Das höchste Passivhaus der Welt
Canada’s Earth Tower will alle bisherigen Holz-Hochhäuser in den Schatten stellen. Der 40-geschossige Wolkenkratzer in Vancouver wird mit seinem Energiekonzept das höchste Passivhaus der Welt werden.
Es soll ein Gebäude werden, das die Baubranche revolutioniert. 40 Stockwerke, die die ambitioniertesten ökologischen Ziele in sich vereinen, die es bis dato gibt. Ein Paradebau, der allen zeigen soll, wie das Bauen im Zeitalter des Klimawandels geht. Limits? Gibt es keine. So lautete der Auftrag an das Architekturbüro Perkins + Will, aus dem der Entwurf für Canada’s Earth Tower in Vancouver hervorging. Den Titel „Höchstes Holz-Hybrid-Hochhaus der Welt“, den sich derzeit recht viele an die Fahnen heften, will man sich im Vorbeigehen abholen.
Das Mixed-Use-Projekt wird auf einem Grundstück an der Eighth Avenue, nahe Vancouvers Viertel Burrard Slopes gebaut. Die Architekten und die Bauherren von Delta Land Development haben sich viel vorgenommen. Der Turm in Holz-Hybrid-Bauweise, der schätzungsweise 150 Meter in die Höhe ragen wird, soll zudem im Passivhaus-Standard errichtet werden. Das heißt, das Gebäude wird ohne Heizung auskommen und den Wärmebedarf aus passiven Quellen speisen. Als solche Quellen gelten beispielsweise Sonnenenergie sowie die Abwärme von Menschen und Maschinen.
Der Passivhaus-Standard aus Darmstadt
Damit wird Canada’s Earth Tower auf jeden Fall das derzeit höchste Passivhaus der Welt überragen, den Bolueta-Turm in der baskischen Stadt Bilbao. Der schwarze Block hat eine Höhe von 88 Metern und steht im Guinness-Buch der Rekorde, knapp gefolgt von einem Studentenwohnheim in Manhattan, das höhenmäßig zwei Meter darunter liegt.
Wir zeigen der Welt, dass wir bessere Gebäude bauen können – und auch müssen, wenn wir einen echten Wandel anstoßen möchten.
Perkins + Will, Architekturbüro
Das erste Passivhaus der Welt wurde vor genau 30 Jahren im deutschen Darmstadt bezogen. Aus diesem Grund hat hier auch das Passivhaus-Institut seinen Sitz und wacht über die Einhaltung der Kriterien. „Zertifizierung bedeutet eine umfassende Qualitätssicherung, damit tatsächlich eine hohe Energieeinsparung und optimale Wohnbehaglichkeit erreicht werden“, erklärt das Institut.
Ein Gebäude ohne Emissionen
Mit einem angestrebten Energieziel von jährlich 40 Kilowattstunden pro Quadratmeter will man sogar Vancouvers neuen Zero Emissions Building Plan übererfüllen. Mit diesem Plan will die Stadt in den Wirren der unterschiedlichen Emissionsbilanzierungen eine einheitliche Richtlinie schaffen. Für die Errichtung eines Zero-Emission- oder Nullenergie-Hauses gibt es derzeit nämlich keine einheitliche Zertifizierung.
In den letzten Jahren wurden international zahlreiche Gebäude und Siedlungsprojekte realisiert, die einen Ausgleich ihres Primärenergiebezugs und den damit verbundenen CO₂-Emissionen anstreben. Wie dieser Ausgleich im Detail berechnet wird, ist allerdings höchst unterschiedlich. Mittlerweile gibt es auch Bauprojekte, die im Betrieb mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen. Eines dieser Plus-Energie-Häuser ist das spektakuläre Svart Resort von Snøhetta, das derzeit in Norwegen gebaut wird.
Benefits für die Community
Der Earth Tower im kanadischen Vancouver will mit seinem Konzept die Lebensqualität in urbanen Wohnhochhäusern verbessern. Die künftigen Bewohner des Turms werden Zugang zu Wintergärten haben, die südseitig ausgerichtet sind und über drei Stockwerke gehen. 12 bis 18 Haushalte teilen sich jeweils einen dieser bepflanzten Wintergärten. Ein zusätzliches Glashaus befindet sich auf der Dachterrasse, die einen 360-Grad-Ausblick über die Hafenmetropole bietet.
Durch Biodiversität und die Schaffung von öffentlichem Raum wollen die Architekten auch der Gemeinschaft eine Reihe an Benefits bieten. „In der Zusammenarbeit mit einem visionären Kunden zeigen wir der Welt, dass wir bessere Gebäude bauen können – und auch müssen, wenn wir einen echten Wandel anstoßen möchten“, so die Architekten von Perkins + Will.
Text: Gertraud Gerst
Visualisierungen: Perkins + Will