Belfast Waterside: Neues Leben fürs City-Ufer
Flussufer ziehen Menschen an. Ein guter Grund, wassernahe Zonen im urbanen Raum attraktiv zu gestalten. In Nordirlands Hauptstadt verwandelt jetzt der Masterplan dänischer Architekten die Belfast Waterside: Das verwaiste City-Ufer wird zum lebenswerten Hotspot umgebaut.
Entspannt aufs Wasser schauen, am Fluss entlang spazieren, Kultur-Events, Gastgärten und gemütliche Lokale genießen: Wie schön, wenn eine Stadt derlei zu bieten hat. Attraktiv gestaltete City-Ufer beleben auch abgelegene Viertel im Nu. Und sie sind gefragter denn je. Für Freizeit und Outdoor-Aktivitäten, aber auch zum Wohnen. Nordirlands Hauptstadt will diesem Bedürfnis jetzt gerecht werden: Ab 2022 soll die Belfast Waterside in neuem Glanz erstrahlen.
Prestigeprojekt am Lagan River
Der Masterplan zur Neubelebung des lang verwaisten, 158.000 Quadratmeter großen Areals der Sirocco Werke am Lagan River stammt vom renommierten dänischen Architekturbüro Henning Larsen. Und es handelt sich immerhin um das größte Entwicklungsprojekt der jüngeren Belfaster Stadtgeschichte. Ein Prestigeprojekt, das die Verbindung des Zentrums mit dem Osten der Stadt revitalisieren und zum neuen Kreativ-Hotspot werden soll.
Entwickler ist die globale Immobiliengesellschaft Osborne+Co.. Die Kosten des Projektes liegen bei 464 Millionen Euro. Laut Osborne+Co. werden an der Belfast Waterside 675 Wohnungen entstehen. Bis zu 20 Prozent davon sollen in die Kategorie „leistbar“ fallen, mindestens zehn Prozent seien sozialem Wohnbau vorbehalten.
Neue Bürogebäude sollen Raum für rund 8.000 Arbeitsplätze schaffen. Auch ein Hotel, serviced Apartments und Freizeitanlagen sind vorgesehen – ebenso, wie Elemente für gemeinschaftliche Nutzung, eine Fußgänger- und Rad-Brücke.
Diese Neuentwicklung ist eine einzigartige Gelegenheit etwas zu schaffen, das Belfast dringend braucht
Jim Osborne, Partner Osborne+Co.
Das Areal, das nun zu einem Uferviertel der Weltklasse werden soll, sei bisher eine „Narbe am Zentrum der Stadt“ gewesen, urteilt Osborne+Co-Hauptpartner Jim Osborne.
Award für Henning Larsens Plan
Das Konzept der skandinavischen Architekten verspricht auf alle Fälle, diese Narbe auf nachhaltige, elegante Art zu heilen. Schließlich wurde Henning Larsens Masterplan bei den World Architecture News Awards 2018 mit dem Future Projects Urban Design Award ausgezeichnet.
Das ambitionierte Ziel: Eine moderne, lebendige „mixed-use“ Zone, die rundum Lebensqualität verspricht – für Bewohner, Werktätige und Besucher.
„Wir haben in diesem Projekt eine außergewöhnliche Chance gesehen, die skandinavische Auffassung von Outdoor-Leben nach Belfast zu bringen“, schildert Henning Larsen Partner Jacob Kurek. Und: „Von Kopenhagen wissen wir, dass Häfen ein enormes Potential haben, das öffentliche Leben einer Stadt anzukurbeln. Wir werden den Rahmen dafür schaffen, dass Menschen sich als Teil eines gemeinsamen öffentlichen Lebens am Lagan Fluss empfinden.“
Waterside soll Belfast attraktiver machen
Die neue Belfast Waterside werde es verlockend machen, in der Stadt zu bleiben, ist Kurek überzeugt. Und der Lagan River werde nicht länger Barriere, sondern künftig verbindendes Element Belfasts sein. Zudem soll die moderne Belfast Waterside die Outdoor-Saison in Nordirlands Metropole verlängern.
Vom „Giant’s Causeway“ inspiriert
Die Basis dafür liefert jene Inspirationsquelle, die Henning Larsen Architects bei der Planung des Projektes heranzogen: Der berühmte Giant’s Causeway an der nördlichen Küste des Countys Antrim in Nordirland.
Die geometrische Steinlandschaft des sagenumwobenen Naturwunders Giant’s Causeway diente den Architekten als Vorlage für die Neugestaltung der Belfast Waterside. Das Ergebnis: Terrassenförmig angelegte Gebäude, deren Höhe zum Ufer hin abnimmt.
Windschutz verlängert Outdoor-Saison
Durch diese Strategie wird kalter Wind über die Häuser hinweg statt in die Gassen geleitet. Dies werde, so schätzen die Henning Larsen Spezialisten, die Windgeschwindigkeit in der kühlen Klimazone Belfasts deutlich reduzieren.
Ein architektonischer Trick, der die Saison angenehmer Outdoor-Aktivität vor Ort von derzeit durchschnittlich nur neun Wochen auf beeindruckende 25 steigern könne. „Wir haben das thermische Mikroklima anhand einer effektiven Verlaufsskala für das Projekt analysiert“, erklärt Jacob Kurek.
Auch andere potentielle Störfaktoren wurden bei der Planung bedacht und bestmöglich eliminiert, berichtet der Architekt: „Durch Platzierung der höchsten Bürogebäude entlang der Nordseite – gegenüber der Bahnstrecke – schaffen wir eine akustische Barriere, die Lärm abwehrt“.
Viel Licht und freier Blick aufs Ufer
Und damit nicht genug: „Die niedrigeren, nach Süden gerichteten Gebäude halten die Uferzone fußgängerfreundlich und menschengerecht“. Zugleich könne man mit dieser Strategie allen Gebäuden freien Blick auf den Fluss und optimalen Tageslichteinfall sichern.
Betreut wird das Belfaster Projekt vom visionären Stadtentwickler und Osborne+Co-Chairman Chris Kane. Baudirektor ist Flan McNamara, der etwa auch das zwei Milliarden britische Pfund schwere Projekt des London Bridge Quarter inklusive des „The Shard“ dirigierte.
Belfast Waterside & andere City-Ufer
Belfast Waterside ist nicht das einzige urbane Erneuerungsprojekt eines früheren Industriegeländes, an dem das Büro Henning Larsen derzeit arbeitet. Die für nachhaltige Bauten bekannten dänischen Architekten sind auf die Planung sozialer Räume spezialisiert, die zwischenmenschliche Interaktion und Aktivität fördern.
Ein weiteres Großprojekt am Wasser, für das Henning Larsen verantwortlich zeichnet, ist aktuell ebenfalls im Entstehen: Die Neugestaltung des Geländes der historischen kaiserlichen Werft im polnischen Danzig, die bis 2021 abgeschlossen werden soll.
Text: Elisabeth Schneyder
Bilder: Henning Larsen