Nachhaltig angebaut
Das kanadische Architekturbüro Lemay hat in Quebec mit dem Chalet Vale Perkins einen privaten Zubau aus Massivholz errichtet. Ein Projekt, das auf beeindruckende Weise zeigt, wie Nachhaltigkeit mit modernster Architektur funktioniert. Und harmoniert.
Man stelle sich vor, als Architekt und Gründer eines im wahrsten Sinne ausgezeichneten Architekturbüros plane man, seinen privaten Wohnsitz zu erweitern. Man muss sich somit ausnahmsweise an keinerlei Vorgaben oder Kundenwünsche halten, Grenzen setzt lediglich die eigene Vorstellungskraft (und eventuell ein limitiertes Budget).
Netto-Null im Blick
Es ist wohl wenig verwunderlich, wenn ein derartiges Projekt ein überaus beeindruckendes wird. Wie im Fall von Louis T. Lemay, Geschäftsführer und Präsident des von seinem Vater 1957 gegründeten, gleichnamigen Studios mit Hauptsitz im kanadischen Quebec, das weltweit mehr als 400 Mitarbeiter beschäftigt. In Zusammenarbeit mit dem hauseignen „Architektur-Labor“ in Montreal namens The Phenix entwarf der Chef nun einen Zubau für seinen privaten Wohnsitz in Vale Perkins am Lac Memphrémagog.
Auf 232 Quadratmetern designte man mit dem Chalet Vale Perkins ein „Generationenhaus am Seeufer, das durch seine Gestaltung mit der Landschaft verschmilzt“, wie Louis T. Lemay erklärt. Allerhöchsten Wert legte er dabei auf die Richtlinien des eigenen Büros: Transdisziplinäres Design und Nachhaltigkeit nach dem Netto-Null-Prinzip. Wobei hier wiederum der Fokus neben der Eindämmung von Emissionen auf Gesundheit und der Umwelt liegt. Entstanden ist somit „ein Zuhause, das einen mit der Natur verbindet und gleichzeitig so wenig Einfluss wie möglich auf sie hat“, so Lemay.
Holz in der Hütte
Das Chalet Vale Perkins wurde in Massivholzbauweise errichtet, wobei es das dominierende Brettschicht- und Brettsperrholz auch mit Sichtbetonelementen kombiniert. Optisch wohl weniger auffällig, aber ebenfalls eine Hauptrolle im Design spielend, sind die ausgedehnten Glasfronten des Gebäudes, die neben natürlichem Lichteinfall noch etwas ermöglichen: Vollständig geöffnet kann das Haus durchgängig quergelüftet werden. Eine Klimaanlage ist hier keinesfalls notwendig – dafür sorgt auch im Sommer die kühle Seeluft sowie die Beschattung des umliegenden Waldes.
Im Osten schließt das Chalet an das ursprüngliche Wohnhaus an. Hier betritt man das, sich über das gesamte Erdgeschoss erstreckende, Ess-Wohnzimmer, dessen Zentrum der ausgedehnte Kochbereich mit massivem schwarzem Küchenblock darstellt. Gegen Westen steigt das Dach und damit die Decke des Erdgeschosses stetig an. So ergibt sich schließlich Raum für ein Obergeschoss mit Schlafzimmer, in das via Betontreppe mit hölzernem Geländer gelangt. Der Raum im ersten Stock ragt dabei über die Veranda vor dem Wohnbereich heraus und sorgt insbesondere am darunter liegenden Pool für zusätzlichen Schatten.
Natur im Design
Die Holzelemente des Chalets wurden vom lokalen Unternehmen Charpente Montmorency hergestellt. Für die tragenden Teile wählte man Holz der Bleistiftzeder. Das auskragende Obergeschoss wiederum wird von einer Fassade aus dunkel gebeiztem Rotzedernholz umschlossen, ebenso die begrünte Dachterrasse. Die Neigung des Daches beträgt 30 Grad und entspricht damit genau jener der Zufahrt, an der das Chalet errichtet wurde.
Generell folgen Ausrichtung und Design wiederum dem Zweck, die Auswirkungen auf Umwelt und Klima gering zu halten, wie Lemay erläutert. „Die Platzierung des Hauses ermöglicht Wärme und Tageslicht sowie Querlüftung und Luftzirkulation.“ Darüber hinaus diene das Betonfundament als thermische Masse und halte das Haus im Sommer kühl und im Winter warm, so das Studio. „Durch den Einsatz von natürlichen Mitteln zur Regulierung von Licht, Temperatur, Belüftung und Wasserverbrauch, sowie mit der Senkung der Energiekosten durch Photovoltaik-Module wurde alles getan, um den Einsatz künstlicher Systeme zu vermeiden“.
Text: Michi Reichelt
Bilder: Stéphane Groleau