Digital-Uni Linz, IT:U, Kronaus Mitterer Architekten, Holzbau, Bodenversiegelung
#stadtplanung

Digital-Uni Linz wird ein Holzbau

Die geplante Digital-Uni in Linz soll ein vorbildlicher Gebäudekomplex aus Holz und recyceltem Beton werden. Dass sich trotzdem Kritik am Bauprojekt regt, zeigt, dass sich große Grünflächen heute nicht mehr widerstandslos versiegeln lassen.

Drei langgezogene Baukörper schmiegen sich an den Hang der beginnenden Mühlviertler Landschaft und bilden ein „zeichenhaftes Gebäudeensemble“, wie das Wiener Architekturbüro Kronaus Mitterer es beschreibt. Von oben betrachtet ergibt sich eine symbolische Form, die an „gebaute Datenströme“ erinnere. Sehr passend für die neue Digital-Uni Linz, die offiziell IT:U heißen wird und direkt neben dem Science Park der Johannes Kepler Universität liegt. Sie ist harmonisch eingebettet in die Topografie der leicht ansteigenden Landschaft und spiegelt dies in tektonisch anmutenden „Höhenschichtlinien“ an den Baukörpern wider. Während die oberen Stockwerke aus Holz geplant sind, soll bei den Untergeschossen recycelter Beton zum Einsatz kommen. Soweit eigentlich alles vorbildlich. Wäre da nicht der bestehende Schutz des Grüngürtels, der für das Bauvorhaben aufgehoben werden muss.

Verschwenderischer Bodenverbrauch in Österreich

War die Umwidmung von Grünland früher oft eine reine Formalität, so wird sie heute von der Zivilgesellschaft mit Argusaugen beobachtet.

Digital-Uni Linz, IT:U, Kronaus Mitterer Architekten, Holzbau, Bodenversiegelung
In seiner Form soll der geplante Neubau der Digital-Uni Linz „gebaute Datenströme“ symbolisierien.

Denn in Österreich geht man mit der Ressource Boden sehr verschwenderisch um. Derzeit werden in der Alpenrepublik täglich 12 Hektar Land verbaut, das sind rund 16 Fußballfelder. Vom Nachhaltigkeitsziel, das die Bundesregierung 2002 mit 2,5 Hektar Bodenverbrauch pro Tag festgelegt hat, ist man also weit entfernt. 

Dabei ist längst bekannt, dass intakte Natur und insbesondere die Ressource Boden wichtige Faktoren sind, um Starkregen und anderen Wetterextremen zu begegnen. Wie das Umweltbundesamt dazu schreibt: „Boden ist ein wichtiger Kohlenstoff-, Nährstoff- und Wasserspeicher und hat damit eine zentrale Funktion bei der Bewältigung des Klimawandels und der Anpassung daran.“

Verantwortungsvoller Umgang mit dem Grünraum

Der siegreiche Entwurf für die IT:U von Kronaus Mitterer geht diesbezüglich sehr verantwortungsvoll mit dem Grünraum um. „Der den Campus umgebende Freiraum wird weitestgehend als ökologisch wertvoller Naturraum belassen, der sich zwischen den Gebäuden als organisch geformte Grüninseln ausdifferenziert“, heißt es vonseiten des Architektenteams.

Der den Campus umgebende Freiraum wird weitestgehend als ökologisch wertvoller Naturraum belassen.

Kronaus Mitterer Architekten

Mehr als die Hälfte des Grundstücks bliebe dabei unbebaut, und zusätzlich würden die bislang landwirtschaftlich genutzten Flächen durch Klimawälder ersetzt. 

Digital-Uni Linz, IT:U, Kronaus Mitterer Architekten, Holzbau, Bodenversiegelung
Die Baukörper sind so ausgerichtet, dass sie für eine vorteilhafte Winddurchströmung sorgen.

Auch auf den Dächern der geplanten Uni wird es künftig grünen. Hier ist eine extensive Bepflanzung vorgesehen, und Photovoltaikpaneele sollen grünen Sonnenstrom für die Anlage generieren. „Die Orientierung der Baukörper gewährleistet eine vorteilhafte Winddurchströmung des Standortes“, erklärt das Architekturbüro. Ob der neue Campus tatsächlich einen Einfluss auf den Kaltluftstrom aus dem Mühlviertel haben wird, wie von Gegnern des Projektes befürchtet, soll in einem externen Gutachten des Masterplans geklärt werden.

Digital-Uni auf der grünen Wiese

Trotz aller Bemühungen, das Projekt ökologisch nachhaltig umzusetzen, war die Ausstellung zum Masterplan für Linz Nordost durch die Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. (BIG) als Bauherren ebenso von Protesten begleitet wie die Präsentation des neuen Uni-Baus. Neben mangelnder Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürger wurde vor allem ein Punkt kritisiert: Während sich Linz als Europäische Umwelthauptstadt 2026 bewirbt, werde zugleich Grünland im großen Stil versiegelt und der Pkw-Verkehr ausgebaut. Ob dieser Zugang tatsächlich als Vorbild für Europa tauge?

postUNI, Kunstuniversität Linz, Lisa Ackerl
Das Entwurfsprojekt postUNI der Kunstuniversität Linz zeigt, wie sich das alte Postverteilerzentrum transformieren ließe.

Denn die neue Digital-Uni Linz entsteht doch auf der grünen Wiese, direkt im Naherholungsgebiet der Linzerinnen und Linzer. Gegen die Verbauung der „grünen Lunge der Stadt“ macht unter anderem die Initiative „Grüngürtel retten“ mobil, die auf ihrer Website schreibt: „Wir fordern die Prüfung alternativer Standorte für jedes Bauprojekt im Grüngürtel. Es gibt genug Leerstände in Linz!“

Leerstand im alten Postverteilerzentrum

Ginge es um die Digital-Uni alleine, so würde sich der Flächenbedarf auf 20.000 Quadratmeter Nutzfläche beschränken. Dieser ließe sich auch ohne Entsiegelung von Grünflächen am derzeitigen Uni-Areal decken. 

postUNI, Kunstuniversität Linz, Daniel Schöngruber
Vision: In den einstigen Sortierspiralen des Postverteilerzentrums gedeihen die Pflanzen.

Doch im Zuge des Bauprojekts will die Stadt auch die passenden IT-Betriebe im neuen Entwicklungsgebiet ansiedeln und für einen befruchtenden Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sorgen. Wie bei allen größeren Stadtentwicklungen gibt es auch hier viele Begehrlichkeiten und Interessensansprüche. Wenn der Grüngürtel erst einmal umgewidmet sei, so fürchten Kritiker, würden auch andere Immobilienprojekte folgen.

Einer der größten Vorwürfe gegenüber dem geplanten Bauprojekt ist, dass es zentral in der Stadt Leerstände gibt, die im Vorfeld nicht geprüft wurden. So zum Beispiel am Standort des alten Postverteilerzentrums, das direkt am Bahnhof liegt und somit über beste Anbindungen verfügt. Mit dem Entwurfsprojekt *postUNI* analysierten Architekturstudenten der Kunstuniversität Linz, wie sich der Bestand durch adaptive Umnutzung wieder einsetzen ließe. Das Konzept für den transformierten Bildungscampus wurde unter anderem auf der Ars Electronica vorgestellt.

Text: Gertraud Gerst
Visualisierungen: Kronaus Mitterer/janusch.co, Lisa Ackerl, Daniel Schöngruber

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