Ein Denkmal für „The Boss“
In New Jersey wird ein Museum in Holzbauweise gebaut, das dem Musiker Bruce Springsteen gewidmet ist. Passend zum Duktus des Poeten der Arbeiterklasse wird es ein rostiger Container im Brachland.
In einem kleinen Haus in West Long Branch, New Jersey, wurde in den 1970er-Jahren Musikgeschichte geschrieben. Hier mietete sich der junge Bruce Springsteen 1974 ein und komponierte auf einem Piano alle Songs des Albums „Born to Run“ in einer monatelangen Klausur. Damit gelang ihm 1975 der Durchbruch in den USA und die „Times“ pries ihn am Cover als „die neue Sensation des Rock“. 50 Jahre später entsteht nun auf dem Campus der Monmouth University, nicht weit von Springsteens ehemaligem Haus entfernt, ein Museum: das Bruce Springsteen Archives and Center for American Music (BSACAM).
Das musikalische und biografische Archiv der Rocklegende, das bislang in der Universität untergebracht war, bekommt ein eigenes Gebäude am Campus. Neben dem Werk Springsteens und seiner E Street Band soll das neue Museum auch „die Geschichte amerikanischer Musik und seine Diversität an Künstlern und Genres“ beleuchten. Teil des Neubaus wird neben den Galerieräumen auch ein Konzertsaal sein.
Bodenständig und authentisch
Der Entwurf dafür stammt vom New Yorker Architekturbüro CookFox, das sich nach eigener Beschreibung der „integrativen, umweltorientierten Architektur“ verschrieben hat. Entsprechend ihrer Ausrichtung wird das Museum in Holzbauweise errichtet. „Der konstruktive Holzbau senkt die CO2-Emissionen der Baustoffe und unterstreicht zugleich die Wärme und Behaglichkeit, die viele mit der Musik von Bruce Springsteen verbinden“, erklären die Architekten in einer Aussendung.
Der konstruktive Holzbau senkt die CO2-Emissionen der Baustoffe und unterstreicht zugleich die Wärme und Behaglichkeit, die viele mit der Musik von Bruce Springsteen verbinden.
CookFox Architects, Architekturbüro
„The Boss“, wie Springsteen auch genannt wird, ist mit seinen Blue-Collar-Hits weltberühmt geworden. Seine Herkunft aus einer religiösen Arbeiterfamilie hat ihn stark geprägt, und die Musik verschaffte ihm ein Mittel, aus den beengten Verhältnissen auszubrechen. Auch wenn er die Fabriken, über die er schreibt, nie von innen gesehen hat, zeichnet er in seinen Songs sehr treffend das Leben und die Gefühle des „kleinen Mannes“ nach und wirft einen ungeschönten Blick in die Seele Amerikas.
Kein verklärender Glanz
Genauso bodenständig und authentisch wie er selbst sollte auch die Architektur sein, die seinem Leben und seiner Musik gewidmet ist. Kein Zierat, kein Pomp, kein Firlefanz. Nichts, das den Dingen einen verklärenden Glanz überstülpt. Vielmehr müsste es ein Ort sein, der zum poetischen Realismus seiner Songtexte passt. Ein Ort, der mit Versen wie diesen im Gleichklang schwingt: „Through the mansions of fear, through the mansions of pain, I see my daddy walking through the factory gates in the rain“ (aus dem Song „Factory“).
Die rostige Schicht des Cortenstahls an der Fassade trägt dem ebenso Rechnung wie die containerartige Kubatur des Riegelbaus. Beides ist am industriellen Erbe New Jerseys inspiriert, das maßgeblich vom Schiffsbau und der Stahlindustrie geprägt wurde. Die senkrechten Stahllamellen sind drehbar und regulieren so den Lichteintrag in die Räume dahinter.
Rostiger Container im Brachland
Ein Holzsteg, der zum Eingang des Museums führt, zitiert die für die Küste des Bundesstaates typischen Promenaden, wie der Projektbeschreibung zu entnehmen ist. Er führt über ein weiches, welliges Gräserbett, angelehnt an die Landschaft der Küste, für die New Jersey so bekannt ist. Die Gestaltung des Außenbereichs, die in Zusammenarbeit mit Laguardia Design Group entstand, soll die regionale Biodiversität steigern und außerdem einen Schutz vor Überschwemmungen bieten.
Das Storytelling, das sowohl Springsteens Musik als auch der Entstehung seiner Archive zugrunde liegt, wird in der gebauten Umgebung von BSACAM erlebbar sein.
CookFox Architects, Architekturbüro
Statt einer geschniegelten Parkanlage ähnelt die Bepflanzung eher naturbelassenem Brachland, wie es sich auch am Rand eines Highways finden ließe. Quer hineingeparkt ein überdimensionaler, rostiger Container. Eine Skulptur, die eine eigene, etwas wehmütige Geschichte erzählt. „Das Storytelling, das sowohl Springsteens Musik als auch der Entstehung seiner Archive zugrunde liegt, wird in der gebauten Umgebung von BSACAM erlebbar sein“, erklären die Architekten von CookFox.
Wie auf den Visualisierungen zu sehen ist, weist der rechteckige Kubus an beiden Enden großflächige Glasfassaden auf, während an den Längsseiten kleinere Fenster verteilt sind. Die hohen Wände im Inneren zieren zahlreiche Gitarren und eine umfassende Vinylkollektion. Insgesamt besteht die Sammlung aus rund 48.000 Objekten aus 47 Ländern, darunter Zeitungsartikel, mündliche Überlieferungen und besondere Konzert-Memorabilia. Für eingefleischte Fans des Musikers brechen mit der Eröffnung des Museums, das für 2026 geplant ist, also besondere Zeiten an, vermutlich Glory Days.
Text: Gertraud Gerst
Visualisierungen: CookFox Architects