Die wandernde Bäckerei
Mit dem Cycle Cycle Mobile Bakehouse hat das Architekturbüro F.O.G. Architecture ein Café geschaffen, das Bäckerei, Design und Sozialraum miteinander vereint. Und als Gesamtkonzept durch China reist.
China, Land der Backwaren. Die heutige Volksrepublik blickt auf eine lange Tradition von brotähnlichen, gebackenen oder gedämpften Spezialitäten zurück, wie Jianbing – crêpeähnliche Pfannkuchen –, Shaobing – gebackene Sesambrötchen mit und ohne Füllung – oder You Tiao – frittierte Teigstangen.
Doch auch, wenn Gebackenes seit jeher auf chinesischen Tellern landet: Klassische Kaffeehauskultur gab es in China, dem Land der Teetrinker, naturgemäß lange Zeit nicht. Mittlerweile befinden sich (im Schlepptau der großen Ketten und Weltmarken) allerdings auch Cafès und westliche Bäckereien auf dem Vormarsch im Reich der Mitte. Kaffee und dazugehörige Lokale sind insbesondere Anziehungspunkte für die jüngere Generation Chinas.
Verbindende Architektur
Nun hat F.O.G. Architecture das Cycle Cycle Mobile Bakehouse entwickelt. Ein Pop-up-Café mit einer Bäckerei, das in ganz China auf- und abgebaut werden kann. Die Idee kam dem Architekturstudio, als es die Beziehung zwischen Nahrung und Land erforschen wollte.
„Nach dem Lockdown in Shanghai hatten wir alle das Bedürfnis, etwas zu bauen, das Menschen wieder miteinander verbindet“, sagt Zheng Yu, Partner bei F.O.G. Architecture. Das Büro mit Hauptsitz im zentralchinesischen Chongqing ist ein multidisziplinäres Designstudio, das sich auf Interior Design, Architektur und Stadtplanung spezialisiert hat. F.O.G. Architecture wurde 2018 von Zheng Yu und Zhan Di in London gegründet und hat dort ebenso eine Niederlassung wie in Shanghai.
Der Duft von Gebäck
Das Konzept des Cafés geht jedenfalls weit über das Backen und Verkaufen von Backwaren hinaus. Vielmehr geht es um ein kulturell-soziales und gestalterisches Konzept, das sich mit Ernährung und Architektur im ländlichen Raum auseinandersetzt. Darauf verweist auch die architektonische Anlehnung des Cycle Cycle Mobile Bakehouse an Getreidespeicher oder Scheunen. Das Team wollte laut eigenen Angaben so den Konsum im urbanen Raum mit den Wurzeln in der Agrarlandschaft verbinden.
Die Konstuktion ansich ist eigentlich recht simpel gedacht: Ein Rahmen aus Holz trägt das Dach des Pop-up-Cafés. An einer Seite des 18 Quadratmetern großen Häuschens befinden sich Sonnenschutzpaneele, die an kleine Unterstände auf Feldern erinnern sollen, in denen Bauern Pause machen.
Die Fassade besteht aus gestapelten Getreidesäcken, die restliche Struktur wurde aus Holz errichtet. An der Seite der scheunenartigen Konstruktion ist eine aufs Dach führende Leiter angebracht. Aufklappbare Holzplatten an der Vorder- und Rückseite ermöglichen den Gästen Ruhe im Schatten zu finden. Zudem können an der hinteren Holzplatte die Sitze im Pop-up-Gastgarten mit einem Vorhang vom öffentlichen Raum abgegrenzt werden.
Hin und weg
So einfach wie das Cycle Cycle Mobile Bakehouse aufgebaut werden kann, so einfach funktioniert dank der modularen Struktur auch sein Abbau. Sitze und Tische werden dabei im Verkaufsraum verstaut, herausragende Teile eingeklappt. Mittels LKW kann das Café schließlich abtransportiert werden, um an unterschiedlichen Orten errichtet zu werden.
Die Architekten dokumentieren dabei genau, wie ihr Pop-up in den Städten aufgenommen wird. Damit könne man gut nachvollziehen, wie welche Idee wahrgenommen wird, so F.O.G. Architecture. Allerdings: „Manchmal entspricht das Ergebnis nicht dem, was wir als Architekten beabsichtigt hatten. Das ist für uns jedoch aufschlussreich, weil wir so besser verstehen, was die Menschen suchen – und es beim nächsten Standort schon weiterentwickelt errichten zu können “, so das Fazit. Eines aber ist auch ohne derartige Feldforschung sicher: Der Duft von frischem Gebäck zieht immer Menschen an. Überall auf der Welt.
Text: Resi Reiner
Fotos: Inspace