Städtischer Service mit Stil
Wie ein kommunaler Info-Point zeitgemäß auftritt, zeigen „smartvoll Architekten“ mit dem „Service Treff“ der Wiener Stadtwerke. Ganz im Sinne des Kundendiensts entstand in Wien eine interaktive Bürolandschaft, die das Wohlfühlprinzip an die vorderste Stelle rückt. Und international Beispiel sein will.
Wenn man von moderner Arbeitsumgebung spricht, muss man ja nicht nur die Tätigkeit berücksichtigen, sondern auch die Ansprüche, die damit einhergehen. Bei Gebäuden und Räumlichkeiten der öffentlichen Verwaltung zählt zwar vor allem, dass sie funktional sind. Nichtsdestoweniger dürfen und sollen sie sogar repräsentativ sein.
Öffis, Strom und Tod
Beim neuen Service Treff der Wiener Stadtwerke wurde genau dieser Mix geschafft. Dazu muss man wissen, dass es sich bei diesem Unternehmen um einen komplexen Dienstleister rund um die Infrastruktur der lebenswertesten Stadt der Welt handelt. Die Kernbereiche umfassen Energieversorgung, Mobilität sowie Bestattung.
Um die Dimension in Zahlen zu fassen: Insgesamt 15.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten für die Konzernsegmente und erwirtschaften einen Jahresumsatz von mehr als drei Milliarden Euro, was sie zu einem der 30 größten Unternehmen Österreichs macht.
Verlässlichkeit, Kompetenz und Innovationskraft
Der Leitsatz der Stadtwerke: „Wir halten Wien am Laufen.“ Und weiter: „Verlässlichkeit, Kompetenz und Innovationskraft sind die Basis, dass wir rund um die Uhr zukunftssichere Leistung garantieren können.“ Wobei anzumerken ist, dass es sich beim neuen Service Treff in der Nähe der U-Bahnstation Spittelau um eine Beratungsstelle mit fixen Öffnungszeiten handelt und nicht um die ausführenden Sektoren selbst.
Das Planungs- und Designbüro smartvoll Architekten hatte den Auftrag, aus einer ehemaligen Kundendienststelle einen zeitgeistigen Service Point für den gesamten Konzern zu gestalten. Das vorrangige Ziel dabei war, dass man mit „Einfühlungsvermögen auch emotionale Stimmungen, kulturelle Atmosphären und soziales Erleben in feinsten Abstufungen steuern“ kann, wie es bei smartvoll heißt.
smartvoll Architekten und der Wille fürs Wohlfühlen
Der Leitgedanke für den Service Treff lautet demnach: „Wir heißen dich herzlich willkommen und wollen, dass du dich wohlfühlst.“ Dass dahinter mehr steckt als nur Formulierkunst, erklärt Christian Kircher von smartvoll so: „In einer Zeit, in der Großunternehmen ihren Kundenservice auf Callcenter reduzieren, gewinnt die Bemühung unseres Bauherrn um Anhebung der Servicequalität eine noch größere Eindrücklichkeit. Unsere Gestaltung überträgt diese Bemühung in den Raum und erweitert sie um den Wohlfühlfaktor.“
Es ist eine Bürolandschaft, die der Kommunikation zwischen Kunden und Mitarbeitern gewidmet ist.
Wiener Stadtwerke über die Arbeit von smartvoll Architekten
Da es beim Service Treff in erster Linie um Beratungsleistungen geht, gibt es keine klassischen Büroräumlichkeiten. „Vielmehr ist es eine Bürolandschaft, die der Kommunikation zwischen Kunden und Mitarbeitern gewidmet ist“, wie man bei smartvoll betont. „Hier herrscht maximale Transparenz und trotzdem ermöglichen die Zonierungen und die Gestaltung der Arbeitsplätze eben jene Privatsphäre, die im persönlichen Gespräch benötigt wird.“
Einzige Ausnahme
Wobei ein Unternehmensgebiet besondere Beachtung erfährt: „Einzig die Räume für die Friedhofsverwaltung sind wirklich ganz geschlossen – aber auch hier, um das Gespräch zu fördern. Es ist ein sehr sensibles Thema und das benötigt einfach eine sichere, geschlossene Abgeschiedenheit.“
Um die Vielfalt des Unternehmes und die komplexe Aufteilung der Aufgaben herauszustreichen, griffen smartvoll mit beiden Händen in die Design-Schatzkiste: „50 verschiedene Oberflächen, bergende Rundformen, konzentrische Raumorganisation, reichlich Pflanzenwuchs, textile wie auch gläserne Raumtrennungen und eine angenehme, ruhige Farb- und Materialwelt.“
Ein bunter Strauß an Designelementen
Ziel all dieser Maßnahmen war es, einen „in sich stimmigen Gesamteindruck einer Wohlfühlarchitektur“ zu schaffen, „die jedoch so subtil entfaltet wird, dass sie niemals die zur Funktion und Öffentlichkeit eines Servicezentrums passende Sachlichkeit übertönt.“
Besonders spannend in dieser Hinsicht: Eine Vielzahl der Möbel in allen direkten Beratungsarealen und in der offenen „Landschaft“, wo sich zusätzlich zum Wartebereich auch ein Café befindet, wurden eigens von smartvoll entworfen und von der Tischlerei Prödl umgesetzt.
Schnittstellen zu allen Kundengruppen
Um stets den Wohlfühlcharakter nicht aus den Augen zu verlieren, haben die Designer auch architektonisch gefühlvoll gearbeitet. „Die fein ausdifferenzierte ästhetische Zonierung wird zusammengehalten von einer hoch schwebenden Decke, die mit ihren grau übermalten Röhren und Apparaturen nicht verbirgt, dass es ein technisches Unternehmen ist, das hier seine Schnittstellen zu allen Kundengruppen definiert.“
Allerdings wurde beim Service Treff bewusst auf zu viel technologische Spielereien verzichtet. Das ist durchaus als Grundhaltung von smartvoll zu verstehen. „Wir glauben nicht, dass es technische Lösungen, neue Gadgets oder bestimmte Designs sind, die ein intelligentes Office ausmachen.“
Was ein smartes Office ausmacht
Was aber auf keinen Fall auf eine Fortschritts- und Innovationsfeindlichkeit deuten soll, wie die smartvoll Architekten hinzufügen: „Natürlich muss mittlerweile jeder (Büro-)Raum einen gewissen technischen Standard besitzen, aber wenn diese Räume den Arbeitsfluss erleichtern und die Produktivität gleichermaßen wie das Wohlbefinden der Mitarbeiter steigern, halten wir das für ein intelligentes Büro.“
Dass sich eine eindeutige Richtung für modernes Arbeiten nicht mehr ganz so klar abschätzen lässt, haben wir einer Pandemie zu verdanken. „Corona hat und wird die Arbeitswelt prägen und Prognosen über die Zukunft des Büros sind nicht einfach“, so smartvoll. „Wir glauben, es wird sehr branchenabhängig Veränderungen geben, aber es bedarf künftig sicherlich an flexibleren Raumlösungen. Außerdem werden Treffpunkte für Gespräche, Meetings und Workshops immer wichtiger werden.“
Die Zukunft der Arbeitsumgebung
Den Kundendienst der Wiener Stadtwerke sieht man in diesem Zusammenhang eher zeitlos – als ein Projekt an der Schnittstelle von Marken-Touchpoint, Flagshipstore und Corporate Architecture. „Beim Service Treff nimmt die Kommunikation zwar schon einen besonders wichtigen Standpunkt ein, es hat aber nichts mit der Entwicklung dieser Zeit zu tun. Vielmehr mit den Ansprüchen des Unternehmens, der Funktion der Räumlichkeiten und natürlich den Aufgaben der Mitarbeiter.“
Mit der Stilisierung für das Foto-Shooting des Service Treffs wurde diesem Anspruch bereits mehr als Rechnung getragen, finden wir.
Text: Martin Obermayr
Fotos: Dimitar Gamizov | Sara Schmidt für smartvoll