Das rockt!
Berlin Bars gibt es weltweit viele. Aber keine ist wohl so, wie die von Architekt Thilo Reich für Moskau entworfene. Das Gestaltungskonzept verbindet die beiden Städte.
Eine Stadt inspiriert weltweit die Bars: Selbst 30 Jahre nach dem Fall der Mauer steht Berlin noch immer für Aufbruch und Veränderung, für Kultur und Freiräume – und für ein Nachtleben ohne Grenzen. So ist zu erklären, dass die kontrastreiche Stadt Namensgeberin für Bars in aller Herren Länder ist – die dem Gast das Versprechen eines unvergleichlichen Erlebnisses einlösen wollen.
Radikale Umsetzung
Hier kommt die neue Berlin Bar in Moskau ins Spiel: Architekt Thilo Reich, selbst Berliner, ist bei der Gestaltung gastronomischer Räume kein Unbekannter – er hat bereits die In-Treffs „The Coven Bar“ und „Bar Saint Jean“ in Berlin designt. Für den neuen Moskauer Hot Spot, sein erstes internationales Bar-Projekt, hat er einen recht radikalen Zugang gewählt: Sein Konzept überträgt den Außenraum Berlins in den Innenraum Moskaus, mit Betonwandreliefs von Berliner Bürgersteigen.
Städteverbindende Gehweg-Abgüsse
Die Abgüsse von Gehwegsegmenten nahm der Architekt eigenhändig an den Plätzen Berlins ab, die für den Austausch und die Geschichte zwischen Moskau und Berlin stehen: der Gehweg vor dem Cafe Moskau, die ehemalige Grenzlinie zwischen dem russischen und amerikanischen Sektor, die Glienicker Brücke oder das Stadtviertel Charlottenburg, in dem sich traditionell Russen niederlassen.
„Speicher” für Zeitgeschichte
Die Pflastersteine sind von der Geschichte der Stadt und ihrer Menschen geformt, bergen Spuren des städtischen Lebens und der politischen Umwälzungen und sind doch bis auf die Stolpersteine, die in manchen Abgüssen auftauchen, ein unbeachteter Bestandteil im alltäglichen Stadtbild.
Die Rauheit der grauen Wandbekleidung und Reichs minimalistischer Einsatz von Beton stehen dabei in deutlichem Kontrast zu den farbhaltigen und oft von Gold bestimmten Interieurs Moskauer Lokale. Als Tischplatten und Theke fungieren Fertigbetonsteine, die Tischoberflächen sind dabei von feinen Linien aus Messing durchzogen.
Berlin bis ins letzte Detail
Das Konzept, nur Materialen aus Berlin zu verwenden und Produktionen in Berlin zu beauftragen, zieht sich durch: Die Barlampen sind aus Modulen der Ostberliner Straßenlaternen zusammengesetzt, die Unterkonstruktion der Bänke, die mit braunen Lederpolstern bespannt sind, bestehen aus einfachen, aus Süddeutschland importierten Bierbänken. Für einen Spiegel wurden die reflektierenden Fensterscheiben des ehemaligen Palast der Republik genommen, der Schriftzug BERLIN prangt in großen, dunklen Leuchtbuchstaben, gezeichnet von ihrer Funktion als Firmenwerbung aus dem ehemaligen russischen Sektors.
Currywurst, Absinth und Party
Laut MyGuideMoscow (https://www.myguidemoscow.com/nightlife/berlin-bar) zeichnet Partymacher Chris Helmbrecht, der sich bereits in Nachtclubs überall auf der Welt ausgetobt hat, für die Musik, die zweisprachige Karte – die obligate Currywurst sowie Buletten mit Kartoffelsalat oder Rollmops dürfen nicht fehlen – und das professionelle Service-Personal hinter der Theke verantwortlich.
Barchef Sergey Niyazov ließ sich für die Cocktail-Karte einiges an Avantgardistischem einfallen. Und neben altbekannten Klassikern wie „Angel Face” und „Negroni” findet man u.a. 14 verschiedene Arten von Absinth, sogar einen Premium Vodka aus Berlin.
Von Linda Benkö
Fotos: Ivan Erofeev