Sauna, architektonisch mit Kunst verquickt
Was geschieht, wenn man Kunst, Architektur, Essen und Natur zusätzlich mit einem ästhetisch-sinnlichen Erlebnis verquickt? Und das Ganze in Finnland? Ergebnis der Arbeit der Architekten Mendoza Partida und Boris Bezan ist die Art-Sauna beim Serlachius Gösta Museum.
Was wären die Finnen ohne Sauna? Finnen gehen geschätzt 366 von 365 Tagen in die Sauna – sie ist aus dem Alltagsleben einfach nicht wegzudenken. Steinzeitliche Funde zeugen zwar vom Ursprung des Bads in heißer Luft im Norden Ostasiens. Weiterentwickelt und perfektioniert wurde die Saunakunst jedoch in den skandinavischen Ländern.
Und so hat die Sauna in Ländern wie Schweden, Norwegen, Russland oder Finnland eine enorme Bedeutung bei der Pflege von sozialen und auch Business-Kontakten. Seit dem 17. Dezember 2020 ist die finnische Saunakultur sogar ein Immaterielles Kulturerbe der UNESCO – der Begriff „Sauna“ ist das am weitesten verbreitete finnische Wort.
Art-Sauna: Saunieren geht überall
Es ist daher nur konsequent, dass sich die Finnen vorstellen können, grundsätzlich überall zu saunieren. Die unweit von Tampere gelegene Stadt Mänttä-Vilppula zählt zwar nur knapp 10.000 Einwohner – sie reklamiert aber mit zahlreichen Kunst-Events und -Festivals für sich „Art Town” zu sein. Und sie liegt im malerischen, südlichen Gebiet Pirkanmaa.
Jetzt kann man in Mänttä-Vilppula nicht nur den Skulpturenpark vor dem Serlachius-Museum Gösta, das stattliche, alte Herrenhaus, die ausgedehnte Seenlandschaft und den mystischen Wald bewundern – sondern als Museumsgast in einem Aufwaschen und sozusagen Aufguss gleich auch eine fesch designte Sauna be- und aufsuchen.
Art-Sauna: Sauna mit ganz viel Architektur und Kunst
Die Art-Sauna, oder Kunstsauna, die am Ufer des Serlachius Museums Gösta erbaut wurde, bringt in die finnische Sauna eine neue architektonische Perspektive ein. Oder in den Museumsbesuch eine körperlich-sinnliche Komponente – je nachdem, wie man es betrachtet.
Das Kunstmuseum Gösta befindet sich seit 1945 im Gutshaus Joenniemi. Es wurde damals für den Papier-Industriellen und Kunstsammler Gösta Serlachius als Wohn- und Repräsentationshaus erbaut. Darin sind die Sammlungen der nach ihm benannten Kunststiftung ausgestellt. 2014 kam ein Holzpavillon als Anbau hinzu. Mit dem Neubau konnte das Kunstmuseum sein Repertoire um Ausstellungen der Gegenwartskunst erweitern.
Das Kunstmuseum befindet sich in einem kulturhistorisch wertvollen Parkgelände am Ufer des Sees Melasjärvi. Dort sind zahlreiche Skulpturen des Künstlers Harry Kivijärvi zu sehen.
Kunst und Schwitzen
Nun müssen die Museums-Besucher nicht mehr zwischen Kunstgenuss und einem relaxten Sauna-Sonntag wählen – gibt es doch beides an einem idyllischen Flecken Land. Der neue Spa-Bereich wurde in den Museumskomplex am See integriert.
Die Sauna ist für die Öffentlichkeit zugänglich. Man kann sie für Gruppen buchen oder an den allgemeinen Terminen dabei sein.
Gestalter der Art-Sauna sind die beiden in Barcelona ansässigen Architekturbüros Mendoza Partida und BAX Studio, die schon für den Anbau des privaten Museums für zeitgenössische Kunst verantwortlich zeichneten.
„Saunamarathon” für Architekten
Witziges Detail am Rande: Dem Sauna-Zubau war im Jahre 2018 ein „Saunamarathon” für ausländischen Architekten vorangegangen. Bei diesem konnten sie verschiedenartige Saunen kennenlernen.
Der Saunagang im Serlachius Museum Gösta belebt die Sinne vor allem durch die vielfältigen Kontraste, lobt Päivi Viherkoski, Direktor des Serlachius-Museums, die Arbeit der Architekten Mara Partida, Héctor Mendoza und Boris Bezan. Ziel der Sinnesreise ist naturgemäß das kreisrunde Dampfbad.
Wechselbad der Strukturen
Dort treffen weiche Holzoberflächen mit geschwungenen Eichenbalken auf die harten, rhythmischen Steinoberflächen der Wände und Böden. Es ist fast so, als wollte man das typische Wechselbad aus kalt beim Gang durch den kühlen Innenhof in die warme Sauna auch in den Strukturen nachempfinden.
Die Erweiterung des Museums um die Art-Sauna wird hoffentlich noch mehr Business-Kunden und internationale Touristen für das Serlachius-Museum, die Geschichte der finnischen Kunst und der Forstindustrie sowie unsere stimmungsvollen Ausstellungen begeistern.
Päivi Viherkoski, Direktor des Serlachius-Museums
Der Weg im Gösta-Park, der den Besucher zur Art-Sauna führt, gabelt sich und bringt einen zum diskreten Empfangsportal. Die Gestaltung der Art-Sauna folgt der Logik des Gösta-Pavillons, der als leichte Holzkonstruktion gebaut wurde, die mit dem Wald in Verbindung geht.
Erd- und wasserverbunden
Der neue Sauna-Tempel sucht die Verbindung zum Boden, zur Erde. Die Art-Sauna ist als Natur- und Kulturerlebnis zu verstehen. Der Komplex mit seinen begrünten Dächern ist im Hang eingebunden, der sanft zum Seeufer abfällt. Naturgenuss steht bei den naturverbundenen Finnen häufig im Fokus – so auch beim Luxus-Blockhaus „Wave House” des finnischen Architekten Seppo Mäntylä.
Das Projekt Art-Sauna bricht mit der traditionellen Idee, dass Umkleidebereich und Saunaraum miteinander verbunden sind. Die Lobby befindet sich im Freien, der Innenhof gleicht einem Atrium eines römischen Tempels. Erst dann gelangt man zum Sauna-Bereich.
Die Außenwände bestehen aus Natur- und Kunststein, Fensterrahmen und Türen aus hellem Holz. Ein 30 Meter langer Bootssteg sowie eine große Terrasse im Außenbereich, die sich zum See hin öffnet, sind weitere Bestandteile des Komplex. Auf der Terrasse steht zu Ehren des spanischen Architekten Félix Candela der Candela-Tisch im Mittelpunkt. An diesem prächtigen Steintisch können bis zu 24 Personen speisen.
Stützmauern formen die Innenräume, die „Patios” wo Licht und Ausblicke den Besucher kunstvoll überraschen.
Für Veranstaltungen buchbar
Im Dampfbad selbst können sich 20 Personen aufhalten. Es gibt zwei getrennte Umkleide- und Duschräume mit je drei Duschen, eine kunstvoll gestaltete Außendusche sowie ein Sprudelbecken für etwa sieben Personen. Natürlich kann man auch in den herrlich kühlen See eintauchen.
Die öffentliche Lounge bietet gleichzeitig eine sehr häusliche und gemütliche Atmosphäre und kann aber auch als Veranstaltungsraum mit Tagungstechnik und unterschiedlichen Anordnungen dienen – von kleineren Tischen bis hin zu einer langen Tafel für bis zu 30 Personen ist alles möglich.
Das einzigartige Dach der Lounge mit den vier Holzgewölben bildet eine Art fließendes Kontinuum, das in Kontrast zum großen, acht Meter langen Fenster steht, das die Landschaft einrahmt und sie so in die Innenatmosphäre einbezieht.
Art-Sauna kommt nicht ohne Kunst aus
Aber ohne Kunst wäre es keine Kunst-Sauna: Die Kunst ist nicht nur in Kunstwerken sondern auch in Gebrauchsgegenständen zu sehen. Satu Rautiainens großformatiges Gemälde „Lintujen juomapaikka” (Vogeltränke) schmückt die Wand im Foyer. Das Thema des Werks wiederholt sich in den Bade- und Sitztücher. Die Kunstwerke im Salon der Sauna stammen von Anni Rapinoja und Jussi Goman.
In den Duschräumen entdeckt man bei genauerem Hinsehen die Saunabadenden des Künstlers Eric O. W. Ehrström. Auch im Freien gibt es Kunst zu sehen, unter anderem ein Mosaik von Tuula Lehtinen.
Möbel, Saunakelle und -eimer von Top-Designern
Die Sauna ist mit Möbeln von internationalen Top-Designern ausgestattet: Von Òscar Tusquets stammen die Gaulino-Stühle, von Patricia Urquiola das Sofa, auch Jasper Morrison und Faye Toogood haben mitgewirkt. Bekannte finnische Designer wie Eero Aarnio, Alvar Aalto und Lisa Johansson-Pape sind in dieser Saunawelt ebenfalls vertreten.
Die Handschrift von Antrei Hartikainen, der der jungen Generation preisgekrönter Tischlermeister angehört, zeigt sich in den Formen des Beistelltischs im Salon sowie der Saunakelle und des Saunaeimers, die Hartikainen speziell für die Art-Sauna entworfen hat.
Sich laben gehört dazu
Zum Saunaerlebnis gehört auch gutes Essen dazu. Neben Snacks gibt es gegrilltes Rinderfilet, der frische Fischfang gart im Räucherofen. Selbstverständlich stehen auch vegetarische und vegane Speisen zur Auswahl.
Der Essbereich wird durch die Küche, einen speziellen Bereich für Weinverkostungen sowie einen Wohnbereich neben einem Kamin ergänzt.
Text: Linda Benkö
Fotos: Marc Goodwin