Im Einklang mit Klima und Natur
Die Ausstellung „Arctic Nordic Alpine“ präsentiert zeitgenössische Architektur in gefährdeten Naturlandschaften. Im Zentrum stehen Werke des hoch dekorierten Studios Snøhetta.
Auch wenn der Gedanke an Baustellen in sensibler Landschaft aufs Erste Unmut weckt: Es gibt Projekte, die der Bewahrung sogar Vorschub leisten. So entsteht etwa mit dem „Svart Resort“ das weltweit erste Hotel mit positiver Energiebilanz. Europas erstes Unterwasser-Restaurant „Under“ indes ist zugleich ein Forschungszentrum, das dem Schutz der Meere dient. Und im spektakulären „Arctic World Archive“ wird über das pflanzliche Welterbe gewacht. All diese Novitäten liegen in gefährdeten Regionen. Und sie sind superbe Beispiele für Architektur, die zum Schutz von Klima und Natur beiträgt.
„Architekt des Jahres“ mit Umweltexpertise
Entworfen wurden die drei genannten Wunderwerke vom renommierten Büro Snøhetta, das jetzt von AW Architektur & Wohnen als „Architekt des Jahres 2020“ ausgezeichnet wird. Der Zeitpunkt der Ehrung passt perfekt. Denn von 4. Juli bis 20. August 2020 demonstriert eine Ausstellung im Berliner Aedes Architekturforum den Einfluss baulicher Eingriffe auf sensible Zonen. Zentrales Thema der Schau „Arctic Nordic Alpine“ ist zeitgenössische Architektur in gefährdeten Naturlandschaften. Und konzipiert wurde sie just vom nun prämierten Studio Snøhetta, dessen Werke dabei im Vordergrund stehen.
Allerdings werden auch künftige Stars der Branche ins Rampenlicht geholt: Spannende Entwürfe Studierender der Universitäten Stuttgart und Innsbruck, der Architektur- und Designhochschule Oslo und der Osloer Studierendeninitiative 120 Hours werden ebenfalls gezeigt.
Riskofaktor Stadtflucht
Obwohl die größten Herausforderungen für Planer und Architekten heute in den immer dichteren Städten und Ballungsräumen liegen: Innovative Strategien und Lösungen, die nachhaltigeren Umgang mit der Natur fördern, sind gefragter denn je. Auch da, wo bisher kaum oder gar nicht gebaut wurde.
Die Zahl der Städter, die der urbanen Hektik entfliehen wollen, steigt schließlich seit Jahren rasant. Viele zieht es in bislang spärlich besiedelte Gebiete. Nur logisch also, dass Natur und Landschaft auch dort zusehends Schaden durch Siedlungsbauten, Verkehr und Tourismus droht. Von den Folgen fürs Klima ganz zu schweigen.
Wir sind uns bewusst, dass jeder Eingriff den aktuellen Zustand eines Ortes verändert
Snøhetta-Mitgründer Kjetil Trædal Thorsen
„Für viele Menschen ist die Peripherie ins Zentrum des Interesses gerückt und die Natur zu einem Sinnträger geworden. Auch wenn es widersprüchlich erscheinen mag, werden dadurch abgelegene Gegenden besonders attraktiv für Menschen, die den Wunsch haben, Teil von etwas Authentischem zu sein“, analysiert Snøhetta-Mitgründer Kjetil Trædal Thorsen.
Um die vielfältige Nachhaltigkeit dieser Orte zu bewahren, sei es oft richtig, nicht zu intervenieren. An Orten, die bereits unter Druck stehen, gelte es jedoch, weitere Zerstörung durch neue Strategien zu verhindern. Ein Ziel, dem sich auch andere bekannte Architekten wie etwa Dorte Mandrup längst mit Nachdruck verschrieben haben.
Architektur, die schützt und bewahrt
Das erfahrene Snøhetta-Team geht fix davon aus, dass die Belastung durch den Menschen außerhalb der Städte deutlich zunehmen wird. Und Kjetil Trædal Thorsen betont: „Wir sind uns bewusst, dass jeder Eingriff den aktuellen Zustand eines Ortes verändert“.
Die in Kooperation mit Zumtobel Lighting und AW Architektur & Wohnen präsentierte Ausstellung bei Aedes soll nun zeigen, wie sich dies ohne Umweltschaden machen lässt. Mit achtsamer Architektur, die Natur und Klima schützt. Und mit Neubauten, die sich behutsam in die umgebende Landschaft einfügen.
Die Ausstellung liefert einen Beitrag zum Dialog über nachhaltige Architektur in natürlichen und ländlichen Umgebungen. Im Brennpunkt: Regionen, in denen sich Menschen Wohlstand und ein zufriedenes Leben aufbauen wollen, ohne die Natur zu belasten. Beleuchtet werden alle räumlichen Auswirkungen kleiner und großer Bauprojekte auf ihre jeweilige Umgebung.
Vielfältige Werkschau
Lokale Gegebenheiten wie Topografie und Ökologie werden dabei genauso behandelt wie kulturelle und soziale Aspekte. Auch der Faktor Wirtschaft – also etwa Tourismus – kommt selbstverständlich nicht zu kurz.
„Arctic Nordic Alpine“ präsentiert sowohl realisierte, als auch geplante Projekte von Snøhetta. Neben den drei eingangs genannten, bieten weitere 17 Werke Einblick in die interdisziplinäre Arbeitsweise des Büros. Darunter etwa der „Perspektivenweg“ auf der Nordkette bei Innsbruck und der „Wild Reindeer Centre Pavilion“ (siehe auch Beitragsbild) im norwegischen Hjerkinn. Darüber hinaus werden acht Entwürfe angehender Architekten vorgestellt.
Gefeiert werden mit der „Arctic Nordic Alpine“-Ausstellung nicht nur umweltfreundliche Architektur und Snøhettas preisgekrönte Arbeit: Das Aedes Forum begeht zugleich sein 40-jähriges und sein Partner Zumtobel sein 70-jähriges Jubiläum.
Seit 25 Jahren fördern der weltweit operierende österreichische Leuchtenhersteller und Aedes den internationalen Architekturdiskurs im Spannungsfeld von Kultur und Technologie im baulichen Kontext.
Ein Ergebnis dieser erfolgreichen Kooperation ist der „Zumtobel Group Award – Innovations for Sustainability and Humanity in the Built Environment“.
Vorrang für nachhaltige Architektur
Dass dem Leuchtenhersteller Klima und Natur am Herzen liegen, belegt auch dessen eigener Firmensitz in Dornbirn: Hauptquartier und Produktionsstätten wurden neu gestaltet. Selbstverständlich nach einem nachhaltigen Konzept, entworfen von …? Genau: Snøhetta!
Text: Elisabeth Schneyder
Bilder: Christian Flatscher, Ketil Jacobsen, Ivar Kvaal, Jan M. Lillebø, Diephotodesigner, Snøhetta / Plomp / Plompmozes