Smart Work in alten Mauern
Alte Gebäude neu zu nutzen schont Umwelt und Ressourcen. Wie schön dies auch bei schwierigen Immobilien gelingen kann, demonstrieren die Architekten des Büros 3deluxe in Wiesbaden: Ihr Design setzt moderne Smart Work Spaces in ein Industriedenkmal.
Die stillgelegte Kraftwerkshalle auf dem ehemaligen Gelände des Betonherstellers Dyckerhoff steht nicht umsonst unter Denkmalschutz. Imposant thront das Relikt der industriellen Vergangenheit an Wiesbadens Rheinufer, wo künftig ein neuer Office-Campus für lebenswertes Arbeitsumfeld sorgen wird. Sanierung und Neunutzung der Halle sind Teil des Gesamtkonzepts, zu dem auch die Errichtung eines nachhaltigen Holz-Hybrid-Hochhauses zählt. Und was das zuständige Büro 3deluxe für die Umgestaltung des Kraftwerksgebäudes plant, ist nicht minder bemerkenswert.
Moderne Smart Work Spaces werden die alten Mauern neu beleben. Denn 3deluxe integriert qualitätsvolle Bürobereiche in die lichtdurchflutete Südhalle des Ensembles. Ein bisschen so, als würde man Schachteln verspielt und locker in ein großes Haus stapeln. Die beeindruckende Dimension des Raumes mit den typischen Insignien der Industriekultur wird damit zum Rahmen moderner, freundlich einladender Arbeitsplätze.
Architekten sind gefordert, Sanierungen und Umnutzungen zu spannenden, innovativen und zukunftsorientierten Vorhaben zu machen.
Dieter Brell, 3deluxe Partner
Der Entwurf sieht ein autarkes, freistehendes Innenraumvolumen in der Halle vor. Das Konzept der 3deluxe Architekten erhält den Charakter der denkmalgeschützten Halle, lässt jedoch zugleich interessanten Zwischenraum entstehen. Dieser ermöglicht attraktive Indoor-Outdoor-Nutzung. Außerdem wird so ein Klimapuffer generiert, der den Betrieb über alle Jahreszeiten weniger energieintensiv macht.
Smart Work Boxen in Holzbauweise
Ein modulares System aus einheitlich gestalteten, leichten und „gestapelten“ Office-Boxen in Holzbauweise gestattet beliebige Raumanordnung und Verdichtung. Die Smart Work Spaces sind also flexibel gestaltbar. Und das Design ist außergewöhnlich ansprechend: Aufs Erste wirkt das neue „Innenleben“ der Halle fast wie ein kleines, hübsches Dorf. Eines, in dem man gern zusammenkommt, gemeinsam arbeitet und Ideen austauscht, aber auch entspannte Zeit genießt.
Die Freiflächen zwischen Büroboxen und Hallenfassade dienen als kommunikative Campus-Fläche für zeitgemäße Bürokultur. Sie schaffen Nischen und Zonen für Pausen und Meeting-Bereiche für Konferenzen und Co-Working.
Arbeitsort mit Wohlfühl-Faktor
Auch eine Cafeteria und Freizeitangebote wie Tischfußball und Workout-Area finden dann „im Bauch“ der sanierten Kraftwerkshalle Platz. Ebenso, wie Empfang, Lobby und Wartelounge. Natürlich mit Begrünung, die das Ambiente zusätzlich bereichert.
„Die vielbeachtete Königsdisziplin der Architektur war bisher immer der Neubau“, erklärt 3deluxe Partner Dieter Brell. Dies ändere sich jetzt: „Architekten sind gefordert, Sanierungen und Umnutzungen zu spannenden, innovativen und zukunftsorientierten Vorhaben zu machen, damit Begehrlichkeiten für Bestandsimmobilien zu wecken und Abriss unnötig zu machen“.
Bestandsgebäude als Klimahülle
Der dreistöckige Raumcluster steht als autarkes, klimatisch abgetrenntes Volumen in der Halle. Ein Designkonzept, das mehrere Vorteile hat: Die Bestandsfassade muss bei ihrer Sanierung nicht aufwändig gedämmt werden und die Innenfassade des Holz-Glas-Konstrukts braucht die Anforderungen einer Außenfassade nicht zu erfüllen. Und zwar weder was Dämmung, noch was Witterungsschutz betrifft. Dadurch sinken die Kosten für Errichtung und Sanierung. Und der Betrieb der Büroinnenräume ist durch die Klimahülle sowohl im Sommer als auch im Winter weniger energieintensiv, also deutlich CO2-reduziert.
Die serielle, modulare Bauweise der vorgefertigten Elemente ermöglicht eine kurze, effiziente Bauzeit. Auch die leichte Rückbaubarkeit, Recycle-Fähigkeit und Energieeffizienz des Box-in-the-Box-Systems machen das Projekt nachhaltig.
Kreative Lösung á la 3deluxe
All dies, obwohl es sich bei der historischen Kraftwerkshalle um eine „schwierige“ Immobilie handelt. Das denkmalgeschützte Gebäude kulturell zu nutzen oder dort Wohnraum zu schaffen, ist nicht gestattet, weil das Baurecht derlei auf dem ehemaligen Industrieareal am Wiesbadener Rheinufer untersagt. Die Lösung, die das Team von 3deluxe entworfen hat, macht die beeindruckende Anlage geschickt zu einem Schmuckstück des Gesamtplans, der ein Leuchtturmprojekt nachhaltiger, zukunftsfitter Stadtentwicklung schaffen soll.
Mit den Smart Work Spaces in der Kraftwerkshalle ist die Transformation des Geländes längst noch nicht zu Ende. Das international für innovative, umweltfreundliche Projekte bekannte Büro 3deluxe untersucht gemeinsam mit der städtischen Entwicklungsgesellschaft SEG, wie sich das 2,7 Hektar große, einstige Dyckerhoff Areal zeitgemäß und zugleich ökonomisch sinnvoll neu nützen lässt.
Die Pläne für das ebenfalls von 3deluxe designte Holz-Hybrid-Hochhaus auf dem Gelände wurden bereits präsentiert. An einem Konzept für die Umnutzung der ehemaligen Firmenzentrale als baulichem Zwilling dieses „H20-Tower“ genannten Neubaus wird bereits gewerkt. Und man darf gespannt sein, mit welchen Ideen die Architekten noch aufwarten, um Wiesbaden einen neuen, grünen Office-Campus zu bescheren, der den Ruf der Stadt als lebenswerten, zukunftsorientierten Standort unterstreicht.
Text: Elisabeth Schneyder
Bilder: 3deluxe