Symbiose im Dschungel
In Tulum, einem der beliebtesten Reiseziele in Mexiko, entsteht ein Bauprojekt der anderen Art, ein nachhaltiger Lebensraum in Koexistenz mit der Natur: die Ciudadela Jardin – geplant vom Architekturbüro Yaaxka Design.
In früheren Jahren war Tulum ein verschlafener Ort auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán. Berühmt zwar für die dortigen Maya-Ruinen, blieb der Massentourismus in der Küstenstadt dennoch lange Zeit aus. Zuletzt hat sich Tulum jedoch zu einem Hotspot des karibischen Jetsets gewandelt. Die Gründe dafür sind vielfältig: Einerseits locken karibische Traumstrände immer mehr Menschen an, anderseits gab es während Corona weniger strenge Auflagen. Was Dubai im Pandemie-Winter für Influencer war, wurde Mexiko dann im Corona-Frühling.
Mittlerweile ist in Tulum also einiges los. Und da, wo es viel Tourismus gibt, wird erfahrungsgemäß auch viel gebaut. So sorgen beispielsweise neue Hotelanlagen für (zumindest teilweise) spannende architektonische Projekte. Mit Sicherheit spannend ist aktuell jedenfalls ein Projekt in Planung: die Ciudadela Jardin, auf deutsch soviel wie „Gartenstadt“. Dabei handelt es sich um einen Paradigmenwechsel in der Bebauung. Weg von Hochhäusern und kosmopolitischem Leben hin zu autarken Gemeinschaften mit geringerer Dichte – geplant wurde das Projekt von Yaaxka Design unter Victor Chavez und Julio Sanchez.
Mit viel „Consciente“
Ciudadela Jardin ist Teil einer größeren Bewegung, die sich gerade unter dem Namen „Consciente“ entwickelt – was übersetzt so viel wie „bewusst“ bedeutet. Im Zuge der Bewegung soll der Grundstein für eine neue urbane Zivilisation gelegt werden. Konkret: Bebauungen sollen mit einer geringen Dichte und einem hohen Nachhaltigkeitsbewusstsein entwickelt und ausgeführt werden. Bewusstes Bauen also.
In Tulum sollen die einzigartigen und gefährdeten tropischen Feuchtwälder sowie die verbundenen unterirdischen Flüsse, die Cenoten, erhalten bleiben. Das Projekt zielt darauf ab, dass Besuchende die Natur und den Dschungel genießen können und gleichzeitig eine aktive Rolle bei der Erhaltung der Cenoten spielen. Diese waren für die Mayas heilige Orte, die den Eingang zur Unterwelt und eine Verbindung zur Quelle des Lebens darstellten. Heute sind sie vor allem ein Instagram-Hotspot, also eine beliebte Touristenattraktion. Damals wie heute sind sie die wichtigste Süßwasserquelle auf der Halbinsel.
Ein völlig neuer Ansatz
Der Designansatz der Architekten der Ciudadela Jardin ist in seiner Idee revolutionär. Denn das Design nimmt die aktiven Bestandteile des Lebensstils der Besucherinnen und Besucher und kombiniert sie so mit der umgebenden Natur, dass diese respektiert und gepflegt wird. So umfasst der Plan unter anderem schwebende Bambusdächer, einen Saunatempel, aber auch ein Yoga-Shala, also einen Schulungs- bzw. Übungsraum. Der sogenannte „Conte Club“ ist das Herzstück des Projekts. Das Design ist von den natürlichen Formen der Mangroven inspiriert. Wie bei den Mayas soll jeder Baustein des Projekts an natürliche Elemente des Universums erinnern – vom Himmel bis in die Tiefe des Ozeans. Das kreisförmige Design des Sportzentrums ähnelt einem großen Teller und bildet einen schalenartigen Raum für verschiedene Aktivitäten. Der Schwerpunkt im Schutz der umgebenden Natur liegt auf der Erhaltung des sauberen Wassers, der Vegetation und der Reproduktion. Dabei fordern die Architekten dazu auf, sich von starren Strukturen und geraden Straßen zu lösen und setzten stattdessen auf organische Formen.
„Wir müssen die Art und Weise, wie wir aussehen und gestalten, die Art und Weise, wie wir zu leben gewohnt sind, aus unseren Köpfen streichen. Je mehr wir das verstehen, desto mehr schaffen wir andere Lösungen, die nicht unbedingt aus Betonkästen und geraden Straßen bestehen, sondern eine organische Form aus der Natur kann unsere Zukunft gestalten.“ so Yaaxka Design. So soll eine harmonische Schnittstelle zwischen den Menschen und der Natur geschaffen werden. Der „Garten“ soll nicht nur mit der Natur koexistieren, sondern in Symbiose mit ihr gedeihen. Weg von der großen Stadt, hin zur nachhaltigen, autarken Gemeinschaft.
Text: Resi Reiner
Bilder: Yaaxka Design