Farbklecks im Einheitsbrei
In Barcelona zeigt das Architekturstudio MACH, wie man eine triste Wohngegend mit einem einzigen (und einzigartigen) Projekt aufpeppen kann. Die Casa Collumpio sticht dabei nicht nur aufgrund ihrer auffälligen Farbe aus der schlichten Umgebung heraus …
Die Gegend rund um die Carrer de Pere Llobet, eine steile, gewundene Straße in den Hügeln Barcelonas, ist nicht unbedingt eine, in der man außergewöhnliche Architektur vermuten würde. Das Viertel namens El Coll im Norden der katalanischen Hauptstadt ist geprägt von schmucklosen ein- und mehrstöckigen Wohnhäusern, denen die Zeit ebenso zugesetzt hat wie die Vernachlässigung durch ihre Besitzer.
Doch die unattraktiven Häuserzeilen erzählen nicht die ganze Geschichte des Stadtteils. Denn im krassen Gegensatz dazu steht der benachbarte, zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Antoni Gaudí konzipierte, Park Güell mit seiner beeindruckenden Architektur und seiner üppigen Begrünung auf einer Fläche von mehr als 17 Hektar. Und seit Neuestem gibt es einen weiteren architektonischen (und tatsächlichen) Farbklecks in El Coll. Die Casa Collumpio, ein ganz besonderes Einfamilienhaus inmitten des baulichen Einheitsbreis. Das Architekturstudio MACH mit Büros in Madrid und Barcelona entwarf ein zweistöckiges Gebäude, das trotz seiner geringen Größe in der steilen Straße sofort ins Auge sticht – und das nicht nur aufgrund seiner auffälligen Fassade.
Fest verankert
Die Casa Collumpio steht eingebettet zwischen schlichten, unattraktiven Häusern als gelber Leuchtturm in der Carrer de Pere Llobet. Und sie ist gekommen, um zu bleiben. Ihr Fundament ist ein schlichter Rahmen aus schwerem Sichtbeton, in dem sich ein Untergeschoss befindet, das sich nach hinten in den Innenhof öffnet, während es straßenseitig unter Straßenniveau liegt. Auf dem Betonsockel wurden Erd- und Obergeschoss als Stahlkonstruktion errichtet. Die Decke zwischen den Stockwerken besteht aus acht Zentimeter dickem Brettsperrholz, das Flachdach aus einem Verbund von Trapezblech und Stahlbeton. Sowohl straßen- als auch hofseitig dominieren raumhohe Glasfronten die Fassade.
Im Kellergeschoss befindet sich ein Schlafbereich sowie – leicht versetzt von der Mitte des quadratischen Grundrisses – ein Badezimmer samt Stauraum. Dieser sanitäre Kern zieht sich über alle drei Ebenen des Gebäudes; man findet ihn auch im Wohn-Esszimmer mit offener Küche im Erdgeschoss sowie im ersten Stock. Dieser kann als Arbeitsbereich dienen, bietet aber auch Raum für ein weiteres Schlafzimmer.
Wunderbar wandelbar
Denn MACH legte besonderen Wert darauf, die Gestaltung des Hauses so flexibel wie möglich zu halten. Lediglich die Nutzung des Erdgeschosses ist aufgrund des fixen Kochbereichs vorgegeben. Im Unter- und Obergeschoss aber implementierte man verstellbare Wände, durch die beide Räume jederzeit verändert werden können. Die Flexibilität der Casa Collumpio wird zudem durch die Gestaltung der Innenräume unterstrichen. Die unbehandelten Materialien erzeugen ein industrielles Flair, das sich auch in den Möbeln aus Stahl und Beton widerspiegelt. Dadurch wird jede Etage des Hauses neutral gehalten – und bleibt somit stets wandelbar.
Waren die Pläne rund um die flexible Gestaltung der Casa Collumpio von Beginn an fixiert, so wurde im Gegensatz dazu die Entscheidung für das markante Gelb an der Fassade und der Treppe im Inneren erst am Ende des Projekts getroffen, wie das Studio erklärt. Man kreierte damit einen bewussten Kontrast zu den rohen Materialien des Hauses. Als Inspiration diente die High-Tech-Architektur des späten 20. Jahrhunderts.
Diese sei wiederum stark von Gebäuden wie dem Eames House in Los Angeles, 1949 von Charles und Ray Eames erbaut, oder 22 Parkside von Richard und Su Rogers, 1970 in Wimbledon fertiggestellt, beeinflusst gewesen, so MACH. „Später stießen wir dann auf das nicht realisierte Yellow House von Peter und Alison Smithson“. Das Gelb sei eine Hommage an sie, „um das Haus fröhlicher zu machen“. Und das ist wohl gelungen.
Text: Michi Reichelt
Bilder: Del Rio Bani