzung auf dem Areal hat man eine große Aufmerksamkeit geschenkt. Insgesamt sind im Zuge der Erneuerung 2.900 Quadratmeter an bepflanzten Flächen entstanden, darunter das extensiv begrünte Dach. Es soll nicht nur dafür sorgen, dass sich das Gebäude nahtlos in die umgebende Landschaft einfügt, es dient im Fall von starken Regenfällen auch zur Wasserspeicherung.
Erholung im Regengarten
Ein eigener Regengarten vor dem In’Cube hat dieselbe Aufgabe und verfügt zusätzlich über Aufhaltebecken, die im Fall von starken Regenfällen geflutet werden. Diese klimaadaptive Gestaltung soll den Garten das ganze Jahr hindurch beleben und dabei helfen, Hitzeinseln im Sommer durch Verdunstung der bepflanzten Flächen zu vermeiden, wie es in der Beschreibung der Architekten heißt. Zu guter Letzt profitieren auch die Mitarbeiter von diesen Erholungsräumen im Außenbereich.
Architekt Abbès Tahir von Arte Charpentier kommentiert das Nachhaltigkeitskonzept wie folgt: „Wenn Danone sich zu ‚One planet. One health.’ verpflichtet, muss man Antworten finden, die dieser Herausforderung entsprechen. Ziel war es, ein harmonisches Ganzes zu schaffen, das das Wohlergehen der Mitarbeiter ebenso im Blick hat wie die Dekarbonisierung des Planeten.“
Text: Gertraud Gerst
Fotos: Christophe Valtin