Brücken bauen!
Das neueste Projekt von Zaha Hadid Architects ist im wahrsten Sinne des Wortes verbindend: Die Chengdu West First Bridge ist Teil einer neuen Airport City im chinesischen Chengdu.
Im Juni 2021 startete das erste Flugzeug vom neu eröffneten Chengdu Tianfu International Airport. Seit damals hat sich viel getan – nicht nur im Luftraum über der 21-Millionen-Stadt Chengdu. Auch rund um den Flughafen. Hier entsteht im Südosten der Metropole ein neues Stadtentwicklungsgebiet: Die Chengdu Tianfu International Airport City.
Rund um den Stadtteil soll eine gewaltige Ringstraße für die entsprechende Verkehrsanbindung sorgen; eine Ringstraße, auf der man im westlichen Teil unter anderem den Jiangxi, einen Zulauf des Tuojiang Flusses, überquert. Für ebendiese Überquerung haben nun Zaha Hadid Architects gesorgt: Ihr Projekt mit dem aussagekräftigen Namen Chengdu West First Bridge wurde im August 2023 fertiggestellt.
Alles in Bewegung
Die Brücke führt auf einer Länge von 295 Metern als Auto-, Fahrrad- und Fußgängerstraße über den Jiangxi. Sie besteht aus zwei symmetrischen Stahlbögen, die sich von der einen zur anderen Flussseite, auf beiden Seiten der Brücke erheben. Die beiden Bögen erreichen dabei etwa eine Höhe von 30 Metern und sollen für ein ideales Gleichgewicht zwischen Höhe und Spannweite sorgen. Zur Mitte hin werden die Bögen enger. So entsteht eine dynamische Krümmung, die für eine intrinsische und skulpturale Form sorgt.
Das Ganze scheint sich nahtlos in die Umgebung einzufügen, als wäre die Brücke ein natürlicher Teil der Landschaft. Kastenträger aus Stahl und Beton sichern die Stahlbögen an der Basis der Brücke. So wirkt man dem horizontalen Druck des Baus entgegen und verringert die Last auf das Fundament der Chengdu West First Bridge.
Für alles gewappnet
Besonders ist auch, dass es keine klassischen Fundamente im Fluss gibt, sondern dass die Brücke auf Pfeilern auf den jeweiligen Flussseiten ruht. Die Fahrbahn der Brücke besteht aus vorgefertigten Betonplatten und Kästenträgern, die vor Ort zusammengeschweißt wurden. Eine Strukturanalyse-Software sorgte dafür, dass der fragil anmutende Bau überhaupt möglich wurde.
Mit dem 3D-Modell der Brücke wurden dann verschiedene Faktoren wie Materialdichte, statische Lasten, Verkehrsbelastung oder auch Temperaturauswirkung auf die Struktur bewertet. Nun ist sie gegen Wetterphänomene gewappnet, die nur alle 200 Jahre auftreten.
Ein Markenzeichen
Wenn man die Chengdu West First Bridge über den Jiangxi betrachtet, kann man einige Parallelen zu einem früheren Projekt von Zaha Hadid Architects erkennen: die Sheikh Zayed Bridge in Abu Dhabi. Beide zeichnen sich durch eine organische, wellenförmige Struktur und eine markante Silhouette aus – ein Markenzeichen des Architekturbüros Zaha Hadid Architects.
Das Londoner Architekturbüro verdankt seinen Namen der mittlerweile verstorbenen irakisch-britischen Architektin Zaha Hadid. Hadid wurde im Jahr 1950 in Bagdad geboren und etablierte sich als eine der herausragendsten Architekt:innen und Designer:innen. Als erste Frau erhielt sie im Jahr 2004 die bedeutendste Ehrung in der Architektur, den Pritzker-Architekturpreis.
Ihren Stil beschreibt ihr langjähriger Geschäftspartner Patrik Schumacher als parametrisch, eine Eleganz in geordneter Komplexität. Dieser hält Hadids Erbe und ihre Vision heute lebendig.
Text: Resi Reiner
Bilder: Arch Exist