Das schwarze Haus von Córdoba
AR Arquitectos entwarfen im argentinischen Córdoba ein Einfamilienhaus aus schwarzem Sichtbeton. Und so verwundert der Name des Gebäudes wohl niemanden: Casa Negra, das schwarze Haus.
Mit 1,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern ist Córdoba nach Buenos Aires die zweitgrößte Stadt Argentiniens. Und dennoch wäre sie im deutschsprachigen Raum wohl wenig bekannt, würde nicht ein legendäres Fußballspiel sie seit Jahrzehnten immer wieder ins Gedächtnis rufen. Zumindest in Österreich.
Denn ebenhier in Zentralargentinien sorgte das Team der Alpenrepublik am 21. Juni 1978 im Rahmen der Fußball-Weltmeisterschaft mit einem 3:2-Sieg gegen den regierenden Fußballweltmeister Deutschland für eine Sensation. Und für so etwas wie einen österreichischen Gedenktag. Erwähnen Fans oder Medien heute schlicht „Córdoba“, ist klar, dass ebendieses Spiel gemeint ist.
Bruch mit Traditionen
Der Rest der Welt kennt die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz als industrielles und kulturelles Zentrum sowie als Universitätsstadt. Der Wohlstand ist hier deutlich höher als in der Region in und um Buenos Aires; rund um Córdoba errichten Vermögende ihre neuen Wohnsitze abseits der Großstadthektik. So auch in La Calera, 15 Kilometer westlich von der Metropole gelegen. Hier entwarfen AR Arquitectos die Casa Negra. Das schwarze Haus.
Beauftragt wurde das lokale Architekturbüro von einem Kunden, der den Umzug aus einem zentralen, dichtverbauten Viertel Córdobas ins Grüne plante. Er gab vor, ein funktionales Haus zu kreieren, ohne auf Design zu verzichten. Das Ergebnis: „Ein Einfamilienhaus, bei dem der Fokus darauf lag, mit Traditionen zu brechen“, wie das Studio erklärt. „Darum fiel die Wahl auf Beton als Protagonisten – in all seinen Sinnen.“
Brutalismus mit Ausblick
Entstanden ist somit ein Gebäude, dessen Name bereits alles ausdrückt: Ein schwarzes Haus. Mit brutalistischem Design aus dunklem Sichtbeton und Glas, das deutlich aus der umliegenden Landschaft heraussticht. Das Haus erstreckt sich über zwei Etagen und besteht aus übereinander liegenden Volumen, wobei das Erdgeschoss an der Vorderseite unterhalb des Straßenniveaus angesiedelt ist. Nach hinten öffnet es sich ebenerdig zur überdachten Terrasse sowie zum Garten inklusive Swimmingpool.
Die ausladenden Glasfronten auf allen Seiten bieten verschiedene Ausblicke: Auf den Grashügel neben dem Eingangsbereich, auf die Betonwand vor den Nassräumen sowie (von Küche, Ess- und Wohnzimmer aus) auf Garten und Pool. „Innen- und Außenbereich verschmelzen dank der Durchlässigkeit der großen Glasflächen mit französischen Türen“, so AR Arquitectos. Die Terrasse ist mit einem Grill, einer Bar und einer Arbeitsplatte samt Spüle ausgestattet. „Ein Ess- und Wohnzimmer im Freien“, nennen es die Architekten.
Volumen mit Wow-Effekt
Am anderen Ende befindet sich die offene Garage unter dem auskragendem ersten Stockwerk. Eine zu schweben scheinende Konstruktion, die dem oberen Gebäudeteil ein Gefühl von Leichtigkeit verleiht.
Aufgrund des tiefer gesetzten Erdgeschosses ragt der erste Stock straßenseitig auf Höhe des Betrachters quasi aus dem Boden hervor und offenbart sich diesem so als vorspringendes, lineares – von jedem Blickwinkel aus imposantes – Volumen.
Auf dieser Ebene des Gebäudes befinden sich die beiden Schlafzimmer, jeweils mit eigenem Bad und weiter Aussicht auf La Calera. Den Brutalismus des schwarzen Sichtbetons kombinierten die Designer hier mit einer Verkleidung aus Kiri-Holzlatten.
Ein von der Holzvertäfelung umgebener Flur führt zudem zu einem Arbeitszimmer. Dieses verfügt so wie die Schlafzimmer über einen Balkon, der die Räume miteinander und mit der Landschaft verbindet.
Möbel mit Sinn
Die Treppe mit ihren freiliegenden Stufen ist eines der Hauptelemente der Innengestaltung der Casa Negra. An der zur Garage angrenzenden Betonwand montiert, drückt sie als Glas-Holz-Konstruktion „ein Gefühl der Leichtigkeit über die Robustheit eines anderen edlen Materials, dem schwarzen Beton, aus. Sie ist damit fast ein skulpturales Element, das den Raum betont und gleichzeitig einen einzigartigen Lichteinfall ermöglicht“, so das Studio.
Die fix integrierten Möbel wurden von den Architektinnen und Architekten selbst entworfen, während die mobile Ausstattung in Zusammenarbeit mit Innenarchitekten entstand. „Wir haben versucht, das Haus so vollständig wie möglich zu übergeben“, erklärt dazu Camila Juaneda, Projektmanagerin bei AR Arquitectos.
Bei der Innenarchitektur wurden jene ästhetischen Kriterien wie beim Entwurf des Hauses beibehalten: Einfaches Design, mit klaren Linien und wenigen Texturen. „Es wurde viel Arbeit in das Holz gesteckt, sowohl beim Bodenbelag als auch bei den Innenverkleidungen“, sagen die Designer. Und sie ergänzen: „Sogar bei den Möbeln war das Ziel, diesen Kontrast zwischen der äußeren Härte und der inneren Wärme zu schaffen“.
Man darf sagen: Es ist gelungen.
Text: Michi Reichelt
Bilder: Gonzalo Viramonte