Alpinstil reloaded
Die Südtiroler Dolomiten sind um eine Landmark reicher. Der Entwurf des soeben eröffneten Hotels Milla Montis stammt vom Mailänder Architekten Peter Pichler, der wieder einmal für großes Kino sorgt.
Es waren die Eltern, die durch den Kauf der alten Mühle in Meransen im Pustatal den Grundstein für den Familienbetrieb legten. Sie eröffneten die Pension Untermüllerhof, die sie auch heute noch betreiben. Sohn Roland Oberhofer und seine Frau Franziska wollten ihren eigenen Weg gehen und „eine Brücke schlagen zwischen den tief verankerten Traditionen der Region und der modernen Architektur“, wie sie sagen. Diese Vision setzten sie gemeinsam mit dem renommierten Mailänder Architekturbüro von Peter Pichler in die Wirklichkeit um. Im Herbst 2020 wurde das Hotel Milla Montis eröffnet und das Pustatal um eine architektonische Sehenswürdigkeit reicher.
Leicht war es allerdings nicht, in Zeiten einer Pandemie ein Hotel zu eröffnen. „Der erste Lockdown verzögerte den Bau um zwei Monate und im zweiten Teil-Lockdown mussten wir unser Haus nach einer kurzen Testphase wieder schließen,“ erzählt Roland Oberhofer. Da die Testphase so gut verlief, und das Hotel großen Anklang fand, blicken die Jung-Hoteliers trotz derzeitiger Beschränkungen positiv in die Zukunft.
Haus mit Wiedererkennungsfaktor
Die Architektur des Hauses ist aufsehenerregend und fügt sich dennoch gut in die Umgebung ein. „Der Planung des Hotels ging ein Architekturwettbewerb voraus, bei dem vier Architekten einen Entwurf vorstellen konnten“, erklärt Roland Oberhofer die Chronologie des Projektes. „Ursprung neu interpretiert“ lautete das ausgegebene Motto. „Es sollte einzigartiges Haus werden, das sich von anderen Hotels sofort abhebt, dabei aber die Umgebung, die Natur und die Tradition nicht vergisst“, ergänzt seine Frau Franziska.
Die Komposition ist eine Anlehnung an die einheimische Architektur der Region mit ihren klassischen Holzstadeln.
Peter Pichler, Architekt
Eine Vorgabe, der Architekt Peter Pichler in jeder Hinsicht gerecht wurde. „Wir waren vom Entwurf sofort begeistert“, schwärmen die Hoteliers. „Die Architektur ist außergewöhnlich, steht für sich und hat einen hohen Wiedererkennungsfaktor.“
Neudefinition ruraler Typologie
Als Referenzpunkte für die Gestaltung dienten nicht nur die Gipfel der Dolomiten, sondern auch die gewachsene Struktur der Umgebung. „Dieses Projekt besteht aus vier miteinander verbundenen Volumen, die sich am Kontext und Maßstab der umgebenden Bauten orientierten“, erklärt das Architekturbüro Peter Pichler. „Die Komposition ist eine Anlehnung an die einheimische Architektur der Region mit ihren klassischen Holzstadeln. Sie ist eine zeitgemäße Neudefinition dieser Typologie.“
Die charakteristische Architektur, mit der Peter Pichler schon bei den Entwürfen seiner Baumhausprojekte in Kitzbühel und West Virginia für Aufsehen sorgte, findet sich auch im Milla Montis wieder. Eine an die alpine Architektur angelehnte Giebelkonstruktion mit großflächigen Glasfassaden bildet den Rahmen für eine offene, minimalistische Bauweise. Die formgebende Fassade in anthrazitfarbenem Holz schafft ein unverwechselbares Gesamtbild, das sich einprägt.
Die Aussicht als gerahmtes Kunstwerk
„Die leicht versetzten Giebeldächer und die Rundungen der Fassadenhülle reduzieren optisch die Dimension des Baus“, heißt es in der Projektbeschreibung. Auch den Bauherren war es ein Anliegen, dass das Hotel den lokalen Kontext nicht übertrumpft. „Die vier Blöcke unseres Hauses wurden ganz bewusst versetzt in den Hang gebaut, um die Wucht dieser Kubatur für das Auge zu minimieren“, ergänzt Oberhofer.
Die leicht versetzten Giebeldächer und die Rundungen der Fassadenhülle reduzieren optisch die Dimension des Baus.
Peter Pichler, Architekt
Beim Bau des Hotels wurde auf heimische und natürliche Materialien geachtet. Holz und Stein sorgen in den Innenräumen für eine warme, wohlige Atmosphäre. Das Hotel verfügt über 14 Zimmer und 16 Suiten, die alle ihre eigene Loggia oder Terrasse haben. Die imposante Aussicht wird demokratisch geteilt, wie die Architekten vermerken: „Alle Zimmer und die gemeinschaftlichen Einrichtungen wie Bar, Restaurant und Spa haben Blick auf das atemberaubende Panorama der Dolomiten, eingerahmt wie ein Kunstwerk.“
Brotbacken in der Schauküche
Das familiäre Ambiente des elterlichen Untermüllerhofs finden Gäste auch in der 4-Sterne-Superior-Relaxoase wieder. Der Gastgeber ist zugleich der Chef in der offenen Schauküche und waltet persönlich darüber, was bei den Gästen auf den Teller kommt. Seit Generationen überlieferte Rezepte und Zutaten, die von ausgewählten Bauern der Umgebung geliefert werden. Ein kulturelles Erbe, das auf Wunsch auch weitergegeben wird. Gäste können hier lernen, aus dem Südtiroler Urkorn ihr eigenes Brot zu backen.
Text: Gertraud Gerst
Fotos: Daniel Zangerl, Gustav Willeit, Jörgen Camrath, Peter Pichler Architects