Nachhaltigkeit am Pier
Das dänische Architekturbüro BIG verwandelt das jordanische Hafenterminal von Maersk und APM Terminals, das Aqaba Container Terminal, in ein solarbetriebenes Community-Zentrum.
Rund 80 Prozent der weltweit gehandelten Waren werden über die Wasserwege transportiert. Die Bedeutung der weltweiten Schifffahrt ist für die globalisierte Welt demnach enorm – unter anderem bei der Beschaffung von Rohstoffen und Wirtschaftsgütern. Im besten Fall fahren die Schiffe mit entschwefeltem Schweröl, mit hochwertigem Diesel oder LNG, also kühl verflüssigtem Erdgas. Der gewerbliche Seeverkehr hat aber immer noch eine ungünstige Klimabilanz, E-Frachter stecken noch in den Kinderschuhen.
Ansetzen kann man jedoch bei der Logistik und der Infrastruktur, konkret bei den Hafenterminals. Das Architekturbüro BIG ist auch hier Vorreiter und hat einen Masterplan für den Hafen von Akaba entwickelt.
Die Zukunft der Häfen ist grün
In der Vergangenheit haben sich Städte um Häfen herum entwickelt. Diese waren ein Knotenpunkt für Transport und Handel und damit auch so etwas wie ein sozialer „Hub”. Heute sind die meisten Häfen jedoch in die Industriegebiete an der Peripherie der Städte „verdrängt” worden.
Dies hat handfeste Gründe: Die Wohngebiete und damit die Bevölkerung sollen vom Lärm und dem Schmutz, der mit der Seeverkehrsindustrie einhergeht, verschont bleiben. Zudem müssen Häfen zwar hohen Sicherheitsstandards Genüge leisten, sie sind jedoch nicht beliebig mit Wohnstandards kombinierbar oder kompatibel.
Doch die Zukunft auch der Schifffahrtsindustrie und damit der Häfen ist grün. Und so verwandelt das renommierte dänische Architekturbüro Bjarke Ingels Group (BIG) das Hafenterminal bei Akaba, oder Aqaba, wie der einzige Seehafen Jordaniens auch geschrieben wird, in ein solarbetriebenes Gemeinschaftszentrum.
BIG unterstützt das Hafenbetreiberunternehmen APM Terminals mit Hauptsitz im niederländischen Den Haag sowie das Containerlogistikunternehmen A.P. Moller – Maersk bei der umweltfreundlichen Neugestaltung des Akaba Port Terminals bis zum Jahr 2040.
Aqaba Container Terminal: Netto-Null-Emissionsziel bis 2040
Das Projekt ist der erste Schritt zur Dekarbonisierung großer Häfen und Containerterminals – und zur Anbindung der Schifffahrtsinfrastruktur an lokale Gemeinschaften. Akaba gilt als wichtiges Verteilungsnetz in Jordanien, der Levante und darüber hinaus. Levante ist die historische geografische Bezeichnung für die Länder am Mittelmeer, östlich von Italien.
„Um unser langfristiges Engagement für Aqaba und die jordanische Vision der Modernisierung der Wirtschaft 2030 zu bekräftigen, haben wir einen Plan auf regionaler als auch auf globaler Ebene entwickelt, einschließlich eines Netto-Null-Emissionsziels für 2040”, sagt Keith Svendsen, CEO von APM Terminals.
Schaffung einer nachhaltigen, städtischen Umgebung
BIG hat bereits mit etlichen Projekten Unternehmen dabei unterstützt, ihre Netto-Null-Emissionsziele zu erreichen: Dazu gehört etwa die Hochhaus-Oase CapitaSpring Tower in Singapur, die für CapitaLand Development (CLD), CapitaLand Integrated Commercial Trust und Mitsubishi Estate Co. errichtet wurde. Oder die Wolf Ranch in Texas, eine Community, bei der die 100 Häuser aus dem 3D-Drucker stammen. Plus das ebenfalls mit 3D-Bau-Pionier ICON entwickelte Hotel-Projekt El Cosmico als Vorläufer für NASA-Aufträge auf dem Mond.
BIG und die Auftraggeber verfolgten beim Aqaba Container Terminal mehrere Ziele: einerseits wollte man wieder Leben in den Hafen zu bringen. Andererseits hatte man die Dekarbonisierung der Infrastruktur sowie die Schaffung von Synergien mit lokalen Unternehmen und Gemeinden unter Einbezug von naturnahen Lösungen zur Umweltsanierung im Auge. Die Erhöhung der Sicherheit und der betrieblichen Effizienz sind ebenfalls Bestandteil der Maßnahmenkatalogs.
Parallel zur Neutralisierung der Kohlendioxidemissionen verkürzen sich die Entfernungen zwischen Werft, Zollabfertigungsanlagen, Logistik- und Vertriebszentren. So wird der Terminal automatisch zu einem Anziehungspunkt für Innovation, Forschung, Büros und Handelseinrichtungen.
Anziehungspunkt für Innovation, Forschung, Büros und Handels
Die umgebenden Gemeinden können mit den Industrieunternehmen gemeinsam Pläne für Schulungszentren, Erholungsgebiete und Parks schmieden. So würden auch die „grauen Teile” der Städte zu grünen Zentren, heißt es bei BIG. Das zu modernisierende Areal umfasst eine Fläche von drei Quadratkilometern.
Die Entwicklung dieser Vision in Zusammenarbeit mit Maersk, APM Terminals und ACT war eine unglaubliche Gelegenheit, mit Branchenführern an der Gestaltung und Innovation der globalen maritimen Infrastruktur, auf die wir alle angewiesen sind, zusammenzuarbeiten.
Giulia Frittoli, Partnerin, BIG
Sauberer Strom für die E-Kräne
Im Aqaba Container Terminal werden Solaranlagen und Solarüberdachungen in Betrieb sein. Sie ermöglichen den emissionsfreien Betrieb des Hafens und den Einsatz von elektrifizierten Kränen, weiteren E-Fahrzeugen und Ladestationen. Zur modernen Ausstattung gehört auch ein innovativer Straßenbelag.
BIG ist ein Architekturbüro mit Studios in Kopenhagen, New York, London und Barcelona. Es wurde 2005 vom dänischen Architekten Bjarke Ingels gegründet. Ein weiterer wichtiger BIG-Masterplan ist Esbjerg Strand – ein von Wasser umgebenes Innovationszentrum in Dänemark.
Text: Linda Benkö
Visualisierungen: Ping-Pong Visualization / BIG